Scania lässt Böses ahnen

Quartalsergebnis der VW-Tochter bricht um 40 Prozent ein - Branchenbeobachter erwarten noch große Probleme für Lastwagenbauer

Scania lässt Böses ahnen

Der schwache europäische Heimatmarkt und eine sinkende Auslastung ließen den Nettogewinn der VW-Tochter Scania im zweiten Quartal um 40 % einbrechen. Das lässt Böses ahnen für die anstehenden Zwischenberichte der Rivalen Daimler, Volvo und MAN. Beobachter sind überzeugt, dass der echte Schmerz erst noch droht.ge Berlin – Beim schwedischen Lkw-Bauer Scania ist das operative Ergebnis vor allem wegen des schwachen europäischen Heimatmarkts im zweiten Quartal um satte 42 % auf umgerechnet rund 227 Mill. Euro weggebrochen. Als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, schreibt die Investmentbank Barclays in einem Branchenreport, sie sei weniger über die anstehenden Quartalsberichte der großen Nutzfahrzeug-Hersteller beunruhigt denn über den weiteren Jahresverlauf – “da kommt noch mehr Schmerz”. Die Schuldenkrise und die maue Konjunktur vor allem in Südeuropa führen seit Monaten zu deutlich sinkenden Verkaufszahlen von Lkw, Transportern und Bussen. Entsprechend musste die Volkswagen-Tochter Scania, die fast die Hälfte ihrer Trucks in Europa absetzt, in den Monaten April bis Juni diverse Blessuren wegstecken: Der Verkauf schnurrte um gut ein Viertel zusammen, die Bestellungen gingen um 14 % zurück – womit das Minus aber etwas weniger dramatisch war als im schwachen ersten Quartal, berichten die Schweden. “Wo ist das Licht am Ende des Tunnels? Ich sehe davon nicht viel”, erklärte der in den Volkswagen-Vorstand wechselnde Scania-Chef Leif Östling bei der Erläuterung der Halbjahreszahlen – nicht ohne hinzuzufügen, er erwarte eine Stabilisierung des europäischen Marktes auf dem jetzigen Niveau.Gleichwohl sind sich die Barclays-Analysten sicher, dass der Zeitpunkt zum Einstieg in Truck-Aktien trotz des jüngsten Kursverfalls dieser Papiere noch nicht gekommen ist. Für Europa prognostizieren sie bis 2014 einen maximal stagnierenden Absatz. Brasilien müsse im laufenden Jahr einen deutlichen Rückgang verkraften – “und die Erholung wird langsamer gehen als erwartet”. Die starke Stellung dort und in Europa führt denn auch dazu, dass Barclays den für 2012 erwarteten Gewinn je Aktie bei der VW-Tochter MAN um knapp 13 % zurücknimmt, während die Schwestergesellschaft Scania mit einer Rückstufung von nicht ganz 7 % davonkommt. Volvo und Daimler werden um je 1 % hochgestuft, für Fiat Industrial erwarten die Analysten sogar ein Plus beim Ergebnis je Aktie von fast 6 % – vornehmlich allerdings wegen der gut laufenden Agrargeräte. VW will Synergien sehenTrotz des heftigen Gewinneinbruchs kann Scania auch im zweiten Quartal immer noch eine operative Rendite von 10,1 % vorweisen – verglichen mit 14,4 % vor Jahresfrist. Da die Schweden traditionell höhere Margen erzielen als ihre Wettbewerber, lässt dieser Rückgang Böses ahnen für deren Quartalsbilanzen, die in den nächsten Tagen anstehen. Firmenchef Östling begründet den Ergebniseinbruch mit den geringeren Stückzahlen und einer schwächeren Auslastung, während umgekehrt Entwicklungsaufwendungen gestiegen seien. Der Cash-flow (aus der Nfz-Fertigung und den Services) kollabierte in der Folge im Frühjahrsquartal von vorjährigen 2,1 Mrd. skr auf marginale 6 Mill. skr. Immerhin steige der Bedarf an Ersatzteilen und Service, wenn die Fahrzeuge länger liefen – womit üblicherweise höhere Margen erzielt werden als mit dem Verkauf von Neufahrzeugen. Zudem rechnet der Konzern mit einem steigenden Ersatzbedarf in Europa angesichts alternder Flotten. Diese Argumentation überzeugte offensichtlich die Anleger, die Scania am Freitag mit einem Plus von gut 4 % auf 120,1 skr zum stärksten Wert an der Stockholmer Börse machten – auch weil die Zahlen besser waren als von Analysten befürchtet. Mit dem deutlichen Gewinnrückgang dürfte der Druck der Mutter VW steigen, die lang verschleppte Allianz der beiden rivalisierenden VW-Töchter Scania und MAN endlich zustande zu bekommen, um Synergien heben zu können. Dafür wechselt Östling, der sich lange dem Bündnis widersetzte, im September als neuer VW-Vorstand nach Hannover an die Spitze der Lkw-Sparte. Einen Ausblick auf die Entwicklung im Nutzfahrzeugmarkt traute er sich am Freitag nicht zu. Für Scania sei derzeit Flexibilität das oberste Gebot.