Biopharmazulieferer

Sartorius verschreckt mit Gewinnwarnung

Mit einer Gewinnwarnung noch vor Ende des zweiten Quartals hat Sartorius Anleger vergrätzt. Die Vorzugsaktie des Dax-Unternehmens rutschte am Montag in der Spitze um fast 17% ab. Die Nachfrageschwäche nach dem Ende pandemiebedingten Sonderkonjunktur dauert länger als erwartet an.

Sartorius verschreckt mit Gewinnwarnung

Sartorius verschreckt mit Gewinnwarnung

Vorzugsaktie bricht um 17 Prozent ein – Nachfrage schwächelt nach Ende der Corona-Sonderkonjunktur länger als erwartet

Mit einer Gewinnwarnung noch vor Ende des zweiten Quartals hat Sartorius Anleger vergrätzt. Die Vorzugsaktie des Dax-Unternehmens rutschte am Montag in der Spitze um fast 17% ab. Die Nachfrageschwäche nach dem Ende der pandemiebedingten Sonderkonjunktur dauert länger als erwartet an.

ste Hamburg

Der Biopharmazulieferer und Laborausrüster Sartorius hat Anleger zum Wochenauftakt nach einer am späten Freitagabend veröffentlichten Gewinnwarnung in die Flucht geschlagen. Die Vorzugsaktie des Göttinger Dax-Unternehmens, 2022 um knapp 38% auf 369,40 Euro gesunken, sackte am Montag in der Spitze um bis zu 16,8% auf 295,80 Euro ab - der niedrigste Wert seit einem Jahr. Mit Verweis auf das schwache Startquartal 2023 komme die Gewinnwarnung nicht unerwartet, hieß es bei der DZ Bank, die bei einem auf 220 von zuvor 273 Euro reduzierten fairen Wert unverändert zum Verkauf der Aktie rät. Sie sei jedoch deutlicher als angenommen ausgefallen.

Sartorius begründet die Korrektur der Prognose für beide Sparten und für den Gesamtkonzern im laufenden Geschäftsjahr mit einer "anhaltenden allgemeinen schwachen Nachfragedynamik". Daher sei in der zweiten Jahreshälfte von Umsätzen "unterhalb der bisherigen Erwartungen" auszugehen. Der Abbau von Lagerbeständen bei Biopharma-Kunden dauere nach der Corona-Pandemie länger als erwartet an. Zudem verweist das Unternehmen auf eine relativ geringe Investitionstätigkeit bei Kunden infolge freier Produktionskapazitäten. Nach dem ersten Quartal war die Annahme bekräftigt worden, dass Effekte der Nachfragenormalisierung nach der coronabedingten Sonderkonjunktur im zweiten Halbjahr 2023 keine wesentliche Rolle mehr spielen würden.

Für 2023 stellt Sartorius nun einen Rückgang des im vorigen Jahr wechselkursbereinigt um 15% und nominal um 21% auf 4,17 Mrd. Euro gestiegenen Umsatzes auf Basis konstanter Währungsrelationen "im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich" in Aussicht. Nach dem ersten Quartal war der Ausblick einer Erlössteigerung im unteren einstelligen Prozentbereich noch bekräftigt worden. Zur Umsatzentwicklung sollen Akquisitionen rund 1 Prozentpunkt beitragen. Der Ende März verkündete Erwerb von Polyplus für 2,4 Mrd. Euro ist in der Prognose noch nicht berücksichtigt. Früheren Angaben zufolge soll das französische Unternehmen 2023 Erlöse im oberen zweistelligen Mill.-Euro-Bereich erreichen.

Der avisierte Umsatzrückgang wirkt sich auch auf das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) aus: Die um Sondereffekte bereinigte Ebitda-Marge soll 2023 bei rund 30% landen und nicht in etwa auf dem Niveau des Vorjahres von 33,8%. Für seine größere Sparte Bioprocess Solutions (BPS) geht das Unternehmen bei einem Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich von einer bereinigten Ebitda-Marge von rund 31% anstatt von einem Wert in etwa wie 2022 (35,7%) aus. Die Laborsparte soll bei einer niedrig einstellig negativen bis stabilen Umsatzentwicklung unverändert eine bereinigte Ebitda-Marge von etwa 26 (i.V. 26,2)% erreichen.

Mittelfristziele bekräftigt

Sartorius bekräftigte die Mittelfristziele, die für 2025 einen Konzernumsatz von 5,5 Mrd. Euro sowie eine bereinigte Ebitda-Marge von rund 34% vorsehen - wobei für die BPS-Sparte rund 36% und für die Laborsparte 28% eingeplant sind. Das Unternehmen erklärte, man sehe die aktuelle Nachfrageentwicklung nach der Pandemie als eine Phase an, die "die grundlegenden sehr positiven Wachstumstreiber der Life-Science- und Biopharmaka-Märkte nur temporär überlagert". Der Konzern, der die Investitionsquote bezogen auf den Umsatz 2023 nun bei 15 anstatt 12,5% und den dynamischen Verschuldungsgrad bei 2,2 und nicht bei 1,5 erwartet, verwies zugleich auf eine erhöhte Unsicherheit bei der Prognose von Geschäftszahlen. Diese resultiere aus deutlich gestiegenen "Dynamiken und Volatilitäten in der Branche" sowie aus der veränderten geopolitischen Lage mit "sich abzeichnenden Entkopplungstendenzen verschiedener Staaten".

Über welches Maß an Visibilität das Sartorius-Management verfüge, sei unklar, so UBS-Analysten. Die Bank, die bei einem auf 470 von 500 Euro reduzierten 12-Monats-Kursziel weiterhin den Kauf der Sartorius-Aktie empfiehlt, kommt zu dem Schluss, dass durch die neue Prognose rund 630 Mill. Euro Umsatzerlöse für 2023 entfallen würden. Im vierten Quartal könnte sich eine Erholung ergeben, der Umfang sei aber ungewiss. Die fundamentalen Perspektiven der Branche blieben indes stabil, so die Bank. Auch Warburg Research, das bei einem auf 341 von 456 Euro gekappten Kursziel unverändert zum Kauf des Papiers rät, erklärte, die Anlagestory sei bei Sartorius intakt. Die Biopharmaindustrie scheine sich nach einer Phase kräftigen Wachstums auf neuem Niveau anzupassen. Das Analysehaus Alsterresearch, das die Ziele von Sartorius für 2025 in Gefahr sieht, stufte ihre Anlageempfehlung hingegen auf "Verkaufen" von "Halten" bei einem auf 250 von 320 Euro reduzierten Kursziel herab.

Wertberichtigt Seite 2