Sensetime sieht Zeit fürs IPO gekommen
nh Schanghai – Chinas führende Adresse im Bereich der Gesichtserkennungstechnologie und anderer Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI) steht dem Vernehmen nach in ernsten Vorbereitungen für den seit längerem erwarteten Börsengang. Da Sensetime zum Kreis der chinesischen Technologiefirmen gehört, die im Zuge der bilateralen Streitigkeiten zwischen China und den USA von der Washingtoner Regierung offiziell angefeindet worden sind, verbietet sich der von chinesischen Start-up-Unternehmen gerne gewählte Gang an die Nasdaq. Vielmehr tendiert die Gesellschaft nun zu einem IPO in der Sonderverwaltungszone Hongkong, wodurch auch globale Investorenkreise angezapft werden können.Aller Voraussicht nach wird Sensetime sogar einen dualen Aufschlag mit einem parallelen Listing in Hongkong sowie auf dem chinesischen Festland landen. Gegenwärtig sieht man einen regelrechten Schwall an chinesischen Technologiefirmen und Start-ups, die sich für ein Börsen-Rendezvous in Hongkong oder im Star Market genannten Segment für IPOs von Technologie-Adressen an der Börse Schanghai interessieren und dabei mit einer begeisterten Anlegerresonanz rechnen können. Neue FinanzierungsrundeIm Zuge dieser Dynamik will Marktteilnehmern zufolge auch Sensetime auf die Tube drücken. Die Firma beeilt sich, eine letzte den Börsengang vorbereitende Finanzierungsrunde unter Dach und Fach zu bringen. Die gegenwärtig auf einen impliziten Marktwert von rund 8,5 Mrd. Dollar (7,2 Mrd. Euro) veranschlagte Sensetime dürfte im Rahmen der neuen Kapitalrunde weitere 1,5 Mrd. Dollar einsammeln, heißt es. Zu den bisherigen Finanzinvestoren der Gesellschaft gehört ein illustrer Kreis von Beteiligungsgesellschaften und Technologiefirmen, darunter die japanische Softbank Group, der Staatsfonds Temasek aus Singapur und der chinesische Technologiekonzern und E-Commerce-Riese Alibaba.Die offiziell in Hongkong beheimatete Sensetime ist im Rahmen immer neuer Anwendungen von Gesichtserkennungstechnologie durch den chinesischen Verwaltungsapparat, aber auch durch zahlreiche Privatfirmen auf einem steilen Wachstumspfad. Im Geschäftsjahr 2019 kletterten die Erlöse um 147 % auf gut 5 Mrd. Yuan (610 Mill. Euro). Dabei schwoll die Zahl der Kunden von KI-Lösungen von 500 auf 1 200 an.Für das laufende Jahr hat Sensetime eine Wachstumsmarke bei 80 % angesetzt, damit würden die Umsätze auf etwa 9 Mrd. Yuan anziehen. Zu den jüngsten Anwendungen von Sensetime-Technologie gehören KI-gesteuerte Überwachungskameras, die für die Einhaltung von Schutzregeln im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie sorgen sollen. Im ÜberwachungsstaatSo wurden in einer Reihe von chinesischen Großstädten an besonders stark frequentierten Punkten, wie U-Bahn-Stationen und zentralen Marktplätzen, Überwachungsanlagen installiert, mit denen sowohl eine Temperaturmessung vorgenommen wie auch die Einhaltung der Schutzmaskentragepflicht beobachtet werden kann. Dabei erlaubt die Sensetime-Gesichtserkennungstechnik auch beim Tragen von Masken eine Zuordnung der überwachten Personen mit der chinesischen Personalausweis-Datenbank.