SCHWERER KONFLIKT IN DER GOLF-REGION

Schwierige Lage

Deutsche Bank und Credit Suisse haben sich von Katar abhängig gemacht

Schwierige Lage

Von Bernd Neubacher, Frankfurt, und Daniel Zulauf, ZürichDie jüngsten Veränderungen im Aktionariat der Deutschen Bank entpuppen sich als zunehmend problematisch für Deutschlands größtes Kreditinstitut. Mit dem chinesischen Konglomerat HNA und den beiden Investmentvehikeln der katarischen Herrscherfamilie halten Anleger aus autoritär regierten Staaten inzwischen immerhin knapp ein Fünftel der Anteile. Auf der Hauptversammlung am 18. Mai haben sie zudem je einen Vertreter der neuen Großaktionäre in den Aufsichtsrat gewählt: Stefan Simon nimmt dort fortan die Interessen Katars wahr, Gerd-Alexander Schütz jene von HNA.Gemäß dem von der Zeitschrift “The Economist” erstellten Demokratieindex rangieren Katar und China auf den Rängen 136 und 144 von insgesamt 167 Staaten, auf der von der Organisation “Reporter ohne Grenzen” geführten Rangliste der Pressefreiheit 2017 liegen das Scheichtum und die Volksrepublik auf 123 und 176 von insgesamt 180 Rängen. Bezugsrecht ausgeschlossenKatars Herrscherfamilie Al-Thani war 2014 über ihre auf den britischen Jungferninseln sowie den Kaimaninseln domizilierten Gesellschaften Paramount Services Holdings und Supreme Universal Holdings mit zusammen 6,1 % bei der Deutschen Bank eingestiegen, als die Bank parallel zu einer gut 6 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung über eine entsprechende Platzierung unter Ausschluss des Bezugsrechts informiert hatte.Im Zuge der 8 Mrd. Euro umfassenden Kapitalerhöhung im laufenden Jahr dürften die Gesellschaften den gemeinsamen Anteil Beobachtern zufolge auf 8 % bis 9 % heraufgeschraubt haben. HNA stockte seinen Anteil Anfang Mai auf 9,92 % auf, nachdem der Mischkonzern im Februar zunächst 3 % erworben hatte, und ist nun größter Aktionär der Deutschen Bank vor Katar. Erst Beteiligungen ab 10 % gelten als “qualifiziert” und ziehen europaweit eine Meldepflicht der Institute gegenüber der Bankenaufsicht nach sich.Die Nachricht, dass sechs arabische Länder ihre diplomatischen Beziehungen zum Scheichtum am Golf unter dem Vorwurf der Unterstützung terroristischer Gruppen abgebrochen haben, bringt die Bank nun in eine schwierige Lage. Aufsichtsrechtlich ist sie angehalten, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern und zu bekämpfen. Zugleich ist davon auszugehen, dass sie, den Gepflogenheiten der Investor-Relations-Arbeit gemäß, regelmäßig mit ihrem Großaktionär spricht.Die Bank will sich auf Anfrage nicht zu ihrer momentanen Sichtweise auf ihre katarischen Anteilseigner äußern. Auch zu Geschäftsbeziehungen zur Herrscherfamilie aus Katar äußert sich das Institut, wie im Fall von US-Präsident Donald Trump, unter Verweis auf Verschwiegenheitspflichten auf Anfrage nicht. In Katar erzielte die Bank 2016 mit drei Vollzeitangestellten keinerlei Erträge, wie der Geschäftsbericht ausweist. Im Falle der Kaimaninseln, Sitz der Supreme Universal Holdings, waren es bei 32 Vollzeitangestellten Nettoerträge von 18 Mill. Euro und ein Vorsteuerergebnis von 1 Mill. Euro.Im Institut heißt es, man sehe die beiden Gesellschaften der katarischen Herrscherfamilie als professionelle Investoren, die am Erfolg der Aktie sowie des Unternehmens interessiert seien. Für die Öffentlichkeit bleibt die Agenda des Großaktionärs wie auch im Fall HNA letztlich im Dunkeln. Wie im Fall der Deutschen Bank hatten sich die katarischen Anlagevehikel auch bei Barclays und Credit Suisse engagiert, nachdem sich die Institute in eine prekäre Situation manövriert hatten. Wie Deutsche Bank und Barclays hat sich auch Credit Suisse von Katar abhängig gemacht. An der schweizerischen Bank besitzen die Kataris aktuell 5,1 % der Aktien. Zudem haben sie dem Institut 1,7 Mrd. Dollar und 2,5 Mrd. sfr in Form sogenannter Pflichtwandelanleihen (Coco) ausgeliehen. Diese Anleihen sind so ausgestaltet, dass sie sich im Krisenfall in Aktien verwandeln. Für die Inkaufnahme dieses Risikos werden die Gläubiger reichlich entschädigt. Die Anleihen werden zu 9,5 % beziehungsweise zu 9 % im Jahr verzinst.Aus diesen beiden Anleihen besitzen die Kataris Erwerbsrechte am Aktienkapital von 12,96 %. Die Bank überweist somit jährlich umgerechnet 388 Mill. Dollar nach Katar, wie eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage erklärt. Dazu kommen Dividendenzahlungen.Im großen Stil waren die Scheichs im Herbst 2008 bei Credit Suisse eingestiegen. Damals war es für die Credit Suisse darum gegangen, die Bank vor einer staatlichen Rettungsaktion zu bewahren, wie sie die UBS über sich ergehen lassen musste. Der damalige Credit-Suisse-Chef Brady Dougan begründete die private Rekapitalisierung der Bank mit dem Argument, der Markt würde dies als ein Zeichen der Stärke werten. Die Möglichkeit, dass die Politik Einfluss auf die Geschäfte nehmen könnte, hätte kaum Einfluss auf die Entscheidung gehabt, sagte der US-Amerikaner nach Abschluss der Transaktion. Die Verbindungen zwischen der Credit Suisse und dem kleinen, aber reichen Golfstaat gehen dem Vernehmen nach aber bis in die erste Hälfte des vergangenen Jahrzehnts zurück. Über deren Ursprung weiß man wenig, außer vielleicht, dass die Kataris im Bestreben, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit vom Erdgas zu lösen, schon vor langer Zeit ein Auge auf das internationale Investment Banking geworfen hatten.Inzwischen wird indessen gemunkelt, dass sich die Verbindung zwischen Doha und Zürich jüngst etwas gelockert haben könnte. So ist im Frühjahr mit Jassim Al Thani ein Vertreter der katarischen Herrscherfamilie aus dem Credit-Suisse-Verwaltungsrat zurückgetreten. Eine offizielle Begründung dazu gab es nicht. Der Scheich ist erst 35 Jahre alt. Eine Banksprecherin betont auf Anfrage, die Beziehungen zu den Großaktionären aus Katar seien gut und stark und nicht abhängig von einer Vertretung im Verwaltungsrat.