"Schutzzölle würden den Markt kaputt machen"
Das abgelaufene Geschäftjahr hat Phoenix Solar mit einem saftigen Fehlbetrag abgeschlossen. Und die Rahmenbedingungen für die deutsche Fotovoltaik bleiben angespannt. Um sich vom Heimatmarkt unabhängiger zu machen, hat der Solarkonzern seine Internationalisierung forciert und kann dabei auf die Unterstützung der Hausbanken zählen. Nach dem Übergangsjahr 2012 strebt Vorstandschef Andreas Hänel für das kommende Jahr wieder Wachstum an. Sollten auch in der EU Schutzzölle auf chinesische Solarmodule eingeführt werden, würde dies für Solar-Investoren die Renditen senken, gibt Hänel zu bedenken.- Herr Hänel, nach langem Ringen hat Phoenix Solar kürzlich grünes Licht von den Banken für den Restrukturierungsplan bekommen. Ist das Unternehmen dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen?Das würde ich nicht so sehen. Es hat länger gedauert, da wir das grüne Licht für den Sanierungsplan in den vergangenen sechs Monaten zweimal bekommen haben, einmal schon im Dezember und dann in überarbeiteter Version in Vorwegnahme der EEG-Novelle.- Skizzieren Sie doch mal den neuen Geschäftsplan, der im kommenden Jahr auch wieder eine schwarze Null beim operativen Ergebnis ermöglichen soll.Zunächst mussten wir gemeinsam mit den Beratern klären, ob das Geschäftsmodell mit den beiden Standbeinen Kraftwerke und Handelsgeschäft zukunftsfähig ist oder ob wir gravierende Veränderungen vornehmen müssen. Die Analyse hat ergeben, dass beide Segmente valide sind und uns in die Zukunft tragen können. Für die schwarze Null haben wir einen starken Fokus auf die Kostenseite gelegt. Der volle Einspareffekt mit rund 30 Mill. Euro wird erst 2013 erreicht. So können wir die schwarze Null bei einem Umsatz von etwa 280 bis 310 Mill. Euro erreichen.- Ist die Marktverfassung denn jetzt so, dass Phoenix Solar die Kreditbedingungen einhalten kann?Ja, denn genau die jetzt erwarteten Marktbedingungen haben wir unserer Planung und damit den Covenants zugrunde gelegt. Hätten wir die EEG-Novelle nicht eingepreist, dann wäre die Zielerreichung für Phoenix Solar jetzt schwieriger. So bewegen wir uns mit der Erwartung eines erneuten Umsatzrückgangs in diesem Jahr auf 210 bis 240 Mill. Euro auf der sicheren Seite.- Im vergangenen Jahr sorgte der Preisrutsch bei Modulen für hohe Abwertungen auf den Lagerbestand. Ist diese Gefahr jetzt gebannt?Die Möglichkeiten der Hersteller, Preise weiter zu senken, sind inzwischen doch sehr eingeschränkt, denn es arbeiten fast alle mit Verlust – auch chinesische Hersteller. Um mehr als 10 bis 12 % dürften die Modulpreise in diesem Jahr nicht sinken. Uns ist es gelungen, bei einem langfristigen Liefervertrag die Einkaufskonditionen bei Preis und Menge deutlich zu flexibilisieren. Dies reduziert unser Abwertungsrisiko, das uns 2011 noch stark belastet hat, erheblich.- Die Projektfinanzierung galt zuletzt als Engpass. Hat sich die Lage entspannt?Die Finanzierung von Kraftwerksprojekten ist stark länderspezifisch. In Griechenland ist Projektfinanzierung nahezu unmöglich, in Spanien und Italien schwierig, in Frankreich deutlich besser. In Deutschland finden wir weiter sehr gute Bedingungen vor, wenn die Eckdaten bezüglich der Rendite stimmen. In den USA gab es Änderungen in der Finanzierung von Kraftwerken, denn der Investitionszuschuss fällt seit Ende 2011 weg. Dafür gibt es jetzt Steueranreize in gleicher Höhe. Aufgrund des Systemwechsels hängt der US-Markt durch, bis zum Ende des Jahres dürften aber wieder Investoren mit Steuerappetit einsteigen. Wir haben kräftig investiert in das US-Geschäft, da kommt ein nicht unerheblicher Teil des Verlusts des Jahres 2011 her. Dafür ist Phoenix Solar dort schnell ins Geschäft gekommen. Jetzt gilt es, die US-Tochter zu stabilisieren und in die schwarzen Zahlen zu bringen.- Frisches Kapital ist derzeit nicht notwendig für Phoenix Solar. Denken sie perspektivisch schon darüber nach, ob die Bankenfinanzierung zum Teil durch andere Instrumente abgelöst werden kann?Jetzt sind wir erst mal glücklich und zufrieden, dass wir für die nächsten beiden Jahre eine Finanzierung haben. Das ist in diesen Zeiten mit vielen Insolvenzen in der Solarbranche ein sehr gutes Zeichen. Mir ist kein anderes Unternehmen bekannt, das eine solche Finanzierung erhalten hat, wo doch “Solar” bei den Banken derzeit als Klumpenrisiko gilt. Unsere Linien sind derzeit nur in geringem Umfang beansprucht. Aber 2013 wollen wir wieder wachsen und das muss natürlich mit entsprechender Kapitalverfügbarkeit abgedeckt sein.- Auch wenn der deutsche Markt für Phoenix Solar an Bedeutung verliert, so bleibt er doch eine Grundlage. Wie geht es eigentlich mit der Förderung der Fotovoltaik in Deutschland im EEG weiter?Es ist der erklärte Wunsch des neuen Umweltministers, noch vor der Sommerpause einen Kompromiss zu finden. Es gibt aber immer noch verschiedene Interessen in der Bundesregierung und im Bundesrat. Wirtschaftsminister Philipp Rösler holt schon wieder den Knüppel raus und drischt auf die Fotovoltaik ein – auf der anderen Seite haben wir nun einen wesentlich besonneneren Umweltminister, der erst mal mit allen reden und einen vernünftigen Kompromiss finden will. Was aus dieser Melange rauskommen soll, lässt sich schwer absehen. Ich erwarte aber insgesamt eher eine Verbesserung für die Branche.- Ist denn die Rechtssicherheit von Investitionen in der Solarbranche überhaupt noch gegeben?Was uns bleibt in Deutschland – und ich gehe davon aus, dass diese Regierung nicht davon abweicht – ist Vertrauensschutz für getätigte Investitionen. Da erkenne ich keine Aufweichungen, so wie sie in Spanien und Tschechien stattgefunden haben. Aber Neuinvestitionen sind in Deutschland kaum mehr machbar, wenn die Politik wie Ende 2011 schon über Änderungen des EEG nachdenkt, bevor die letzte Änderung überhaupt in Kraft getreten ist. Was ist das für ein Investitionsklima? Wer soll da noch Produktionsanlagen aufbauen, Projekte entwickeln oder Mitarbeiter einstellen? Deutschland gehört für die Solarindustrie nicht mehr zu den verlässlichen Ländern. Da braucht man sich über die Konsequenzen auch nicht zu wundern. Dass sich große Unternehmen, die hier viel in ihre Fertigung investierten, jetzt Knall auf Fall aus Deutschland zurückziehen, hat gute Gründe.- Würde Phoenix Solar davon profitieren, wenn auch in der EU Schutzzölle auf chinesische Solarmodule erhoben würden?Nein. Und ich behaupte mal, dass kein einziges deutsches Unternehmen davon profitieren würde – weil es den Markt kaputt machen würde. Das Preisniveau ist nun mal auf einem Level, das sich kaum noch erholen wird – und die Einspeisevergütungen sind auf dieses Niveau angepasst. Gäbe es Schutzzölle, gingen die Preise nach oben und chinesische Module wären nicht mehr attraktiv. Aber wenn die Preise steigen, sind die Margen und die Renditen geringer. In Konsequenz würden sich weniger Investoren finden, die in die Fotovoltaik investieren.- Wie stehen die Chancen für eine EU-Schutzzoll-Regel?Was in den USA passiert, kann ein Bumerang sein für den europäischen Markt; sprich die chinesischen Hersteller drücken ihre Ware noch preisaggressiver in die europäischen Märkte. Europa besteht aus Exportnationen, allen voran Deutschland. Das heißt, wir Europäer müssen bei der Errichtung von protektionistischen Handelsbarrieren gut überlegen, was das für den Export unserer eigenen Waren ins Ausland bedeutet. Es drohen Gegenmaßnahmen, ist doch klar. China hat ja schon Dumpingvorwürfe gegen die amerikanischen Siliziumproduzenten erhoben. Außerdem ist damit zu rechnen, dass sich asiatische Hersteller verstärkt in die deutsche Solarindustrie einkaufen – es gibt ja schon Partnerschaften.- Bleibt Phoenix Solar vor dem Hintergrund der Branchenkonsolidierung eigenständig oder wird der Konzern gefressen?Wir sind jetzt so aufgestellt, dass wir eigenständig bleiben können. Fürs Erste sind wir froh, dass wir in der Gesundungsphase sind – da mache ich mir über nichts anderes als das Basisgeschäft Gedanken.—-Das Interview führte Björn Godenrath