Schwaben trumpfen auf

Erster größerer Kauf eines Maschinenbauers - Kion seit 20 Jahren präsent, neuerdings mit China-Großaktionär

Schwaben trumpfen auf

Von Walther Becker, FrankfurtOhne große Schlagzeilen läuft derzeit die Übernahme eines deutschen Unternehmens mit traditionsreichem Namen durch Investoren aus dem Reich der Mitte. Der chinesische Staatskonzern Avic (Aviation Industry Corporation of China) will den Zementzulieferer KHD Humboldt Wedag International schlucken. Das asiatische Rüstungsunternehmen hält seit Ende 2010 ein Fünftel des Kapitals in Köln und bewertet KHD nun mit 320 Mill. Euro.Die Chinesen kommen. Der Drache kauft in Deutschland ein. Das ist ein inzwischen geläufiger Trend. Nun dreht der schwäbische Werkzeugmaschinenbauer Trumpf den Spieß um: Das Familienunternehmen erwirbt JFY, einen wesentlich kleineren Konkurrenten in der Volksrepublik. Das Volumen nennt die familieneigene Gruppe nicht, doch handelt es sich um die größte Übernahme der 90-jährigen Firmengeschichte. Berater und Investmentbanker beschäftigen sich gerne mit Chinesen, die hierzulande auf Einkaufstour gehen und die sie dabei gegen Honorar begleiten können, weniger aber mit der umgekehrten Richtung. Und da tut sich auch nicht so viel. Immerhin hat sich in der Autoindustrie Daimler mit 12 % an BAIC beteiligt.Ein Deal wie von Trumpf ist kein Sonntagsspaziergang. Mehr als drei Jahre sind seit der ersten Kontaktaufnahme ins Land gezogen. “Sie glauben ja gar nicht, wer alles daran geschoben hat”, berichtet ein Insider. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte auf ihrer China-Reise im August 2012 ein gutes Wort für die Schwaben eingelegt.Dabei ist JFY alles andere als ein dicker Brocken, angesichts der Größenordnungen in der Volksrepublik. 2012 wurden mit 680 Beschäftigten 67 Mill. Euro umgesetzt und operativ knapp 6 Mill. Euro verdient. Trumpf expandiert so im unteren, stark wachsenden Segment, von dem die Hochtechnologie der Schwaben weit entfernt ist, das aber in China für zwei Drittel des Marktes steht. Passen muss esGerade für kleine deutsche Maschinenbauer ist es schwierig, in China Firmen zu finden, die in der Struktur passen, heißt es beim Branchenverband VDMA in Frankfurt. Insofern setzten die Unternehmen auf Expansion aus eigener Kraft. Und anders als in anderen Sektoren wie etwa der Autoindustrie müssen Maschinenbauer – bisher jedenfalls – keine heimischen Partner ins Boot nehmen. Die Regierung beäugt Zukäufe äußerst kritisch. Für JFY musste gar das Plazet des Wirtschaftsministers in Peking eingeholt werden.In der jüngeren Vergangenheit standen deutsche Firmen auf dem Einkaufszettel von Chinesen. Jede Menge Schlagzeilen produzierte der Übergang des Betonpumpenherstellers Putzmeister an den Baumaschinenproduzenten Sany. Xuzhou Construction Machinery folgte mit dem Mehrheitserwerb des westfälischen Betonpumpenherstellers Schwing. Die chinesische LDK Solar stieg bei der angeschlagenen Solarfirma Sunways ein und der Pekinger Automobilzulieferer Lingyun übernahm mit Kiekert den Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme. ThyssenKrupp gab Tailored Blanks an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Autozulieferer ZF Friedrichshafen prüft indessen die Veräußerung der Sparte Gummi-Kunststoff nach China.Bislang größter Deal ist der vorbörsliche Einstieg des chinesischen Nutzfahrzeug- und Autozulieferers Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion. 2012 investierte die zum Baumaschinenproduzenten Shandong Heavy zählende Weichai 738 Mill. Euro. Davon entfielen 467 Mill. auf den Kaufpreis für den Erwerb von 25 % an Kion über eine Kapitalerhöhung und 271 Mill. auf den Erwerb von 70 % an Linde Hydraulics. Beim Börsengang blätterten die Chinesen weitere 328 Mill. Euro hin und halten nun 30 %.Linde Gabelstapler, die Premiummarke von Kion, ist selbst Pionier in der Volksrepublik. Im Dezember wird dort das 20-jährige Jubiläum gefeiert. 3 500 Leute sind für den Konzern heute dort tätig, ein Viertel der Entwicklungsausgaben wird in China getätigt. Und den von Trumpf jetzt angekündigten Schritt ins günstigere Segment hat Kion schon 2009 mit dem Joint Venture, dann dem Kompletterwerb von Kion Baoli (Jiangsu) Forklift gemacht.