RWE trifft den Nerv der Zeit

Kapitalerhöhung spielt 2 Mrd. Euro ein - Beschleunigter Ausbau des Geschäfts mit erneuerbaren Energien

RWE trifft den Nerv der Zeit

RWE drückt beim Ausbau des Geschäfts mit erneuerbaren Energien auf die Tube. Für Investitionen in die Projektpipeline haben sich die Essener 2 Mrd. Euro frisches Eigenkapital besorgt. Hierzulande eine der größten Über-Nacht-Transaktionen der letzten Jahre. ab Düsseldorf – RWE gibt beim Wandel zum Ökostromanbieter Gas. Dazu sammelte der Energieerzeuger über Nacht im Rahmen eines beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens frisches Eigenkapital im Umfang von 2 Mrd. Euro (brutto) ein, wie mitgeteilt wurde. Hierzulande handelt es sich um eine der größten Transaktionen im Rahmen einer Schnellplatzierung, gleichauf mit der Kapitalerhöhung von Volkswagen im Juni 2014 und der Platzierung von Eon im März 2017.Zunutze machten sich die Essener dabei die hohe Bewertung der Aktie, die mit 34,24 Euro zum Börsenschluss am Dienstag auf einem mehrjährigen Hoch angekommen war. Seit dem Aktiencrash im März im Gefolge der Pandemie hat der Dax-Wert 70 % an Wert zugelegt.Platziert wurden die neuen Aktien zu 32,55 Euro, ein Abschlag von 4,9 %. Als Joint Bookrunner fungierten Bank of America, Barclays und Goldman Sachs. Doch nicht nur die rekordverdächtige Höhe der Transaktion sorgte für Aufsehen, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der den Banken die Papiere aus den Händen gerissen wurden. Schon nach 20 Minuten war das Orderbuch dem Vernehmen nach erstmals gefüllt. Am Ende war die Emission – immerhin ging es um 61,5 Millionen Aktien – dreifach überzeichnet. “Mit der Transaktion hat RWE den Zeitgeist getroffen”, sagte ein Insider, stehen nachhaltige Anlagen derzeit doch hoch in der Gunst der Investoren.Dass die Transaktion erfolgreich war, belegte auch die gestrige Kursentwicklung. Wenngleich die Aktie mit einem großen Abschlag in den Handel ging, rutschte sie nur kurz unter den Platzierungspreis. Der Dax-Wert verließ den Handel mit 32,67 Euro, ein Minus von 4,6 %.Das Geld aus der Kapitalerhöhung will RWE in den Ausbau des Erneuerbare-Energien-Geschäfts stecken. “Die zusätzliche finanzielle Flexibilität ermöglicht, unsere Projektpipeline zu erweitern und unser kontinuierliches Wachstum bei Windkraft und Solar zu beschleunigen”, wird RWE-Chef Rolf Schmitz zitiert. Die Finanzbeteiligung an Eon dient dagegen als finanzielle Absicherung für die Braunkohlerückstellungen und soll stabile, steuerlich vorteilhafte Dividendenerträge bringen. Höhere ZieleEin Teil der Erlöse aus der Kapitalerhöhung soll in die Finanzierung des jüngst annoncierten Kaufs einer Projektpipeline von Nordex mit einem Volumen von 2,7 Gigawatt (GW) gesteckt werden. Kostenpunkt: 400 Mill. Euro. Zugleich wollen die Essener die Projektpipeline weiterentwickeln und in weitere, sich mittel- und langfristig bietende Wachstumsmöglichkeiten investieren. Auf diesem Weg soll das bisherige Ziel, die installierte Leistung in Erneuerbare bis Ende 2022 auf mehr als 13 GW auszubauen und etwa 5 Mrd. Euro zu investieren, getoppt werden. Ende 2019 verfügte RWE in erneuerbaren Energien über eine installierte Leistung von 9,2 GW. Das war gut ein Fünftel der Gesamtleistung des Konzerns von 42,9 GW.Schmackhaft gemacht wurden die jungen Aktien den Investoren aber auch damit, dass die Papiere mit voller Dividendenberechtigung für 2020 ausgestattet sind. “Wir halten an unserem Plan fest, unsere Dividende für das Geschäftsjahr 2020 auf 0,85 Euro anzuheben und die Dividendenzahlung kontinuierlich im Einklang mit der Entwicklung unseres Kerngeschäfts zu erhöhen”, sagte der designierte Konzernchef und amtierende Finanzvorstand Markus Krebber.Analysten fanden lobende Worte für die – gerade zeitlich – überraschende Transaktion. Sollte RWE mit den eingenommenen Mitteln die Kapazität gerechnet auf die kommenden zehn Jahre um jährlich 500 Megawatt erhöhen, könnte damit ein Mehrwert von 2 Mrd. Euro geschaffen werden, schrieb Alberto Gandolfi von Goldman Sachs. Nach Meinung von Jefferies wird sich die Investition allerdings erst nach 2022 auszahlen, so dass kurzfristig mit der Verwässerung der Gewinne zu rechnen sei.