Schott Pharma startet mit Kurssprung an der Börse
Schott Pharma läutet Börsenstart ein
Aktienkurs legt zeitweise mehr als 13 Prozent zu – Mutterkonzern nimmt fast 1 Mrd. Euro ein
cru Frankfurt
Die Pharmasparte des Mainzer Spezialglasherstellers Schott ist trotz des schwierigen Umfelds erfolgreich an der Börse gestartet. Am Donnerstagvormittag wurden Aktien des Unternehmens erstmals im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt, dem "Prime Standard". Der erste Preis für die Aktien wurde um 9.17 Uhr in Frankfurt mit 30 Euro angezeigt – und damit 11% höher als der Ausgabepreis. Anschließend läuteten Vorstandschef Andreas Reisse und Finanzvorständin Almuth Steinkühler die Börsenglocke.
"Lange darauf hingearbeitet"
"Wir haben lange im ganzen Team darauf hingearbeitet, das ist der Abschluss von einem großen Projekt", sagte Vorstandschef Reisse. "Das Gute ist, dass die Investoren überzeugt sind, dass unsere Strategie die richtige ist, und das hat dann auch zu der Nachfrage geführt, die wir jetzt sehen."
Andreas Reisse, Vorstandschef Schott PharmaDas ist der Abschluss von einem großen Projekt.
Mit einem Anstieg um 13% auf bis zu 30,42 Euro lag der Kurs zeitweise deutlich über dem Ausgabepreis von 27 Euro, der wiederum leicht über der Mitte der Preisspanne gelegen hatte. "Mit einem Volumen von 813 Mill. Euro (vor Greenshoe) war Schott Pharma der bislang größte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr", sagte Heiko Leopold, Managing Director der Deutschen Bank, die neben Bank of America und BNP Paribas der dritte Joint Global Coordinator sowie Joint Bookrunner war. "Die Nachfrage übertraf das Angebotsvolumen um ein Vielfaches."
Hierbei seien auch die zahlreichen Beteiligungen deutscher Fonds hervorzuheben. Jefferies und Citigroup fungierten in Zusammenarbeit mit Commerzbank und LBBW als weitere Joint Bookrunner.
Bewertung von gut 4 Mrd. Euro
Zum Ausgabepreis wird das Unternehmen mit gut 4 Mrd. Euro bewertet. Der Mutterkonzern, der Mainzer Glaskonzern Schott, der sich wiederum im Besitz der Carl-Zeiss-Stiftung befindet, nimmt mit dem Verkauf von 23% der Anteile an ihrer Tochter 935 Mill. Euro ein. Als Cornerstone-Investor hat Schott Pharma den Staatsfonds Qatar Investment Authority gewonnen, der sich für 200 Mill. Euro mit 4,9% beteiligt.
Der Finanzplatz Frankfurt erweist sich damit als ein seltener Lichtblick auf dem immer noch trüben europäischen Markt für Börsengänge. Zu den vorhergehenden größeren Börsengängen in Deutschland in diesem Jahr zählten Thyssenkrupp Nucera, ein Unternehmen für grünen Wasserstoff, und die Webhosting-Firma Ionos, eine Tochter von United Internet. Am Montag, dem 2. Oktober, startet voraussichtlich die Zeichnungsfrist für die Aktien der Traditionsfirma Birkenstock aus dem Portfolio des US-Finanzinvestors L Catterton, die jedoch ein IPO in New York plant. Am kommenden Mittwoch, den 4. Oktober, endet zudem die Zeichnungsfrist für den Panzergetriebehersteller Renk aus dem Portfolio des Finanzinvestors Triton. Unmittelbar nach Schott Pharma und Renk folgt mit dem Flottendienstleister DKV Mobility, der der Milliardärsfamilie Fischer und dem Finanzinvestor CVC gehört, voraussichtlich das fünfte Unternehmen als Börsenneuling.
Boom der neuen Antifettleibigkeitsmittel treibt Wachstum
Schott Pharma beliefert die pharmazeutische Industrie mit Behältern für den überdurchschnittlich stark wachsenden Markt für injizierbare Heilmittel. Zu den Produkten gehören vorgefüllte Spritzen für Impfstoffe und Insulin. Zudem wächst die Firma kräftig wegen des Booms der neuen Antifettleibigkeitsmedikamente von Eli Lily und Novo Nordisk.
Der Umsatz des Unternehmens stieg 2022 um 27% auf 821 Mill. Euro, da es etwa 13 Milliarden Produkte herstellte, die es den Arzneiherstellern ermöglichen, Medikamente zu lagern und zu verabreichen. Der operative Gewinn (Ebitda) wuchs um ein Drittel auf 219 Mill. Euro. So geht der gesamte Emissionserlös an den Mutterkonzern, da Schott Pharma das geplante Wachstum aus eigener Kraft finanzieren kann.
"Nur eine Korrektur"
Für Pessimisten ist die aktuelle Marktbewegung der Beginn eines Bärenmarktes. "Wir sehen in der jüngsten Misere aber nur eine Korrektur nach einem unerwartet erfolgreichen Börsenjahr", sagt Sven Streibel, Chef-Aktienstratege der DZ Bank. "Eine echte Panik wie beim Bankenbeben im März gibt es nicht, dafür ist die Nachfrage für Kursabsicherungsgeschäfte am Terminmarkt zu gering."
Schott Pharma ist der größte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr. Das IPO hat fast 1 Mrd. Euro für den Mutterkonzern, die Schott AG, eingespielt. Bald folgen weitere IPOs. Damit erweist sich der Finanzplatz Frankfurt als ein seltener Lichtblick auf dem europäischen Markt für Börsengänge.