Rückzug aus Russland belastet Traton schwer
sck München
Der schrittweise Rückzug aus dem russischen Markt infolge des Angriffskrieges gegen die Ukraine erhöht die Mehrkosten für die Traton SE deutlich. Die Münchner Nutzfahrzeugholding von Volkswagen teilte ad hoc mit, dass der beabsichtigte Verkauf von Vertriebsaktivitäten der Marken MAN und Scania sowie des Finanzierungsgeschäfts des schwedischen Lkw-Bauers in Russland für einen „zusätzlichen Verlust“ von bis zu 550 Mill. Euro sorgen könnte. Mit der Veräußerung der betroffenen Konzerneinheiten rechnet der Vorstand des SDax-Mitglieds „bis zum“ ersten Quartal des kommenden Jahres.
Die Anleger reagierten auf diese Gewinnwarnung vergrätzt. Die Traton-Aktie büßte im Xetra-Handel zeitweise 3,8 % auf 13,79 Euro ein. Seit Jahresbeginn verlor der Titel nahezu ein Fünftel an Wert. Traton gehört zu 89,7 % zu VW. Die restlichen 10,3 % des Grundkapitals befinden sich im Streubesitz.
Im Detail planen die MAN Truck & Bus SE sowie die Scania AB, ihre Vertriebsgesellschaften in der Russischen Föderation an lokale Vertriebspartner zu veräußern, wie Traton berichtete. Darüber hinaus verkaufe die Scania AB ihr russisches Finanzierungsgeschäft. Diese Transaktionen benötigen noch die Zustimmung der Aufsichtsräte von Traton und VW sowie verschiedener Regulierungsbehörden in Russland. „Die Traton SE realisiert hierbei voraussichtlich – in Abhängigkeit von der Entwicklung des Kurses des russischen Rubels zum Euro – einen zusätzlichen Verlust in Höhe von bis zu 550 Mill. Euro“, heißt es dazu in der Pflichtmitteilung.
Infolge des Krieges in der Ukraine schlugen bei Traton im ersten Halbjahr 2022 bereits Vermögensabwertungen und zusätzliche Aufwendungen von insgesamt 113 Mill. Euro ins Kontor. Die sich abzeichnende zusätzliche Belastung „wird als Bereinigung des operativen Ergebnisses berichtet, daher hat dies keinen Einfluss auf die Jahresprognose für die bereinigte operative Rendite 2022“. Die Jahresprognose für den Netto-Cashflow der Traton SE sei von den Veräußerungen ebenfalls nicht betroffen, so die Konzernführung.
Aufgrund der Sanktionen des Westens gegen den Kreml ruht seit März dieses Jahres die gemeinsame Produktion der beiden Traton-Tochtergesellschaften MAN und Scania in Sankt Petersburg. Auf Nachfrage ließ ein Unternehmenssprecher offen, ob diese Fertigungsgesellschaft ebenfalls zum Verkauf stehen könnte.
Die Folgen des am 24. Februar begonnenen Ukraine-Krieges bekam MAN von Anfang an im operativen Geschäft zu spüren. Wegen fehlender Kabelbäume aus der Ukraine musste die Münchner Holding-Einheit ihre Produktion zeitweise stoppen.
Zur Vorlage der Quartalszahlen in Mai berichtete Annette Danielski, die im Vorstand von Traton für Finanzen zuständig ist, darüber, dass die Produktion wieder schrittweise anlaufe. Mit einem rigiden Sparkurs und Kurzarbeit habe MAN die negativen Folgen des Fertigungsstopps fürs Geschäft und für die Marge begrenzen können.
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