RWE-Tochter Innogy schaltet um auf Wachstum

Expansion in den USA beginnt - Mehr als 1,5 Mrd. Euro Investitionen in Erneuerbare bis 2019 geplant

RWE-Tochter Innogy schaltet um auf Wachstum

cru Düsseldorf – Die RWE-Tochter Innogy schaltet auf Wachstum um. Bisher verdient der Energiekonzern sein Geld vor allem mit dem staatlich regulierten und vergüteten Stromverteilnetz, das verlässlich mit rund 60 % den Löwenanteil zum operativen Gewinn beiträgt. Großinvestoren haben das beim Börsengang von Innogy im Oktober 2016 honoriert, der RWE und der Tochter 4,6 Mrd. Euro einbrachte und damit die größte deutsche Erstnotiz seit dem Jahr 2000 war.Doch das verlässliche Kerngeschäft mit dem Stromverteilnetz stagniert, weil die Bundesnetzagentur sukzessive die von ihr gewährte Verzinsung auf das eingesetzte Eigenkapital verringert. Auch der Vertrieb von Strom und Gas trägt zwar wegen der guten Kundenbindung verlässlich rund 25 % zum operativen Gewinn bei – aber auch diese Sparte wächst kaum, weil der Konkurrenzdruck zunimmt, vor allem in Großbritannien bei der angeschlagenen Tochter Npower.Wachstumsperspektiven eröffnet dagegen die Sparte für Ökostromerzeugung, die bisher aber nur 15 % zum operativen Gewinn beisteuert. Das soll sich nun ändern: “Verbunden mit Innogy ist der Anspruch, neue Märkte zu erschließen”, sagte Vorstandschef Peter Terium jüngst zur Halbjahresbilanz. Mit Fokus auf Nordamerika habe Innogy begonnen, diesen Anspruch einzulösen.Für 2017 bis 2019 plant Innogy Investitionen von 1,5 bis 1,7 Mrd. Euro in erneuerbare Energien. Derzeit besteht das Portfolio zu etwa drei Vierteln aus Windkraft an Land und auf dem Meer sowie einem Viertel Wasserkraft. Wichtigste Märkte sind Deutschland, Großbritannien und Spanien. Weltweit ist Innogy bereits der drittgrößte Meereswindparkbetreiber. Laut Schätzung der Analysten von Warburg Research bringt der Konzern bis Ende 2018 Windparks mit einer Kapazität von 400 Megawatt ans Netz und erhöht damit die Gesamtkapazität in erneuerbaren Energien auf 3 700 Megawatt. Im vergangenen Jahr lag der operative Gewinn (Ebit) aus der Ökostromsparte bei 360 Mill. Euro.Jenseits von Windkraft ist das Wachstum vor allem im Solargeschäft geplant, wo Innogy bisher kaum vertreten ist. Im Geschäftsjahr 2017 hat der Konzern in Chicago ein Büro für das Solar- und Windgeschäft sowie in Boston ein Büro für Energiewendeberatung eröffnet – und in Los Angeles eine US-Tochter für Elektromobilität gegründet, die als Technologie- und Serviceanbieter in den Bundesstaaten agiert, die ein Null-Emissionsprogramm für Fahrzeuge vorschreiben. Unterstützt werden die operativen Einheiten durch Ideen des Innovationsteams im Silicon Valley.”Wir haben in den USA und Kanada die operativen Voraussetzungen geschaffen, Schritt für Schritt Geschäft aufzuziehen. Wir können nun gezielt in Wachstum investieren”, kündigt Terium an. Innogy wolle “internationaler Vorreiter einer modernen Energiewelt” sein. Dafür setzt der Konzern einen neuen Schwerpunkt in den USA. “Nordamerika bietet vieles von dem, was einen Markt für uns attraktiv macht – einen gigantischen Stromverbrauch gerade in urbanen Ballungsgebieten, eine lukrative Förderung von Erneuerbaren in einzelnen Bundesstaaten in Verbindung mit teils exzellenten meteorologischen Voraussetzungen, einen guten Nährboden für Innovationen sowie geringe kulturelle und sprachliche Hürden”, schwärmt Terium.Viele dächten vor allem an “Sunny California”. Doch selbst hoch im Norden sei die Sonneneinstrahlung oft stärker als in Deutschland. Gerade an Land sei die Windkraft in vielen Gebieten wettbewerbsfähig. Innogy setze auf Nordamerika, weil die Erneuerbaren sich dort in vielen Regionen schon aus ökonomischen Gründen durchsetzen würden. Zudem nutzten viele Bundesstaaten ihren föderalen Spielraum, die Energiewende auch nach dem Kurswechsel in Washington voranzutreiben. Damit verbunden sei eine umfassende Modernisierung des Energiesystems.”Ich bin felsenfest überzeugt: Der Tesla auf den Highways ist nur der erste Vorbote einer innovativen und elektrischen Zukunft”, glaubt Terium. Der Fortschritt werde sich seinen Weg bahnen. Trotz mancher Rhetorik aus Washington passe das Wirtschaftsland USA nicht unter eine Käseglocke. Die Transformation der amerikanischen Energiewirtschaft habe begonnen. Innogy werde ihre Erfahrungen aus der europäischen Energiewende über den Atlantik tragen.