RWE ringt um den Preis des Atommülls
cru Düsseldorf – RWE ringt mit der Bundesregierung um die Kosten für die Endlagerung des Atommülls. “Wir befinden uns in konstruktiven Gesprächen und sind an einer Lösung interessiert. Aber die Forderungen an uns verkennen die ökonomische Lage des Konzerns”, sagte Peter Terium in einer Telefonkonferenz zur Halbjahresbilanz. Es seien noch wichtige Details zu klären, bevor im September ein Atomgesetz vom Kabinett beschlossen wird. Dazu zählten der Haftungsübergang und die Zahlungsweise, erklärte Terium. Keine KapitalerhöhungIn dem Milliardenpoker geht es um die Kosten der Zwischen- und Endlagerung. RWE soll dafür – ebenso wie der Konkurrent Eon – einen Milliardenbetrag an einen staatlichen Fonds überweisen. In der Bilanz des Konzerns sind dafür Rückstellungen von 4,8 Mrd. Euro gebildet worden. Hinzu kommt ein Risikoaufschlag von 35 %, so dass die Gesamtsumme in der Größenordnung von 6,5 Mrd. Euro liegen dürfte. Beim Konkurrenten Eon sind es 10 Mrd. Euro für den Atommüll, die teilweise über eine Kapitalerhöhung finanziert werden sollen. RWE schließt einen solchen Schritt aus.Konzernchef Terium deutete aber an, dass zur Finanzierung des Milliardenbetrags für den Atommüll ein Teil der Aktien der Tochtergesellschaft Innogy SE verkauft werden könnte, die im vierten Quartal an die Börse gehen soll. Der Marktwert von Innogy wird auf bis zu 20 Mrd. Euro geschätzt, und RWE will langfristig die Mehrheit der Anteile behalten. Der Erlös aus dem bereits geplanten Börsengang von 10 % der Innogy-Anteile steht jedoch für den Atommüll nicht zur Verfügung, sondern wird in die Netze investiert. Offenbar ringt RWE deshalb so hartnäckig um verbesserte Konditionen mit der Bundesregierung. Es geht zum einen darum, wann die Haftung für die Endlagerung an den staatlichen Fonds übergeht. Zum anderen geht es darum, ob RWE die 6,5 Mrd. Euro sofort vollständig zahlen muss oder ob ein Aufschub und eine Zahlung in Raten gewährt werden.Der Poker um den Atommüll beschäftigt den Konzern in einer insgesamt heiklen Lage. Anleger sind nach Einbußen in der ersten Jahreshälfte hin- und hergerissen. Der Aktienkurs rutschte am Donnerstag zunächst um bis zu 5,3 % auf ein Fünfwochentief von 14,25 Euro, drehte dann aber ins Plus und legte zeitweise 2,8 % auf 15,47 Euro zu.Die Jahresziele des Konzerns hat Konzernchef Terium zwar bestätigt. Aber sie implizieren eine im Vergleich zum ersten Halbjahr schwächere zweite Jahreshälfte – und es fehlt der Ausblick auf das Jahr 2017 für den Gesamtkonzern. Seit Jahresbeginn haben die RWE-Aktien rund 30 % zugelegt, was sie zum besten Dax-Wert hinter Adidas macht. Der Börsenwert des Konzerns liegt nun bei 9,2 Mrd. Euro. Das ist deutlich weniger als der erwartete Wert der vor dem Börsengang stehenden Tochter Innogy, in der die lukrativen Geschäfte mit den Netzen, dem Vertrieb und dem Ökostrom gebündelt sind. Offenbar messen die Investoren dem in der alten RWE verbleibenden Geschäft mit konventionellen Kraftwerken für Atom, Gas und Kohle keinen Wert mehr bei oder sehen darin sogar ein Milliardenrisiko. Einbruch im HandelsgeschäftEin Einbruch im Energie-Handelsgeschäft aufgrund einer verlorenen Wette auf die Preisentwicklung hat RWE das Ergebnis vorübergehend verdorben. Das war aber die einzige negative Überraschung in der Halbjahresbilanz. Positiv werteten Investoren, dass der Konzern keine Liquiditätsschwierigkeiten sieht und in Großbritannien auch keine Probleme durch den Brexit befürchtet. Zudem scheint es anders als beim Konkurrenten Eon zunächst keinen weiteren Abschreibungsbedarf auf das Geschäft mit den konventionellen Großkraftwerken zu geben.