Schott wagt größte Übernahme der Firmengeschichte
Schott wagt große Übernahme
Quarzglas-Sparte von Qsil bringt hohen zweistelligen Millionenumsatz – Gewinnsprung
md Mainz
Der Spezialglashersteller Schott tätigt die größte Übernahme der Unternehmensgeschichte. Wie Vorstandschef Frank Heinricht am Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz berichtete, sei am Vortag der Vertrag zum Kauf der Quarzglas-Sparte des Thüringer Unternehmens Qsil unterzeichnet worden. Zum Preis für die Qsil GmbH Quarzschmelze im thüringischen Ilmenau wurden allerdings keine Angaben gemacht. In der Sparte seien 275 Mitarbeiter beschäftigt, hieß es. Der Umsatz liege im hohen zweistelligen Millionenbereich. Schott-Finanzvorstand Marcus Knöbel erklärte, die Qsil GmbH stelle u.a. Quarzglas-Rohre her, die wiederum in Komponenten für die Herstellung von Halbleitern verwendet würden. Qsil verfüge in dem Bereich über ein einzigartiges Fertigungsverfahren.
Hoffen auf Geschäft mit Halbleiterindustrie
Schott setzt große Hoffnungen in ihr Geschäft mit der Halbleiterindustrie, ebenso in das Geschäft mit Brillen für die Anzeige sogenannter erweiterter Realität, auch als „Zusammenspiel von digitalem und analogem Leben“ bezeichnet (AR, Augmented Reality). In Malaysia wurde kürzlich ein Werk für das AR-Geschäft in Betrieb genommen. Auch mit Gläsern für Pharmaindustrie sowie Astronomie und Raumfahrt will Schott punkten.
Im Geschäftsjahr 2023/24 ging der Umsatz von Schott um 1% auf 2,84 Mrd. Euro zurück. Bereinigt um Währungseffekte seien die Erlöse jedoch um 3% gestiegen, sagte Knöbel. Das operative Ergebnis (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) sank den Angaben zufolge im Vorjahresvergleich um 3% auf 400 Mill. Euro. Dennoch stieg das Nettoergebnis um 11% auf 308 Mill. Euro. Begründet wurde dies mit dem Bruttoerlös von 935 Mill. Euro aus dem IPO der Pharmasparte im Herbst 2023.
Solides Ergebnis
Der zum Jahreswechsel in den Ruhestand gehende Heinricht sprach rückblickend von einem herausfordernden Jahr und angesichts dessen von einem soliden Ergebnis. Belastet hätten u.a. die gesunkene Nachfrage nach Haushaltsgeräten, die steigende Konkurrenz aus China und hohe Energiekosten.
Für das schwächelnde Geschäft mit Haushaltsgeräten, insbesondere mit den Ceran-Kochflächen von Schott, nannte Heinricht mehrere Gründe. Zum einen lahme die Baukonjunktur hierzulande; dadurch würden weniger Küchen und damit auch weniger Kochflächen eingebaut. Zum anderen habe der chinesische Markt seine „Lokomotivfunktion“ verloren. Statt wachsender Verkäufe in China nähmen nun chinesische Wettbewerber im Geschäft mit Haushaltsgeräten verstärkt den europäischen und amerikanischen Markt ins Visier.
„Gegengift“ Innovationen
Der Gegenwind werde auch 2024/25 anhalten, betonte der Vorstandschef. Das „Gegengift“ seien Innovationen. Heinricht nannte eine Neuproduktrate von 31% – „ein neuer Höchstwert“. Das heißt, 31% der Produkte, die zum Gesamtumsatz beitragen, sind nicht älter als fünf Jahre. Allerdings, so Heinricht, müsse auch das Thema Produktivität an Standorten in Europa angegangen werden. Potenzial sehe er in der Automatisierung und Digitalisierung, durch die zudem der personelle Aderlass durch die in den nächsten Jahren in Rente gehenden „Babyboomer“ abgefedert werden könne.
Für das laufende Geschäftsjahr peilt das Management eine Umsatzsteigerung von 2 bis 5% an. Er erwarte angesichts der Herausforderungen das Wachstum „eher am unteren Rand“ dieser Spanne, sagte Heinricht. Ein Ergebnisprognose gab Schott nicht ab. Die Investitionen (Capex) sollen stabil bei 400 Mill. Euro liegen.
Schott beschäftigt weltweit nach eigenen Angaben rund 17.100 Mitarbeiter in mehr als 30 Ländern. Der Hauptsitz des Unternehmens, das seine Wurzeln im thüringischen Jena hat, ist in Mainz. Schott gehört der Carl-Zeiss-Stiftung mit Doppelsitz im baden-württembergischen Heidenheim und in Jena.
Nachfolger von Schott-CEO Henricht wird Anfang 2025 Torsten Derr, der bisher Vorstandschef von SGL Carbon im benachbarten Wiesbaden war.