Luftfahrtindustrie

Rückrufaktion belastet Mittelzufluss von MTU

Die jüngste Rückrufaktion des Fertigungspartners Pratt & Whitney trifft den Triebwerkbauer MTU Aero Engines. Die Konzernführung kann erst Mitte September die genauen finanziellen Belastungen abschätzen.

Rückrufaktion belastet Mittelzufluss von MTU

Großer Rückruf drückt Cashflow von MTU

Triebwerkbauer rechnet mit “moderater” Belastung fürs Ergebnis – Konzern hält am Jahresziel fest

sck München

Die jüngste Rückrufaktion vom US-Fertigungspartner Pratt & Whitney (P&W) setzt den Triebwerkbauer MTU Aero Engines unter Zugzwang. Die erforderliche Inspektion von Komponenten dämpft den freien Mittelzufluss. Die MTU-Aktie setzte ihre Talfahrt fort. Tags zuvor schockierte P&W die Anleger mit der Nachricht.

Die umfangreiche Rückrufaktion des US-Partners Pratt & Whitney (P&W) bei Triebwerken für das Airbus-Mittelstreckenmodell A320neo macht MTU Aero Engines zu schaffen. Zur Vorlage des Halbjahresberichts sprach Vorstandschef Lars Wagner in einer Telefonkonferenz mit Journalisten davon, dass die finanziellen Belastungen erst in sechs Wochen bezifferbar seien, also ungefähr Mitte September. Er selbst rechnet mit einer „moderaten“ Auswirkung auf das Ergebnis von MTU, warnte aber davor, dass der freie Mittelzufluss stärker betroffen sein könnte. Das bestätigte Finanzvorstand Peter Kameritsch. „Während des Getriebefan-Inspektionsprogramms werden wir Gegenwind für unseren freien Cashflow spüren“, räumte er ein. Beide versprachen, die Belastungen so gering wie möglich halten zu wollen.

Trotz dieses Dämpfers hält die Konzernführung an ihrer im Juni erhöhten Prognose für das laufende Jahr fest. Das liegt vermutlich daran, dass die Rückrufaktion von P&W bis Mitte September zunächst 200 Turbinen umfasst. Im kommenden Jahr seien bis zu 1.000 Triebwerksturbinen betroffen, sagte Wagner. „Wir versuchen, dass wir Ende 2024 wieder sauber laufen.“ Damit verbunden ist die Hoffnung des CEO, dass P&W bis dahin das Thema abgearbeitet hat.

Aktie verliert erneut

Die Anleger sind offensichtlich skeptisch, dass dies gelingt. Die Aktie des Münchner Dax-Mitglieds verlor im Xetra-Handel am Mittwoch zeitweise 2,5% auf 207,70 Euro an Wert. Der Titel war damit erneut zeitweilig Schlusslicht im deutschen Leitindex. Tags zuvor brach das Papier zum Handelsschluss um 7% ein. Anlass war die Warnung der börsennotierten P&W-Muttergesellschaft RTX (früher Raytheon) , dass der US-Flugzeugzulieferer rund 1.200 Triebwerke vom Typ PW1100G-JM inspizieren lassen müsse. MTU ist an diesem Produktionskonsortium unter Führung von P&W mit 15% beteiligt. Die RTX-Aktie büße ich New York 14% ein.

Von der Problematik „wissen wir erst seit ein paar Tagen“, räumte Wagner ein. Der CEO geht davon aus, dass mit 1% nur ein Bruchteil der betroffenen Komponenten wirklich ausgetauscht werden müsse. Es handele sich um ein Fertigungsproblem bei P&W. Der Produktionsprozess sei im dritten Quartal 2021 umgestellt worden. Im Kern betrifft es ein Pulvermetall, welches P&W angewandt habe, nicht MTU. „Beim Bearbeitungsprozess sind Anomalien aufgetreten.“ Die Inspektionen dienten dazu zu verhindern, dass diese Anomalien Risse bilden. Der europäische Flugzeugbauer Airbus erklärte, es gehe um Metall, das zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2021 produziert worden sei. Die laufende Produktion sei davon nicht betroffen. RTX sprach gegenüber Analysten von „mikroskopischen Verunreinigungen“ in dem Metall, aus dem die Hochdruck-Turbinenscheiben in dem Triebwerk hergestellt sind. Als Konsequenz aus dem Rückruf senkte RTX die Prognose für den operativen Mittelzufluss um 500 Mill. Dollar.

Auf Rekordkurs

Triebwerkskomponenten für die A320-Baureihe von Airbus gehören zu den wichtigsten Erlösbringern von MTU im zivilen Flugzeuggeschäft, insbesondere in der Wartung. Aufgrund eines sich von der Coronakrise erholenden Geschäfts befindet sich das Unternehmen in diesem Jahr auf Rekordkurs. Die Nachfrage wächst. Wagner peilt ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von über 800 Mill. Euro an. 2022 waren es 655 Mill. Euro. Der Umsatz soll auf eine Bandbreite von 6,1 bis 6,3 (i.V. 5,3) Mrd. Euro steigen. Beim freien Cashflow steuert MTU eine Größe an, die „leicht“ über dem Vorjahreswert (326 Mill. Euro) liegt.

Im ersten Halbjahr 2023 steigerte MTU den Umsatz um ein Viertel auf 3,1 Mrd. Euro. Das Ebit legte überproportional um 40% auf 405 Mill. Euro zu. Der freie Cashflow betrug 135 (168) Mill. Euro.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.