RWE und der britische Störfall

Ergebniseinbruch bei Npower - Rote Zahlen im Berichtsquartal - Prognose hat Bestand - Ernüchterung an der Börse

RWE und der britische Störfall

Kaum hat RWE ein Problem – Stichwort: Klimaabgabe – einer wirtschaftlich erträglichen Lösung zugeführt, tut sich für den Versorger in Großbritannien eine neue Baustelle auf. Doch auch wenn dadurch die Prognose für die britische Tochter Npower kassiert wird, hat die Konzernprognose für 2015 Bestand.ab Düsseldorf – RWE hat auch im zweiten Quartal unter dem Margenverfall in der konventionellen Stromerzeugung gelitten, der durch den anhaltenden Verfall der Großhandelspreise befördert wird. Wenngleich Vorstandschef Peter Terium nicht versäumte, die gefundene Lösung für die Betreiber von Braunkohlekraftwerken – anstatt einer Klimaabgabe hat sich die Politik Anfang Juli auf die Einführung einer befristeten Kapazitätsreserve verständigt – zu loben, ändert das nichts an der operativen Problematik. Wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht, hat sich das betriebliche Ergebnis in der konventionellen Stromerzeugung in der ersten Jahreshälfte auf 276 Mill. Euro mehr als halbiert, der Ergebnisverfall hat sich also noch einmal beschleunigt.Maßgeblich dadurch hat sich das betriebliche Konzernergebnis im ersten Halbjahr um 11 % auf 2 Mrd. Euro verringert. Doch auch in Großbritannien ist RWE neuerdings mit größeren Problemen konfrontiert. RWE spricht in diesem Zusammenhang von “Prozess- und Systemproblemen bei der Privatkundenabrechnung”, die voraussichtlich erst Ende 2016 vollständig behoben sein werden. Konkret verpatzte Npower die Umstellung der Abrechnungssysteme auf eine neue IT. Hinzu kam der Kundenschwund sowohl bei Privat- als auch bei Gewerbekunden. Um diesen Trend zu bremsen, musste Npower bei neuen Kontrakten vergünstigte Konditionen bieten.Das alles führte im Berichtshalbjahr zu einem Einbruch im Betriebsergebnis in der Sparte Vertrieb Großbritannien um 60 % auf 53 Mill. Euro. Vor diesem Hintergrund zog RWE die Reißleine: Anstatt einer moderaten Ergebnissteigerung im Vertrieb Großbritannien wird nun im Gesamtjahr mit einem “deutlichen” Ertragsrückgang gerechnet. 2014 war in dem Segment ein Betriebsergebnis von 227 Mill. Euro erwirtschaftet worden.Trotz dieser Teilkorrektur werden an der Jahresprognose für den Konzern keine Abstriche gemacht. Demnach wird 2015 mit einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 6,1 und 6,4 Mrd. Euro und einem betrieblichen Ergebnis zwischen 3,6 und 3,9 Mrd. Euro kalkuliert. Das bereinigte Nettoergebnis wird auf 1,1 bis 1,3 Mrd. Euro taxiert. Innogy bereitet FreudeObgleich Terium das Festhalten am integrierten Konzern wortreich beschwor und bestritt, dass eine Aufspaltung à la Eon der RWE-Aktie gut bekäme, traten die Investoren die Flucht an. Die Aktie, die gleich zu Handelsbeginn absackte, ging mit einem Verlust von 7.9 % bei 16,83 Euro als größter Tagesverlierer im Dax aus dem Handel. Binnen eines Tages verflüchtigte sich somit ein Marktwert von 0,8 Mrd. Euro.Einen kleinen Lichtblick bot das Geschäft mit erneuerbaren Energien. “Dort haben wir eine Lernkurve durchlaufen, jetzt beginnt die Ernte”, freute sich Terium. Im Berichtshalbjahr konnte das Betriebsergebnis der Tochter Innogy auf 328 Mill. Euro nahezu verdreifacht werden. Im Gesamtjahr wird hier mit einer Verdoppelung gerechnet, bekräftigte Terium frühere Aussagen.Der größte Ergebnisbringer, das Segment Vertrieb/Verteilnetze Deutschland, bewegte sich mit einem Betriebsergebnis von 1 Mrd. Euro weitgehend auf Vorjahresniveau. Hier war RWE auf der einen Seite mit niedrigeren Erträgen aus der Veräußerung von Netzen konfrontiert. Auf der anderen Seite baute der deutsche Vertrieb sein Ergebnis aufgrund des witterungsbedingt höheren Gasbedarfs aus.Zu einem kräftigen negativen Swing kam es allerdings im neutralen Ergebnis, das sich um fast 600 Mill. Euro auf – 447 Mill. Euro verschlechterte. Finanzvorstand Bernhard Günther verwies zur Begründung auf rückläufige Veräußerungsgewinne sowie die Bildung bilanzieller Vorsorge für Rechtsrisiken aus mehreren laufenden Verfahren. Um welche Themen es dabei geht, behielt Günther für sich. Letztlich landete RWE im zweiten Quartal in den roten Zahlen. Nach Steuern stand ein Verlust von – 424 Mill. Euro zu Buche. Fortgesetzter SchuldenabbauWeitere Fortschritte hat RWE aber zumindest beim Schuldenabbau gemacht. Zum Stichtag 30. Juni verringerte sich die Nettoverschuldung auf 25,6 Mrd. Euro. Neben dem Verkauf von RWE Dea trugen hierzu auch weitere Desinvestitionen im Umfang von 0,9 Mrd. Euro bei sowie die Emission von Hybridanleihen, die hälftig dem Eigenkapital zugerechnet werden. Im Gesamtjahr wird die Nettoverschuldung deutlich unter dem Vorjahreswert von 31 Mrd. Euro erwartet, allerdings dürfte der Verschuldungsgrad höher als im Vorjahr ausfallen, heißt es im Zwischenbericht. 2014 machten die Nettoschulden das 3,8-Fache des Ebitda aus.