Schuldscheinmarkt wächst dynamisch

Zweites Quartal schlägt Rekorde - Fürs Gesamtjahr bis 25 Mrd. Euro erwartet - Schon jedes zweite Darlehen geht an Auslandsadresse

Schuldscheinmarkt wächst dynamisch

Auf einen müden Jahresauftakt folgt ein starkes zweites Quartal: Der Schuldscheinmarkt expandierte von 3,5 Mrd. Euro bis Ende März auf mehr als 9,3 Mrd. Euro im zweiten Vierteljahr. Vor allem ausländische Emittenten greifen zu – zuletzt war eine indische Adresse unter den Debütanten in dem Segment.wb Frankfurt – Zur Unternehmensfinanzierung erfreut sich das Schuldscheindarlehen ungebrochener Beliebtheit. Nach dem bislang drittstärksten Jahr 2018 sind die Perspektiven für den laufenden Turnus günstig: Das zweite Quartal ist das bislang volumenstärkste Vierteljahr im Neugeschäft gewesen. Dies berichten die Experten von Capmarcon. Europäische und außereuropäische Unternehmen begaben von Januar bis Ende März Schuldscheine im Volumen von nur etwa 3,5 Mrd. Euro und drehten dann von April bis Ende Juni auf über 9,3 Mrd. Euro auf. Dabei bewege sich die Bonität der kreditnehmenden Unternehmen unverändert im Investment Grade. “Förmlich explodiert””Nach einem verhaltenen Jahresauftakt ist der Markt im zweiten Quartal förmlich explodiert”, sagt Karl-Heinz Bühner, Schuldscheinexperte der LBBW. Er kommt mit einer Vielzahl von Transaktionen sogar auf ein Volumen von 9,8 Mrd. Euro, das Dreifache der im ersten Quartal verzeichneten 3,2 Mrd. Euro. Aufgrund des aktuellen Transaktionsumfeldes und des Volumens des ersten Halbjahres sieht die LBBW den Markt zum Jahresende in einem Korridor von 23 Mrd. bis 25 Mrd. Euro Volumen. Capmarcon erwartet noch einen Schnaps mehr. Ausländische Unternehmen und deutsche Darlehensnehmer machten im ersten Halbjahr jeweils rund die Hälfte aus, jedoch zog der Anteil ausländischer Unternehmen im zweiten Quartal weiter an. So gab es zehn Transaktionen aus Österreich, neun aus Frankreich sowie weitere aus Skandinavien und Benelux-Staaten. Zweithöchster WertDer Corporate-Schuldscheindarlehensmarkt hatte es 2018 auf ein Neuemissionsvolumen von gut 23 Mrd. Euro gebracht. Die Zahl von 139 Darlehen entsprach sogar dem zweithöchsten Wert. Es wurden verstärkt Schuldscheine mittlerer Größenordnungen begeben, während die Zahl von großen Transaktionen im Volumen über einer halben Milliarde Euro insbesondere infolge geringerer M&A-Refinanzierungstätigkeit deutlich zurückging. Typische Zeichner sind institutionelle Anleger aus dem Banken- und Versicherungssektor, in erster Linie internationale Privatbanken, Sparkassen, Landesbanken und Genossenschaftsbanken.Die Aufnahme der Darlehen hat im zweiten Quartal nun nicht nur deutlich zugenommen. Sondern der Kreis der Kreditnehmer ist auch nochmals internationaler und hinsichtlich der Wirtschaftssektoren “sehr vielfältig” geworden, sagt Hans-Werner Grunow von Capmarcon. Damit zeige der Markt eine auch im Vergleich mit den Vorperioden außergewöhnliche Dynamik. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen von 211 Mill. Euro lag bisher nur im Rekordjahr 2016 höher. In der ersten Halbzeit 2019 begaben Unternehmen Schuldscheine über 12,8 Mrd. Euro, davon die 9,2 Mrd. Euro von April bis Juni. Im Ergebnis wurde im zweiten Quartal ein Rekordvolumen an Schuldscheinen arrangiert. Das ausstehende Schuldscheinvolumen erhöhte sich auf 129 Mrd. Euro. Zahlreiche ErsttäterDiese Entwicklung wird von vielen Debütanten getragen, also Kreditnehmern, die zum ersten Mal das Segment in Anspruch nehmen. Noch 2017 lag deren Anteil am Neugeschäft bei 32 %, jetzt sind es 54 % des Volumens gewesen. Beispielsweise kam gerade Evotec erstmals und nahm gleich 250 Mill. Euro auf.”Ausländische Unternehmen und deutsche Darlehensnehmer machten im ersten Halbjahr jeweils rund die Hälfte aus, jedoch zog der Anteil ausländischer Unternehmen im zweiten Quartal weiter an: So gab es zehn Transaktionen aus Österreich, neun aus Frankreich sowie weitere aus Skandinavien und den Benelux-Staaten”, sagt Bühner von der LBBW.Deutsche Unternehmen standen im vorigen Jahr laut Capmarcon für 55 % des Volumens, wobei ihr Anteil 2011 noch 90 % betragen hatte. Aktuell stehen die heimischen Adressen nur mehr für 49 %. Vor allem Unternehmen aus Frankreich, Österreich, der Schweiz, aber auch aus außereuropäischen Destinationen wie Indien nutzen das Instrument. Marktführer LBBW, der einen Schuldschein für die indische Reliance Industries arrangiert hat, will weitere Asiaten an das Finanzierungsinstrument heranführen. Viele ausländische Unternehmen suchten derzeit nach Möglichkeiten, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren – produktseitig und regional, so dass sich der Euro-Markt aufgrund des aktuellen Zinsniveaus als privates Instrument mit geringerem Dokumentationsaufwand als eine Anleihe anbiete. Banken wittern dadurch auch neue Geschäfte.Bei einer sich weiter verflachenden Zinsstrukturkurve sind 2019 die Risikoprämien für Scheine am langen Ende für gute Bonitäten leicht gesunken. Die Entwicklung wurde von geringfügig höheren Marktzinsen am kurzen Ende nicht kompensiert, daher ging die Verzinsung marginal zurück. Bei Laufzeiten von fünf Jahren werden laut Capmarcon je nach Rating 0,88 bis 2,02 % fällig, auf sieben Jahre 1,2 bis 2,6 und auf zehn 1,75 bis 3,3 %.Die durchschnittliche volumengewichtete Laufzeit blieb demnach weitgehend unverändert. Gleiches gelte auch für die Struktur der Laufzeiten. Sie liegt im Schnitt für neue Darlehen bei 6,8 Jahren. Am beliebtesten bei Unternehmen und Kreditgebern seien Scheine mit fünf und sieben Jahren. Deren Anteil erreichte jeweils etwa 30 %. – Wertberichtigt Seite 6