Ryanair wagt sich nun auch an den Bondmarkt
hei Frankfurt – Kurz nach der Kapitalerhöhung über 400 Mill. Euro Ende vergangener Woche steuert Ryanair als eine der ersten europäischen Airlines seit Zuspitzung der Coronakrise den Fremdkapitalmarkt an. Das Unternehmen bereitet nach Informationen von Bloomberg einen Eurobond im Volumen von 500 Mill. Euro vor, den ersten seit 2017. Barclays, BNP Paribas und Citigroup begleiten die Transaktion. Der irische Low Cost Carrier ist weiterhin bemüht, die Inanspruchnahme von Staatshilfe eng zu begrenzen, will aber dennoch die Liquidität aufpolstern, um für alle Fälle gerüstet zu sein.Experten rechnen mit einer sehr langsamen Erholung der Luftfahrtbranche in Europa, der nach zwei Stillstandsmonaten im April und Mai auch das übliche verkehrsstarke Sommergeschäft fehlt. Ryanair, die überwiegend auf Freizeit- und Urlaubsverkehre konzentriert ist, leidet weniger als die großen Carrier, denen überdies die lukrativen Geschäftskunden fehlen. Dennoch führt das wenig einheitliche und teilweise erratische Krisenmanagement der europäischen Regierungen in der Reisebranche zu geringer Visibilität und sehr kurzfristigen Buchungen. Dies erschwert vor allem das Cash-Management der Airlines. Hilfen-Rückzahlung geplantRyanair, die Bonds über 2,45 Mrd. Euro ausstehen hat, muss im kommenden Juni eine 850-Mill.-Euro-Anleihe refinanzieren. Zwar hatte der Billigflieger Ende Juni noch 3,9 Mrd. Euro in der Kasse, will aber auch 600 Mill. Pfund aus einem Kreditprogramm der britischen Regierung so schnell wie möglich wieder zurückzahlen. Die Verbindlichkeiten der von S&P sowie Fitch gerateten Airline werden von beiden Agenturen derzeit mit “BBB” bewertet, wobei S&P den Ausblick just auf “negativ” gesetzt hat. Vor Ryanair hat sich bisher einzig Finnair in der Coronakrise an den Bondmarkt gewagt. Die Finnen zahlen 10,25 % Zinsen für eine Hybrid-Anleihe, die sie vor einem Monat platziert haben.Während alle Fluggesellschaften mit anhaltenden Mittelabflüssen zu kämpfen haben, insbesondere wegen der Auszahlung stornierter Reisen, macht Ryanair zu diesem Posten selbst keine Angaben. Hier sitzen aber vor allem die großen Netz-Carrier auf hohen Ticketsummen. Bei der Lufthansa hatten sich per Ende Juni 4,5 Mrd. Euro angesammelt, bei Air France-KLM 3,6 Mrd. Euro, bei der British-Airways-Mutter IAG kamen 4,6 Mrd. Euro zusammen, wie die Ratingagentur Scope schreibt.Die Experten rechnen mit einem schwierigen Deleveraging bei der nun hoch verschuldeten Branche. Zwar haben die Fluggesellschaften überall den Rotstift angesetzt und vor allem auch die Investitionen in neue Flugzeuge teilweise drastisch gekürzt – Lufthansa um die Hälfte -, jedoch ist der Einbruch der Nachfrage dramatisch. Daher werden erhebliche Kapazitätskürzungen nötig. Der Luftfahrtverband IATA geht davon aus, dass die Branche im kommenden Jahr auf das Volumen von 2014 zurückfällt. Dies wäre ein Einbruch von mehr als einem Viertel gegenüber 2019. Im der zurückliegenden ersten Jahreshälfte ist die Flugnachfrage um 58 % eingebrochen.Dies belastet die Fluggesellschaften erheblich, deren freie Mittelzuflüsse auch schon vor der Krise nicht die stärksten waren. So generierte Lufthansa laut Scope von 2017 bis 2019 im Durchschnitt 900 Mill. Euro Free Operating Cash-flow, Ryanair 1 Mrd. Euro, Easyjet 300 Mill. Euro, Air France-KLM 500 Mill. Euro und IAG 1 Mrd. Euro. Im ersten Halbjahr haben alle Gesellschaften Mittel verbrannt.