Schuldschein wird grenzenlos
Der Schuldschein als Finanzierungsinstrument floriert und fasst auch jenseits der Grenzen immer stärker Fuß. Nachdem 2018 doch noch deutlich über 20 Mrd. Euro aufgenommen worden sind, schätzen die Experten der Nord/LB die Begebungen im neuen Jahr auf die breite Spanne von 20 Mrd. bis 25 Mrd. Euro. wb Frankfurt – Der Schuldscheinmarkt floriert trotz temporärer Durchhänger im alten Jahr. Das spezielle deutsche Finanzierungsinstrument überschreitet zunehmend die Grenzen und wird immer europäischer. Auf Investorenseite ist er schon global, wie das zunehmend interessierte institutionelle Geld aus Asien zeigt. Die Experten der Nord/LB erwarten für 2019 ein Emissionsvolumen in der breiten Spanne von 20 Mrd. bis 25 Mrd. Euro.Haupttreiber seien die voranschreitende Internationalisierung, der Digitalisierungsfortschritt bei Schuldscheintransaktion sowie das Ende des CSPP, also des Programms der EZB zum Ankauf von Unternehmensanleihen, sagt Martin Strohmeier von der Landesbank in Hannover. Es gebe aber auch eine große Unsicherheit, insbesondere sei unkalkulierbar, in welchem Ausmaß Konzerne in Benchmark-Größe die Investoren anzapfen. So hat kurz vor Dezember-Ultimo die Deutsche Telekom den Markt genutzt und binnen nur fünf Tagen einen dreistelligen Millionenbetrag eingeworben. Ins Rennen ging der Dax-Konzern mit einem Ziel von 300 Mill. Euro. Die Emittenten haben ihr ursprünglich angepeiltes Volumen regelmäßig deutlich übertrumpft (siehe Tabelle). Das vergangene Jahr reiht sich mit einem von der Nord/LB erfassten Volumen von 24,1 Mrd. Euro hinter den Rekordjahren 2017 und 2016 ein. Hingegen ist es mit 134 Deals und 613 Tranchen der stärkste Turnus nach 2017 auf. “Das ist eine recht solide Bilanz, wenn man auf die vergleichsweise schwachen ersten beiden Quartale zurückblickt”, sagt Strohmeier. Weit über die Hälfte des Volumens (16,5 Mrd. Euro) wurde in der zweiten Halbzeit generiert, das dritte Quartal war sogar das stärkste überhaupt gewesen.Die durchschnittliche Zahl der Tranchen pro Deal liegt bei 4,8. Damit weist ein Schuldscheindarlehen mittlerweile über eine Tranche mehr als der Durchschnitt der vorigen zehn Jahre auf. “Dies spricht für eine gewachsene Individualität und hebt hervor, dass Investoren in Zeiten von niedrigen Spreads nicht mehr jeden Preis sowie jede Laufzeit akzeptieren”, folgern die Nord/LB-Experten. Im Gegenteil würden im Lauf des Bookbuilding abhängig von der Nachfrage zusätzliche Laufzeitenbänder hinzugefügt oder Covenants angepasst.Im Schnitt hatte ein Schuldscheindarlehen 2018 ein finales Volumen von 179,7 Mill. Euro, jede Tranche wies damit im Durchschnitt 39,3 Mill. Euro auf. Dass beide Werte seit 2016 gesunken sind, verdeutlicht, dass das Segment nach wie vor von Small und Mid Caps dominiert wird. Große Spieler Nichtsdestotrotz sind es vor allem Big Player wie Rewe, Fresenius oder Lufthansa, die den Markt seit 2016 auf ein derart hohes Niveau hievten. Dazu beigetragen haben nicht zuletzt die Turbulenzen am Anleihemarkt, der im vergangenen Jahr durch einen hohen Abgabedruck sowie hohe Risikoaversion der Investoren gekennzeichnet war. So kam es dazu, dass Bondemissionen aufgrund des Marktumfelds abgesagt und stattdessen ein Schuldschein emittiert wurde wie etwa von Tui. Hinzu kommt, dass Investoren die Darlehen in ihrer Bilanz als Forderung ausweisen und sie nicht Mark-to-Market bewerten müssen, wodurch das Segment weniger von kurzfristigen Schwankungen betroffen ist als der Bondmarkt. Zuletzt sind allerdings auch vermehrt Deals mit “Credit Events” aufgetreten. Neben Steinhoff (755 Mill. Euro, wobei vereinzelt Schuldscheinblocks zu 70 % des Nominalwertes gehandelt wurden) und Carillion (300 Mill. Euro), zählen nun auch das griechische Schmuckgeschäft Folli Follie (51 Mill. Euro mit Schuldenrestrukturierung), der Schweizer Backwarenkonzern Aryzta (200 Mill. Euro, zwei Gewinnwarnungen) sowie Gerry Weber (140 Mill. plus 55 Mill. Euro), wo die Gläubiger Stundungen vereinbarten.2018 ist laut Nord/LB mit 25 Emissionen das stärkste Jahr internationaler Emittenten. Insbesondere die zweite Halbzeit steche mit 17 Emissionen hier hervor. Bemerkenswert ist, dass ausländische Emittenten dabei hauptsächlich Schuldscheine in Euro begeben haben. Nach Ausdehnung in östlicher Richtung (Polen, Russland, Ungarn und Tschechien) entdeckte der Schuldschein 2018 Skandinavien. Auch Unternehmen aus Italien (Pirelli, Fincantieri) sowie Spanien (Tecnicas Reunidas) debütierten.Digitale Plattformen gewinnen an Bedeutung: auf drei Deals 2017 folgten 2018 elf. Bisher gibt es sechs Plattformen: Credx, Debtvision, Finest, Finpair, Syndx und VC Trade. Im Rahmen der Etablierung der digitalen Plattformen wurde wie berichtet ein einheitlicher Schuldscheindarlehensvertrag entwickelt, den Faurecia nutzte.