Rolle rückwärts ins Ungewisse

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 28.8.2018 Nach nicht einmal drei Wochen ist der Spuk um Elon Musks Plan, Tesla mit Investorenhilfe von der Börse zu kaufen, schon wieder beendet. Am Freitag hatte Musk die von ihm selbst ins Spiel...

Rolle rückwärts ins Ungewisse

Von Sebastian Schmid, FrankfurtNach nicht einmal drei Wochen ist der Spuk um Elon Musks Plan, Tesla mit Investorenhilfe von der Börse zu kaufen, schon wieder beendet. Am Freitag hatte Musk die von ihm selbst ins Spiel gebrachte Option wieder vom Tisch genommen. Erledigt ist das Thema damit noch nicht. Investorenklagen liegen noch immer auf dem Tableau, auch die US-Börsenaufsicht SEC untersucht weiterhin, ob sich Musk mit seinem Tweet vom 7. August, in dem er die Finanzierung eines Going Private zu 420 Dollar je Aktie als “gesichert” bezeichnete, etwas zu Schulden kommen ließ. Gelogen hat er in jedem Fall, denn von einer zu einem bereits festgelegten Preis gesicherten Finanzierung konnte in keinem Fall die Rede sein. Vielmehr bestand wohl nur ein loses Interesse von Saudi-Arabiens Staatsfonds, an einem solchen Vorhaben mitzuwirken.Nach Musks Rolle rückwärts geht die Arbeit für den Board in vielerlei Hinsicht erst los. Rechtlich steht die Verteidigung gegen Klagen einiger Investoren erst noch an. Mit der New Yorker Kanzlei Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison hat man sich prominente Rechtsberatung gesichert. Zudem hat sich in den vergangenen Wochen gezeigt, dass der Wunsch bei den Investoren groß ist, Musk einen kompetenten Chief Operating Officer für die Umsetzung von Produktion und Tagesgeschäft zur Seite zu stellen.Ganz fremd ist Musk das Konzept nicht. In seiner Raumfahrtgesellschaft Space X arbeitet er schon seit zehn Jahren mit Gwynne Shotwell als COO an seiner Seite. Allerdings ist Shotwell 2002 bereits als siebte Mitarbeiterin sehr früh zu Space X gestoßen. Wie die vergangenen Jahre bei Tesla mit zahlreichen Abschieden von Spitzenkräften nach oft nur wenigen Monaten im Unternehmen gezeigt haben, tut sich Musk mit extern abgeworbenen Managern offenbar deutlich schwerer. Bislang hat der Board zudem nur eingeräumt, dass man sich extern nach Verstärkungen umsieht. Eine “aktive Suche” nach einem COO gebe es aber nicht. Sechs Direktoren bekundeten am Freitag in einem Brief ihr Vertrauen in den Firmenmitgründer und CEO. Die Kritik von Investoren, das Aufsichtsgremium rekrutiere sich zu sehr von Musks “friends & family”, wird dadurch aber sicher nicht verstummen. Zum Schutz der Kleinanleger?Musk bleibt derweil bei seiner Feststellung, dass ein Going Private finanzierbar gewesen wäre. Als Grund für den Rückzug nannte er daher auch nicht Finanzierungsprobleme sondern eine mögliche Benachteiligung von Kleinanlegern, die er als bedeutend für Tesla einstufe. Eine Rolle rückwärts hat Musk bislang nur bei den Plänen für ein Going Private hingelegt. Ansonsten geht es weiter mit voller Kraft voraus ins Ungewisse. Weder bei dem Problem der schwindenden Liquidität noch bei der Herausforderung, mit den Elek-troautos nachhaltig Geld zu verdienen, ist Musk auch nur einen Schritt vorangekommen.Konzernbeobachter reagierten daher auch gemischt auf Musks Rückzieher. Cowen-Analyst Jeffrey Osborne, der ein Preisziel von 200 Dollar ausgibt und damit zum Verkauf der Titel rät, erwartet, dass die Investoren sich nun wieder stärker auf die Fundamentaldaten konzen-trieren werden. Osborne glaubt, dass sich die Kursentwicklung schon zu lange von der finanziellen Realität entkoppelt habe. Er geht davon aus, dass Tesla – anders als angekündigt – im zweiten Halbjahr nicht profitabel werden kann. Dies dürfte der Aktie einen weiteren Dämpfer versetzen. Jefferies-Analyst Philippe Houchois, der bei einem Kursziel von 360 Dollar zum Halten rät, sieht derweil neben der SEC-Untersuchung und den Klagen auch positive Aspekte in der von Musk ausgelösten Episode. “Wir fragen uns, ob der Going-Private-Tweet nicht auch zu weiteren Gesprächen mit anderen Investoren führen könnte”, spekuliert Houchois. Baird-Analyst Ben Kallo rechnet wie Osborne mit einer Rückbesinnung auf die Fundamentaldaten – nur mit dem Unterschied, dass er diese positiv erwartet. Entsprechend empfiehlt er die Titel zum Kauf und gibt 411 Dollar als Kursziel aus.Wie es für Tesla weitergeht, so scheinen es auch die Analysten zu sehen, ist unsicherer denn je.—–Elon Musk will Tesla doch nicht von der Börse nehmen. Die Probleme nehmen damit kaum ab. —–