Schwache Kalinachfrage dämpft Interesse an Sirius Minerals
Von Andreas Hippin, LondonSpotmarktpreise von bis zu 1 000 Dollar pro Tonne Kali haben vor mehr als einem Jahrzehnt für Euphorie an den Finanzmärkten gesorgt. Seitdem hat die Begeisterung für das “weiße Gold” deutlich nachgelassen. Zuletzt bekam das Sirius Minerals zu spüren. Das vor allem bei britischen Kleinanlegern beliebte britische Bergbauunternehmen musste die geplante Emission von Anleihen im Volumen von 500 Mill. Dollar mangels Interesse endgültig absagen. Damit geriet die Finanzierung für den von ihr geplanten Bau des größten Kalibergwerks der Welt in North Yorkshire ins Wanken. Denn eine erfolgreiche Emission hätte dem Unternehmen Zugang zu einer Kreditfazilität im Volumen von 2,5 Mrd. Dollar von J.P. Morgan verschafft (siehe Grafik). Das Unternehmen bat die Regierung um Unterstützung, wurde jedoch abgewiesen. “Eine verheerende Nachricht”, sagte Anna Turley (Labour), die Unterhausabgeordnete für Redcar. “Dass die Regierung sich weigert, einzuschreiten und dieses enorme Projekt zu sichern, ist eine absolute Schande.” Sirius sei für die Zukunft der ehemaligen Stahlregion Teesside von kritischer Bedeutung, sagte Andy McDonald (Labour), der Abgeordnete für Middlesbrough.Derzeit belasten gleich mehrere Faktoren die Nachfrage nach dem einst so begehrten Düngemittel: Im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten macht Farmern ungewöhnlich nasses Wetter zu schaffen. Nachgebende Palmölpreise sorgen dafür, dass in Ländern wie Indonesien und Malaysia weniger gedüngt wird. Und die Volksrepublik China führt seit dem 1. September keinen einfachen Kalidünger mehr ein. Der Düngerproduzent Mosaic will sein kanadisches Bergwerk Colonsay schließen und hat bereits begonnen, Mitarbeiter zu entlassen. Der Branchenführer Nutrien, der aus der Fusion von Potash Corp. und Agrium hervorging, will im nächsten Quartal drei seiner Bergwerke in der kanadischen Provinz Saskatchewan vorübergehend stilllegen. Und K+S kündigte gestern an, ihre Produktion von Kaliumchlorid um bis zu 300 000 Tonnen herunterzufahren. Ein Neuzugang wie Sirius ist den Branchengrößen alles andere als willkommen. Northern PowerhouseDas Werk von Sirius sollte ursprünglich 2021 an den Start gehen und 2 500 Arbeitsplätze schaffen. Zu den vollmundigen Ankündigungen der Gesellschaft gehörte, dass es als größte private Investition im Norden Englands zu einer ausgewogeneren britischen Wirtschaft insgesamt beitragen werde. Nach dem britischen EU-Austritt werde es für 2,5 Mrd. Pfund pro Jahr Düngemittel exportieren und das Handelsdefizit des Landes auf diese Weise um 7 % reduzieren. Den Beitrag des Werks zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezifferte Sirius bei voller Produktion auf 2,3 Mrd. Pfund, den zu den britischen Steuereinnahmen auf 500 Mill. Pfund. Das BIP von North Yorkshire würde um 17 % wachsen – ein starker Beitrag zum “Northern Powerhouse”, das der ehemalige Schatzkanzler George Osbourne einst beworben hatte.Zu den Plänen gehört ein 37 km langer Tunnel, der die Förderung mit einer Aufbereitungsanlage nahe dem ehemaligen Stahlwerk Redcar verbinden soll. Von dort aus will das Unternehmen das Kaliumchlorid über den Hafen Redcar Bulk Terminal, der zuvor von Tata Steel für den Import von Rohstoffen genutzt worden war, in alle Welt verschiffen. Mit dem Bau des Tunnels und der Abteufung von zwei Schächten wurde bereits begonnen.Sirius Minerals hat rund 85 000 Kleinaktionäre. Rund 10 000 von ihnen leben in der Nähe des geplanten Werks. Wenn es gut für sie ausgehen soll, braucht Sirius entweder die Unterstützung eines strategischen Investors, der die Abteufung finanziert, oder der Regierung. Dann finden sich in drei bis sechs Monaten vielleicht auch Abnehmer für Anleihen, schreibt Richard Knights, Analyst bei Liberum Capital. Denn dann hätte das Unternehmen nicht nur einen geringeren Verschuldungsgrad, sondern auch weniger Investitionen zu stemmen. Woher der strategische Investor kommen soll, lässt Knights allerdings offen.Vor vier Jahren hatte der North York Moors National Park Sirius den Bau des Kalibergwerks entgegen allen Protesten von Umweltschützern genehmigt. Der Bergbau feiert in Großbritannien eine kleine Renaissance. Um Steinkohle geht es dabei aber nicht. In Cornwall steht Lithium im Mittelpunkt. Cornish Lithium will das Metall aus lithiumhaltigen Salzwasserquellen gewinnen. Im benachbarten Devon baut Wolf Minerals Wolfram ab. Und die kanadische Dalradian Resources hat vor, ein Goldvorkommen in Nordirland zu entwickeln.