SAP bringt Qualtrics an die Börse

Vorbereitungen für IPO gestartet - SAP bleibt Mehrheitsaktionär - Starke Erholung in Fernost im 2. Quartal

SAP bringt Qualtrics an die Börse

Der Softwarekonzern SAP plant 18 Monate nach Abschluss der Übernahme von Qualtrics bereits deren Börsengang. Dabei setzt der mit Abstand schwerste Dax-Konzern auch auf das gute US-Primärmarktumfeld für Technologie-Unternehmen. Im zweiten Quartal war Qualtrics wie das gesamte Cloud-Geschäft trotz Coronakrise erneut kräftig gewachsen.scd Frankfurt – “Wir sehen ein sehr großes Potenzial, das Wachstum von Qualtrics über die nächsten Jahre auch außerhalb der SAP-Kundenbasis voranzutreiben. Das ist der Haupttreiber für uns gewesen, ein IPO jetzt in Erwägung zu ziehen”, erklärt Finanzvorstand Luka Mucic die überraschende Nachricht vom Sonntag, dass SAP die erst im Januar 2019 komplett übernommene US-Tochter zeitnah an die Börse bringen will.Vorstandschef Christian Klein hatte in einer Telefonkonferenz erläutert, er sei sich nach der Übernahme des alleinigen Vorstandsvorsitzes in einem Gespräch mit Qualtrics-Mitgründer und CEO Ryan Smith schnell einig gewesen, dass ein Börsengang des Unternehmens für beide Seiten der richtige Schritt sei. SAP und Qualtrics würden davon profitieren. Ein Börsengang streiche auch noch mal den hohen Wert des Assets heraus und statte Qualtrics mit zusätzlichem Kapital aus, um Investitionen in das weitere Wachstum tätigen zu können, erklärte Mucic, der zum Zeitpunkt des IPO noch nichts sagen kann.Das Marktumfeld sei aktuell zwar hochkonstruktiv. “Aber wie das dann in den nächsten Monaten aussieht, müssen wir noch abwarten.” SAP gehe jetzt die Vorbereitungen an. “Dabei können wir sicher darauf aufbauen, dass Qualtrics schon einmal ein IPO vorbereitet hat. Wir rechnen daher damit, dass die Vorbereitungszeit nur einige Monate dauern wird.”Smith sagte zwar, er habe auch unter dem Dach von SAP weiter große Freiheiten genossen. Dies könne nun aber ausgebaut werden mit einem Going Public. Qualtrics könne so künftig etwa eine eigene Akquisitionsstrategie verfolgen und weiter attraktiv für die besten Talente sein, erklärte Klein.Der Walldorfer Softwarekonzern bleibe auch in Zukunft Mehrheitsaktionär von Qualtrics. “Es besteht keine Absicht, diese Mehrheitsbeteiligung auszugliedern oder anderweitig zu veräußern”, teilte SAP mit. Smith beabsichtige, der größte Einzelaktionär von Qualtrics zu werden. Eine endgültige Entscheidung über den Börsengang und die Konditionen stehe noch aus und sei abhängig vom Marktumfeld. SAP werde Qualtrics aber in jedem Fall weiter voll konsolidieren, so dass sich kein Anpassungsbedarf beim Ausblick ergebe.Als relativ günstig hat sich im zweiten Quartal das Geschäftsumfeld für SAP erwiesen. Bereits vor zweieinhalb Wochen hatte der Softwarekonzern mitgeteilt, dass der Umsatz in dem stark von der Coronavirus-Pandemie beeinträchtigten Quartal konzernweit gestiegen ist und dabei die Marge sowie das operative Ergebnis gesteigert werden konnten (vgl. BZ vom 10. Juli). Im detaillierten Zwischenbericht, den SAP am Montag vorgestellt hat, zeigte sich ein differenziertes Bild. Während der Umsatz der Reisekosten-Abrechnungssoftware Concur aufgrund der Reisebeschränkungen um währungsbereinigt 5 % schrumpfte und der Service-Umsatz um 6 % zurückging, legte das Kerngeschäft Applications, Technology & Support um 3 % und Qualtrics sogar um 32 % zu.Aber auch im Kerngeschäft fielen die Entwicklungen je Produkt teils weit auseinander. “Hoch zweistelliges Wachstum hatten wir im zweiten Quartal etwa im Bereich E-Commerce. Angesichts der Pandemie mussten Unternehmen umsteuern, die bislang weniger auf den Onlinehandel gesetzt haben – insofern war das auch ein wenig zu erwarten”, erklärte Finanzvorstand Mucic.Ein weiterer nachfragestarker Bereich sei Software für Supply Chain Management gewesen, in dem SAP bereits Marktführer ist. “Hier beschleunigte sich die Cloud-Adoption noch einmal, weil in der Cloud neue Applikationen natürlich schneller eingeführt werden können. Das heißt nicht, dass das Lizenzgeschäft künftig obsolet wäre. Aber der Abstand beim Auftragseingang zwischen Lizenz- und Cloud-Geschäft wird tendenziell größer”, prognostiziert Mucic.Trotz der deutlichen Verschiebungen beim Umsatzmix hat SAP operative Marge, Ergebnis und Nettogewinn jeweils deutlich gesteigert. “Wir sind sehr stolz, dass wir die operative Marge im zweiten Quartal trotz erheblicher Umsatzrückgänge im Lizenzgeschäft um 1,8 Prozentpunkte gesteigert haben. Denn das Lizenzgeschäft ist immer noch deutlich profitabler als das Cloud-Geschäft”, konstatierte Mucic. “In der Cloud haben wir über alle Geschäftsmodelle hinweg die Marge gesteigert.”Das sei auch ein Ergebnis des Restrukturierungsprogramms, das SAP im Vorjahr vorgestellt habe und das die Marge auch in den nächsten Jahren treiben werde. Allerdings habe es auch einige Kostenersparnisse gegeben, die sich so nicht in die Zukunft fortschreiben ließen – “darunter etwa unsere Reisekosten, die fast auf null gesunken sind wegen der Reisebeschränkungen oder auch Events, die virtuell stattgefunden haben”. Nach der Pandemie werde es zwar einige Reisen geben, die nicht mehr stattfinden – etwa im Bereich der internen Abstimmungen. “Bei den kundenbezogenen Reisen rechnen wir aber wieder mit einem stärkeren Aufkommen. Das gilt auch für Events wie die Sapphire, die künftig auch wieder physisch stattfinden wird”, kündigte der Finanzchef an.Die SAP-Aktie legte am Montag in einem unveränderten Gesamtmarkt um 2,7 % auf 139,30 Euro zu.