Schuldscheinmarkt floriert

Emissionsvolumen von gut 16 Mrd. Euro erwartet - Vorteilhafte Konditionen für Unternehmen und leichtes Zinsplus für Investoren

Schuldscheinmarkt floriert

wb Frankfurt – Der Schuldscheinmarkt boomt. Nach einem Emissionsvolumen von 8,4 Mrd. Euro von Juli bis Dezember 2014 wurden von Januar bis Juni 2015 Darlehen über 9,1 Mrd. Euro bei Investoren platziert. Das zeigt eine Capmarcon-Analyse. Unternehmen nutzen die niedrigen Zinsen und Risikoprämien, um sich zu vorteilhaften Konditionen mit Fremdkapital einzudecken. Kreditgeber profitieren vom leichten Zinsplus, das ihnen Schuldscheine von Unternehmen mit meist guter Bonität gegenüber vergleichbaren (Staats-)Anleihen bescheren, stellt Hans-Werner Grunow fest, Geschäftsführer der auf Unternehmensfinanzierung fokussierten Capmarcon. Den Begebungen von Schuldscheinen standen im Halbjahr Tilgungen von 5,2 Mrd. Euro gegenüber, so dass sich ein Emissionsvolumen von netto 3,1 Mrd. Euro ergibt. In der Folge stieg das ausstehende Marktvolumen laut Capmarcon bis Ende Juni auf 61,3 Mrd. Euro. Nur 2008 höherPaul Kuhn, Leiter Debt Capital Markets Origination Corporates der BayernLB, rechnet für den laufenden Turnus mit einem Rekordjahr – abgesehen von 2008. Betrug das Volumen im Sturm der Finanzkrise seinerzeit 19 Mrd. Euro, so waren es 2014 rund 12,1 Mrd. Euro. Allerdings wird das Volumen diesmal von dem größten Schuldschein aller Zeiten verzerrt: ZF Friedrichshafen hatte zur Finanzierung der TRW-Übernahme 2,2 Mrd. Euro bei rund 200 Investoren eingeworben. Für die zuvor größten Transaktionen hatten BMW und Siemens 2008 mit 1,35 Mrd. und 1,1 Mrd. Euro gesorgt.”Wir rechnen mit 14 Mrd. Euro ohne ZF Friedrichshafen und 16 Mrd. Euro mit ZF”, nennt er die Prognose für den laufenden Turnus im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Anders als 2014 sei diesmal das erste Halbjahr sehr lebhaft gewesen mit zahlreichen vorzeitigen Refinanzierungen und Prolongationen. War es im Zuge der Verunsicherungen infolge der Griechenland-Krise am Bondmarkt zuletzt sehr ruhig, so laufen die Schuldscheine durch. Der Markt habe aber weder von der Krise profitiert noch darunter gelitten. Neue Schuldscheindarlehen seien meist überzeichnet. “Es gibt eine deutliche Verschiebung zu längeren Laufzeiten”, registriert Kuhn, wobei die Verzinsung am langen Ende zuletzt angezogen habe. Emittenten, denen man ein solides Investment Grade bescheinigen könne, müssten auf fünf Jahre (Kupon plus Marge) etwa 1,75 % p. a. zahlen, auf sieben Jahre circa 2,15 und für zehn Jahre in etwa 2,5 %. Etwa die Hälfte der Transaktionen sei variabel verzinst, wobei sich die Emittenten auf Basis der Einschätzung niedriger Zinsen auf längere Sicht die Vorteile beim Interbankensatz von 0,05 % sichern wollten.Ungeachtet der guten Kreditnachfrage seitens der Unternehmen sei der Markt stark aufnahmefähig. “So können in diesem Segment Kapitalnehmer vergleichsweise problemlos Titel in beinahe beliebigen Volumina am Markt unterbringen”, berichtet Grunow. Das hohe Kapitalangebot sorge für unverändert niedrige Risikoprämien. Die Konstellation ermögliche auch Unternehmen unterhalb des Investment Grade, den Schuldscheinmarkt anzuzapfen. Laut Scope haben 38 % eine Bonitätsbewertung im spekulativen Bereich. Doch verfügen mehr als drei Viertel aller Schuldscheinemittenten nicht über ein öffentliches Rating.Investoren bevorzugten die Laufzeiten fünf und sieben Jahre. In diesem Jahr schloss laut Capmarcon ein Dienstleister gar mit einer Tranche über 17 Jahre ab. Weit mehr als die Hälfte aller Schuldscheinemissionen in den ersten sechs Monaten kam auf 50 Mill. bis 200 Mill. Euro. In den Banken-League-Tables führte 2014 laut Thomson Reuters die Helaba vor BayernLB und LBBW. Es folgten HSBC und Commerzbank.