Rückendeckung für Vorstand von Siemens Energy
Rückendeckung für Energy-Vorstand
Aktionäre des Siemens-Ablegers kritisieren aber die Übernahme der Windkrafttochter Gamesa – Grimm im Aufsichtsrat
Die Gamesa-Komplettübernahme kurz vor den Milliardenbelastungen stößt den Aktionären von Siemens Energy sauer auf. In der Hauptversammlung kritisierten sie den Vorstand, entlasteten aber Chef Christian Bruch mit einer Quote von 98%. Die Sachverständige Veronika Grimm wurde mit nur 76% in den Aufsichtsrat gewählt.
mic München
Die Aktionäre von Siemens Energy haben dem Vorstand in der neunstündigen Online-Hauptversammlung den Rücken gestärkt. Bei einer Präsenz von 60,5% entlasteten 97,7% des Grundkapitals den Vorstandsvorsitzenden Christian Bruch. Im Mittelpunkt der Kritik standen die Milliardenverluste infolge der Qualitätsprobleme der Windkrafttochter und die Komplettübernahme von Siemens Gamesa.
In der Spitze hätten 1.122 Aktionäre die Übertragung verfolgt, sagte Bruch. Weitere 1.561 Zuhörer habe es im öffentlichen Livestream gegeben. Siemens Energy übertrug nicht nur – wie sonst meist üblich – die Reden der Verwaltung frei zugänglich, sondern die gesamte Versammlung mit insgesamt 183 Fragen. Die Kosten addierten sich auf 1,7 Mill. Euro, sagte Bruch. Davon entfielen 0,5 Mill. Euro auf die technische Infrastruktur.
In der Aussprache allerdings hatten sämtliche Sprecher institutioneller Investoren eine Entlastung des Vorstands abgelehnt. „Wir sehen für das Drama um Siemens Gamesa den Vorstand in der Verantwortung und werden diesem daher heute die Entlastung verweigern“, sagte Arne Rautenberg, Portfoliomanager von Union Investment.
DWS-Vertreter Hendrik Schmidt lehnte die Entlastung ebenfalls ab. Ob die DWS der Entlastung im nächsten Jahr zustimmen könne, werde sie davon abhängig machen, wie das Management insgesamt mit den internen Belastungen umgehe. Auch Ingo Speich von Deka Investment lehnte eine Entlastung ab. Er stimme gegen den gesamten Vorstand, da zum vierten Mal in Folge ein Jahresverlust ausgewiesen worden sei, sagte er.
"Verlorenes Jahr"
Die Aktionärsvereinigungen dagegen zeigten sich in dieser Frage gespalten. Während Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) eine Entlastung ablehnte, kündigte Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), die Zustimmung für eine Entlastung an. Sie begründete dies mit dem erfolgreichen Verlauf des ersten Quartals des laufenden Geschäftsjahres 2023/2024. Sie betonte aber zugleich, es sei eine Entlastung auf Bewährung.
In der Aussprache forderten keine Aktionäre den Rücktritt des Vorstands, obwohl das Geschäftsjahr mit einem Verlust von 4,6 Mrd. Euro geendet hatte. Die Aktionäre geißelten allerdings das Ergebnis. Kein anderes Unternehmen der tief in den roten Zahlen steckenden Windkraftbranche habe so massive Probleme wie Siemens Gamesa, sagte Rautenberg von Union Investment. Deka-Sprecher Speich sagte: „Wir blicken als Siemens-Energy-Aktionäre wieder einmal auf ein verlorenes Jahr zurück.“ DWS-Sprecher Schmidt sprach von einem enttäuschenden Jahr, DSW-Vizepräsidentin Bergdolt charakterisierte es als schlichtweg katastrophal.
Im Zentrum der Kritik stand neben den Belastungen von 2,2 Mrd. Euro bei Siemens Gamesa, dass der Großteil der Belastungen kurz nach der vollständigen Übernahme des Windkraftspezialisten durch Siemens Energy für einen Preis von 4 Mrd. Euro auftrat. Dies hinterlasse Zweifel an dem vorausgegangenen Due-Diligence-Prozess, sagte Schmidt. „Hat die Due Diligence versagt?“, fragte Rautenberg. Er fragte, ob das Unternehmen womöglich blind einem externen Gutachten einer Windberatungsfirma vertraut habe.
Mittelfristplanung folgt
Die Entwicklungen seien zum Zeitpunkt des Übernahmeangebots trotz sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar gewesen, sagte Bruch. Siemens Energy sei weder getäuscht worden, noch seien Fehler gemacht worden. Aufsichtsratsvorsitzender Joe Kaeser wusste beizutragen, das Kontrollgremium habe sich sehr intensiv „mit der vom Vorstand initiierten vollständigen Übernahme“ von Siemens Gamesa befasst. Zugleich gab er bekannt, der Aufsichtsrat habe in der Budgetsitzung lediglich das Jahresbudget 2024 für Siemens Gamesa genehmigt. Derzeit arbeite der Vorstand mit Siemens Gamesa an der strategischen Planung für die Folgejahre.
Die Aktionäre wählten Simone Menne mit großer Mehrheit in den Aufsichtsrat. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm dagegen erhielt für ihre Wahl eine Zustimmung von nur 76,4% und damit die mit Abstand niedrigste Quote. Der Vorschlag für die Berufung von Grimm habe für Aufsehen gesorgt, sagte Kaeser unter Bezug auf die Tatsache, dass die Nominierung im Sachverständigenrat für Wirtschaft für Unmut gesorgt hatte: „Seien Sie versichert, dass der Nominierungsausschuss und Frau Professor Grimm diese Fragestellung auch mit maßgeblichen Stellen besprochen und geprüft haben.“
Die Aktionäre segneten ab, dass KPMG die Abschlussprüfung von Ernst & Young übernimmt.