SAP-Chef Klein kann auf Plattner zählen

Der Aufsichtsratschef und Mitgründer will sich für die Nachfolgersuche Zeit nehmen - Vorstandserweiterung vorerst nicht geplant

SAP-Chef Klein kann auf Plattner zählen

Der neue SAP-Chef Christian Klein kann in der schwierigen von der Coronakrise geprägten Zeit womöglich länger auf Aufsichtsratschef Hasso Plattner zählen. Dieser erklärte per Videobotschaft, bei der Nachfolgersuche nichts zu überstürzen. Derweil stießen die zahlreichen Vorstandswechsel der vergangenen beiden Jahre bei den Aktionären ebenso auf Kritik wie das neue Vergütungssystem, dem nicht einmal vier von fünf Aktionären zustimmten. Von Sebastian Schmid, Frankfurt”Ich blicke auf fast 50 Jahre bei SAP zurück. Bewegte Zeiten, und, wie es aussieht, werden sie noch einige Zeit bewegt bleiben.” Mit diesem Satz hat Aufsichtsratschef und Mitgründer Hasso Plattner zum Auftakt der virtuellen Hauptversammlung von Europas größtem Softwarekonzern per Videobotschaft den Abschied von seinem angekündigten Abschied eingeleitet. Bei der Nachfolgersuche werde sich der Aufsichtsrat nicht künstlich unter Druck setzen lassen. “Die Ereignisse der letzten Monate und die Unwägbarkeiten von Covid-19 haben mich vorsichtiger gemacht. Eine gute Nachfolgeplanung ist wichtiger denn je”, sagte Plattner.Der 76-Jährige wertet es als persönlichen Glücksfall, dass er durch die Arbeit mit den Studierenden an seinem Berliner Forschungsinstitut HPI in der Lage sei, seine langjährigen SAP-Erfahrungen mit neuen technologischen Entwicklungen abzugleichen. “Solange ich selber in der Lage bin, diesen Spagat auszuhalten” und dies gewollt sei, werde er SAP mit Rat und Tat helfen.Von den rund 6 100 online zugeschalteten Aktionären dürfte das Versprechen einer sorgfältigen Nachfolgeplanung positiv registriert worden sein. Der zweimalige überraschende Wechsel an der Konzernspitze – erst vom Bill McDermott auf die Co-CEOs Jennifer Morgan und Christian Klein, dann von der Doppelspitze auf Klein – sorgte für kritische Nachfragen der Anteilseigner. Binnen eineinhalb Jahren werden insgesamt sechs Vorstände das Unternehmen verlassen haben, wenn Personalvorstand Stefan Ries wie geplant Ende Mai ausscheidet. Der einst neun Mitglieder starke Vorstand ist dann auf fünf Personen zusammengeschnurrt. Eine Erweiterung des Vorstands sei abgesehen von einem Ersatz für den scheidenden Personalchef dennoch nicht vorgesehen, erklärte Aufsichtsrätin Friederike Rotsch, die dem Finanz- und Investitionsausschuss vorsitzt und die für den in seinem kalifornischen Zuhause weilenden Plattner die Leitung der virtuellen Hauptversammlung übernommen hat.Klein, der drei Wochen nach Übernahme des alleinigen Vorstandsvorsitzes seinen ersten Auftritt vor den Aktionären hatte, sieht den SAP-Vorstand auch in der jetzigen Konstellation stark aufgestellt. Für Ingo Speich von Deka Investment ist der Vorstand für ein Unternehmen der Größe von SAP zwar zu klein. Die geringere Größe wirkt aber auch einem Kritikpunkt entgegen, den Plattner in seiner Eingangsrede ansprach. “Die Diskussionen um die Strategie der SAP sind seit Jahresbeginn langsamer vorangekommen als gedacht”, klagte er. “Wir können es uns nicht leisten, uns durch interne Differenzen zu lähmen.” Ein kleinerer Vorstand verspricht eine schnellere Entscheidungsfindung.Die Entscheidung, die erste Vorstandschefin eines Dax-Konzerns nach wenigen Monaten wieder zu verabschieden, verteidigte Plattner. SAP habe sich nicht wegen ihres Geschlechts für Jennifer Morgan entschieden und konnte die Entscheidung gegen sie dann auch nicht vom Geschlecht abhängig machen. “Ich bin zuversichtlich, dass wir künftig sehr viel mehr Frauen in Führungspositionen sehen werden”, ergänzte er. Klein kündigte an, SAP wolle im Jahr 2022 mindestens 30 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt sehen. Ein großer Sprung ist dies allerdings nicht. Schon heute liegt man laut SAP bei 27 %.Kritik gab es an der hohen Maximalvergütung von bis zu 34,5 Mill. Euro für den neuen Vorstandschef. Der Vergütungsplan erhielt mit 78,4 % dann auch die niedrigste Zustimmungsquote aller Tagesordnungspunkte. Die höchste gab es mit 99,1 % neben der unveränderten Vergütung des Aufsichtsrats für die Verwendung des Bilanzgewinns. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von 1,58 (i. V. 1,50) Euro je Aktie. Die Auszahlung erfolgt ab 26. Mai.Bei allem Wirbel um die Personalrochaden hatten die Aktionäre an der geschäftlichen Entwicklung von SAP angesichts des fortgesetzt kräftigen Wachstums kaum etwas zu bemängeln (siehe Grafik). Selbst auf die besorgte Nachfrage nach der Entwicklung der Wagniskapitaltochter Sapphire Ventures konnte CFO Luka Mucic Entwarnung geben. Zwar musste man einige Wertberichtigungen vornehmen. Dennoch habe Sapphire Ventures im ersten Quartal einen positiven zweistelligen Millionenbetrag zum Ergebnis beigetragen. Eine weitere gute Nachricht blieb unerwähnt. So hat SAP in diesem Monat über eine Anleiheemission 2 Mrd. Euro an frischen Mitteln eingeworben und musste für die Laufzeiten zwischen drei und neun Jahren nur zwischen 0,000 % und 0,375 % an Zinsen aufbieten.