Schneider greift Siemens mit Kauf von Invensys an
ds Frankfurt – Während sich Siemens durch das beispiellose Chaos im Management selbst lähmt, greift der französische Konkurrent Schneider Electric mit der Übernahme des britischen Engineering-Unternehmens Invensys an. Die Franzosen übernehmen die Briten für 3,4 Mrd. Pfund (3,9 Mrd. Euro). Darauf haben sich beide Seiten geeinigt. Mit dem Deal attackiert Schneider die Münchner in der Automationstechnik und stärkt ihre Position insbesondere bei Kunden aus den Branchen Öl und Gas, Chemie, Pharma, Bergbau und Nahrungsmittel. Doch kein BieterkampfDie Akquisition von Invensys ist der größte Zukauf von Schneider seit der Übernahme von American Power Conversion im Jahr 2006 für 6,1 Mrd. Dollar. Zu einer Gegenofferte und einem Bieterwettkampf, den Beobachter nicht ausgeschlossen hatten, kam es nicht. Interesse wurde auch den Konkurrenten General Electric, Emerson und Rockwell aus den USA sowie der Schweizer ABB zugeschrieben, doch hob letztlich keiner von ihnen den Finger.Den Kaufpreis von 3,4 Mrd. Pfund zahlt Schneider zu 2,9 Mrd. Euro in bar sowie zu 1 Mrd. Euro in neuen Aktien, um die Bilanz zu schonen. Finanziert werden soll das Geschäft mit Kreditlinien und Bondemissionen. Da Invensys eine Nettofinanzposition von rund 600 Mill. Pfund mitbringt sowie 400 Mill. Pfund an Steuerguthaben, wird das Unternehmen bei dem Deal mit 2,4 Mrd. Pfund bewertet, was dem 11,9fachen des operativen Ergebnisses (Ebitda) entspricht. Nach Daten von Bloomberg wurden in Europa bei Elektrotechnikausrüstern in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt Multiples von 11,1 gezahlt, also etwas weniger.Industrieautomation ist ein Wachstumsmarkt mit vergleichsweise hohen Margen. Für das Wachstum, das in den kommenden Jahren im mittleren einstelligen Prozentbereich liegen soll, sorgt der Trend zum Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch automatische Prozesse. Die zweistelligen operativen Margen sind zurückzuführen auf die starke Konzentration auf Seiten der Anbieter, die hohen Markteintrittsbarrieren sowie die breit gestreute Abnehmerschaft. Industrielle Basis schwindetMit dem Deal geht Großbritannien, dessen industrielle Basis schon lange schwindet, eine weitere Industrieperle verloren. Seit mehr als einem Jahrzehnt gab es schon Spekulationen um Invensys, auch Siemens war unter den Interessenten. Die Münchner kauften Ende 2012 aber nur das Eisenbahnsoftware-Geschäft der Briten für 1,7 Mrd. Pfund.Mit der Transaktion steigen die Nettoschulden von Schneider, die zuletzt 5,3 Mrd. Euro betrugen, um gut 2 Mrd. Euro. Schneider bietet je Invensys-Aktie den Gegenwert von 502 Pence. Gezahlt werden 372 Pence in bar und 0,025955 neue Schneider-Aktien je Invensys-Papier. Damit legt Schneider deutlich mehr Bargeld auf den Tisch als die vor zwei Wochen bei der ersten Vorlage der Offerte avisierten 319 Pence (vgl. BZ vom 13. Juli). Invensys-Papiere kletterten am Mittwoch in London zunächst bis auf 504 Pence etwas über den Gebotspreis, danach sackten sie wieder ab und schlossen 1,1 % im Plus bei 496,30 Pence. Die Aktien von Schneider Electric legten in Paris um 3,1 % auf 59,81 Euro zu. Schneider wurde von den Investmentbanken BofA Merrill Lynch, Deutsche Bank, BNP Paribas und Morgan Stanley beraten sowie von den Anwaltskanzleien Linklaters und Bredin Prat. Invensys vertraute auf die Banken Barclays und J.P. Morgan Cazenove sowie den Rechtsbeistand von Freshfields Bruckhaus Deringer.Die Franzosen legten am Mittwoch Zahlen fürs erste Halbjahr vor. Sie bargen keine großen Überraschungen. Die Erlöse stagnierten bei 11,4 Mrd. Euro, der Nettogewinn sackte um 5 % auf 831 Mill. Euro ab.