Schuldscheinmarkt auf Rekordkurs

Capmarcon: Dieses Jahr erstmals über 20 Mrd. Euro - Risikoprämien dürften den Boden gefunden haben

Schuldscheinmarkt auf Rekordkurs

Der Schuldscheinmarkt floriert und dürfte 2016 erstmals für mehr als 20 Mrd. Euro stehen. Im ersten Halbjahr spielten Emittenten mit diesem Instrument laut Capmarcon 13,3 Mrd. Euro ein. Der Markt steht der derzeit für 77,3 Mrd. Euro.wb Frankfurt – Wer angenommen hatte, der Schuldscheinmarkt lasse in diesem Jahr nach, wird eines Besseren belehrt. Scope Ratings und die Finanzierungsexperten von Capmarcon gehen davon aus, dass 2016 erstmals die Marke von 20 Mrd. Euro überschritten wird. Das dritte Vierteljahr sei relativ stark, so dass Capmarcon mit etwa fünf Emissionen jeweils größer als 250 Mill. Euro rechnet. Der Markt habe auch im zweiten Quartal “seine exzellente Verfassung bestätigt”, sagt Hans-Werner Grunow von Capmarcon. Nachdem sich die ersten drei Monate mit 9,2 Mrd. Euro begebenen Schuldscheinen zum Rekordquartal entwickelten, summierten sich die Begebungen im zweiten Vierteljahr auf ein “ebenfalls relativ hohes” Volumen von 4,1 Mrd. Euro.So wurden in der ersten Halbzeit mit 53 Transaktionen über 13,3 Mrd. Euro eingeworben. In den ersten sechs Monaten des Vorjahres gab es zwar ebenfalls 53 Deals, doch lediglich für 9,1 Mrd. Euro. Das Emissionsvolumen stieg laut Capmarcon im Schnitt von 170 Mill. auf 250 Mill. Euro. Besonders die Platzierungen von 200 Mill. bis 500 Mill. Euro nahmen stark zu.Einerseits sind unter den kapitalaufnehmenden Adressen große und bekannte Unternehmen, die den Schuldscheinmarkt mit drei- und vierstelligen Millionenbeträgen in Anspruch nehmen. Für diese Großunternehmen entwickelt sich der Schuldschein zunehmend zur Alternative für Anleihefinanzierungen oder den klassischen syndizierten Bankkredit. Andererseits kommen kleinere Mittelständler an den Markt, die dort Beträge von 30 Mill. Euro an Mittel aufnehmen: “Die Tiefe des Schuldscheinmarktes lässt ebenso sehr kleine wie sehr große Begebungen zu.” Die Spanne reichte im Halbjahr von 25 Mill. bis 1,65 Mrd. Euro. Das Segment ziehe nicht nur immer mehr Unternehmen, sondern vor allem auch mehr Investoren an. Institutionellen Anlegern eröffne sich mit dem Schuldscheinmarkt die Möglichkeit, in bisher nicht erreichbare Rendite-Risiko-Profile zu gehen. Attraktiv für Unternehmen seien die Konditionen, bei deren Gestaltung neben der klassisch gemessenen Bonität besonders Faktoren wie Geschäftsmodell und Cash-flow berücksichtigt werden – was vor allem für Adressen mit einer Leistungsfähigkeit unterhalb des Investment Grade (“BB+” und schwächer) interessant sei. Attraktiv seien zudem die transparenten Prozesse und effizienten Abläufe der Platzierung.Bei den Laufzeiten dominieren fünf und sieben Jahre. Naturgemäß bilden sich Risikoprämie und Rendite von Schuldscheinen unterschiedlich zum Anleihemarkt, der tägliche Notierungen und damit eine stärkere Vergleichbarkeit der Emittenten bietet. Beim Schuldschein fließen neben der Bonität überdurchschnittlich stark individuelle Faktoren wie Geschäftsmodell und Kapitalfluss ein. Damit ergab sich für Emissionen im zweiten Quartal laut Capmarcon ein “weitgehend unverändert niedriges Verzinsungsprofil”. Die individuellen Sätze schwankten um bis zu 25 Basispunkte um die Mittelwerte. Der Renditeanstieg in Non-Investment Grade gegenüber “BBB-” und stärker sei signifikant. Die Risikoprämie gegenüber Bundesanleihen lag bei siebenjährigen Schuldscheinen mit “BB” lag bei rund 200 Basispunkten.Zwar stellen heimische Emittenten die größte Emittentengruppe dar, doch Unternehmen von jenseits der Grenzen sind zunehmend aktiver. So reihten sich die Schweizer Clariant mit 300 Mill. Euro, Plastik Omnium und Tarkett, beide aus Frankreich, mit auch je 300 Mill. ebenso ein wie die niederländische Tennet mit 330 Mill. Euro und LafargeHolcim mit 300 Mill. Euro.