Rückschläge für Nord Stream 2

Merkel trifft Putin - WTO räumt EU Mitspracherecht ein - Veto aus Dänemark zwingt zu neuer Route

Rückschläge für Nord Stream 2

cru Düsseldorf – Zum zweiten Mal innerhalb von gut drei Monaten kommen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin am Samstag zu einem Gespräch zusammen. Thema bei dem Treffen auf Schloss Meseberg bei Berlin wird unter anderem der Streit über die Gas-Pipeline Nord Stream 2 sein. Gegen den geplanten Bau der 1 200 Kilometer langen Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland durch die Ostsee gibt es erhebliche Vorbehalte der Ukraine, aber auch innerhalb der EU und seitens der USA. Das geplante 10 Mrd. Euro teure zweite Rohr durch die Ostsee hat gerade zwei Rückschläge erlitten. Zum einen hat die Welthandelsorganisation WTO in Genf im Streit um ein Mitspracherecht der EU beim Bau von Gasleitungen zum Export nach Europa zugunsten der EU und gegen Russland entschieden. Die Pipeline wird vom russischen Staatskonzern Gazprom gebaut, und die EU gilt als Gegner des Projekts. Zum anderen plant angesichts der Ungewissheit über ein Veto aus dem Anrainerstaat Dänemark das Betreiberkonsortium eine andere Route.Die Finanzierung tragen zur Hälfte fünf westliche Energiekonzerne: Engie aus Frankreich, OMV aus Österreich, Shell aus Großbritannien sowie die beiden deutschen Gasimporteure Uniper und Wintershall, die jeweils knapp 1 Mrd. Euro beisteuern. Von den 170 Mrd. Kubikmetern Gas, die Russland 2017 nach Europa geliefert hat, kamen 90 Mrd. über die Ukraine sowie 50 Mrd. durch die Ostsee und 30 Mrd. über Polen. Nord Stream 2 brächte weitere 50 Mrd. Kubikmeter. Damit stiege der Russland-Anteil an Europas Gasverbrauch von rund 40 % auf rund 50 % – obwohl Brüssel, die Ukraine, Polen und US-Präsident Donald Trump gegen das Projekt sind. Abhängigkeit wächstIn Westeuropa entzündet sich die Kritik vor allem an der wachsenden Abhängigkeit. Russland ist der größte Gaslieferant der EU – noch vor Norwegen, Algerien und Qatar. Befürworter von Nord Stream 2 betonen, dass die Abhängigkeit wechselseitig sei, da Russland die Einnahmen aus den Gasexporten benötige. Jetzt entschied die WTO, dass EU-Regelungen zur Trennung von Transport und Verkauf des Gases grundsätzlich auch für Pipelines aus Russland gelten – also auch Nord Stream 2 betreffen. Gegen die WTO-Entscheidung kann innerhalb von 60 Tagen Berufung eingelegt werden. Seit Jahren streiten die EU-Kommission und Russland darüber, ob das sogenannte dritte Energiepaket auch für Pipelines aus Russland gilt. Den EU-Regelungen zufolge müssten die Rohre grundsätzlich auch für Gaslieferungen anderer Anbieter zur Verfügung stehen, was Russland und sein Gaskonzern Gazprom ablehnen.Gegenwind kommt auch aus Dänemark. Weil eine Stellungnahme des Außenministeriums in Kopenhagen seit Monaten überfällig sei, würden Alternativen für die Streckenführung ohne Berührung dänischer Gewässer geprüft, teilte das Konsortium am Freitag mit. Geprüft werde eine 175 Kilometer lange Strecke, die nordwestlich der Insel Bornholm verlaufen solle. Dänemark hat noch nicht entschieden, ob es einer Leitungsführung durch seine Gewässer zustimmen wird.Die Pipeline wird bereits seit 2015 geplant und soll Ende 2019 fertiggestellt werden. Sie verbindet den größten Gasexporteur der Welt mit Westeuropas größter Volkswirtschaft und verdoppelt die Kapazität der bereits bestehenden Pipeline Nord Stream 1, die seit 2011 Gas von Russland durch die Ostsee nach Deutschland bringt. Ein Viertel der EU-NachfrageZusammen bringen die beiden Rohre jährlich 110 Mrd. Kubikmeter Gas – rund ein Viertel der gesamten Nachfrage aus allen Staaten der EU. Polen und die Ukraine lehnen sie ab, weil sie die Pipelines, die durch diese beiden Transitländer verlaufen, überflüssig machen könnten. Die EU lehnt das Projekt ab, weil es dem Ziel der Energie-Unabhängigkeit und der Diversifizierung der Lieferanten widerspricht.