Sanofi kauft Biotechfirma Principia
Der Mangel an neuen Medikamenten aus dem angestammten Geschäft zwingt Sanofi-Chef Paul Hudson in die Offensive. Zum dritten Mal seit 2018 wagt der Pharmariese einen Milliardendeal, um an neue Produkte zu kommen. Dieses Mal legen sich die Franzosen den US-Autoimmunspezialisten Principia zu.cru Frankfurt – Der neue Sanofi-Vorstandschef Paul Hudson will den französischen Arzneimittelhersteller auf innovative Therapien konzentrieren, um das Wachstum des Konzerns anzukurbeln. Dazu übernimmt Sanofi jetzt das US-Biotechnologieunternehmen Principia Biopharma in einem 3,7 Mrd. Dollar schweren Deal. Im Rahmen der Bartransaktion erhält Sanofi die vollständige Kontrolle über den Konkurrenten, der sich auf die Behandlung von multipler Sklerose und einer Reihe von Autoimmunkrankheiten spezialisiert hat, wie die beiden Konzerne mitteilen.Principia hat ihren Hauptsitz in San Francisco, macht mit 125 Mitarbeitern 35 Mill. Dollar Umsatz und ist erst seit September 2018 an der Nasdaq notiert. Sanofi zahlt 100 Dollar in bar pro Principia-Aktie. Das entspricht einem Aufschlag von nur 10 % gegenüber dem Freitagsschluss der Aktie. Deren Kurs hat allerdings in diesem Jahr unter anderem wegen der Übernahmegerüchte schon um fast 66 % zugelegt. Eigentümer sind diverse institutionelle Investoren wie etwa Fidelity. Die Transaktion, die von den Verwaltungsräten beider Unternehmen bereits einstimmig gebilligt wurde, bewertet das gesamte Unternehmen Principia mit etwa 3,7 Mrd. Dollar – inklusive 300 Mill. Dollar Bargeld in der Kasse. Beginnen soll die Laufzeit der Offerte Ende August. Rechtlich wirksam wird sie im vierten Quartal. Der Kurs der Sanofi-Aktie stieg am Montag in Paris um zeitweise 0,5 %, der Kurs von Principia um 9 % auf 99 Dollar.Die Transaktion ist der zweitgrößte Pharma-Deal im Jahr 2020, nachdem Gilead Sciences im März 4,9 Mrd. Dollar für den Kauf des Krebstherapieherstellers Forty Seven bezahlt hatte. Der Deal bringt Sanofi eine Pipeline von Medikamenten ein, die als BTK-Inhibitoren bekannt sind und zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten entwickelt werden. CEO richtet Konzern neu ausSanofi-Chef Hudson versucht, das in Paris ansässige Unternehmen neu auszurichten, indem es sich auf wachstumsstarke Bereiche konzentriert, in denen neue Medikamente hohe Preise erzielen. Der Schritt folgt auf zwei ähnliche Milliardendeals: Im Dezember 2019 übernahm Sanofi bereits Synthorx für 2,5 Mrd. Dollar sowie 2018 die Biotechfirma Bioverativ für 11,6 Mrd. Dollar. Hudson kündigte Ende 2019 eine neue Strategie an. Man werde die Jagd nach neuen Diabetes- und Herzkrankheitsmedikamenten beenden, mehr als 2 Mrd. Dollar einsparen und sich auf Bereiche konzentrieren, die reif für Innovationen sind, wie zum Beispiel Krebstherapien.Der Principia-Deal zeigt, dass Pharmaunternehmen wie Sanofi nach neuen Wachstumsmotoren suchen müssen, während sie gleichzeitig fieberhaft an Impfstoffen gegen Covid-19 forschen. Nach Umsatz ist Sanofi der neuntgrößte Pharmakonzern der Welt, steht aber beim Gewinn nur auf Platz 16. Mit der aktuellen Übernahme sichert sich Sanofi Medikamente wie den BTK-Hemmer SAR442168 gegen multiple Sklerose und andere Erkrankungen des Zentralnervensystems. In Phase-II-Studien im Februar wurde festgestellt, dass das Medikament Patienten mit multipler Sklerose hilft. Das veranlasste Sanofi-Chef Hudson zu der Aussage, dass die Behandlung die Hälfte des 20 Mrd. Dollar schweren Therapiemarktes für die unheilbare Krankheit erobern könnte.Die in San Francisco ansässige Firma Principia entwickelt laut ihrer Webseite eine Therapie mit dem Namen Rilzabrutinib zur Behandlung von Erkrankungen des Immunsystems. Evaluiert wird der Einsatz des Medikaments bei Patienten mit Pemphigus, einer Gruppe seltener Krankheiten, die Blasenbildung an Haut und Schleimhäuten verursachen. “Durch diese Übernahme können wir die Entwicklung von BTK-Inhibitoren in mehreren Indikationen ausweiten und beschleunigen”, sagte Sanofi-Forschungsleiter John Reed. Das US-Unternehmen passt nach Einschätzung von Analysten gut zu Sanofi. Die Übernahme des US-Spezialisten für Autoimmunerkrankungen sei strategisch sinnvoll für den französischen Pharmakonzern, schreibt etwa J.-P.-Morgan-Analyst Richard Vosser. Auch Goldman Sachs beurteilt den Deal als passend. 50 Mrd. Dollar für ZukäufeDer französische Konzern könnte bis zu 50 Mrd. Dollar für Zukäufe ausgeben, nachdem Sanofi den Verkauf ihres Anteils an Regeneron angekündigt hatte. Neben Krebs- und Gentherapie-Technologien könnten die potenziellen Übernahmeziele auch Unternehmen im Bereich der Immunologie umfassen.