Shop Apotheke setzt auf Börsenrezept

OTC-Versender will 100 Mill. Euro zur Wachstumsfinanzierung aufnehmen

Shop Apotheke setzt auf Börsenrezept

wb Frankfurt – Die niederländisch-deutsche Shop Apotheke Europe sucht ihr Heil an der Börse. Mit Citi und Berenberg sowie der Commerzbank will der defizitäre Versandhändler über die Platzierung einer Kapitalerhöhung Mittel für das Wachstum aufnehmen. Die Bewertung wird in Finanzkreisen auf etwa 350 Mill. Euro “post money” geschätzt. Die von der Kölner Apothekerfamilie Weber 2001 gegründete Firma lässt sich beim Weg in den Prime Standard von Lilja & Co. beraten.Vorgesehen ist den Angaben zufolge eine Kapitalerhöhung von circa 100 Mill. Euro. Hinter dem Unternehmen, das anders als Doc Morris keine rezeptpflichtigen, sondern Over-the-Counter-Produkte sowie Kosmetika im Versand vertreibt, stehen keine Finanzinvestoren, sondern das Management und private Investoren. Die Erstnotiz dürfte in der zweiten Oktoberwoche sein. Vergleichbare Unternehmen gebe es an der Börse bisher nicht.Der frühere Fresenius- und Hoechst-Manager Ulrich Wandel ist seit 2010 CFO, der einst für Hoechst tätige Michael Köhler CEO. Mitgründer Stephan Weber ist Vize und verantwortet Verkauf und Marketing.2010 übernahm die Europa Apotheek Venlo (EAV) die Shop Apotheke. Diese zählte damals zum US-Konzern Medco, die inzwischen an den Rivalen Express Scripts ging. Zwei Jahre später endete die Verbindung von EAV zu Medco, und seit vorigem Jahr ist auch die Shop Apotheke wieder unabhängig. Bis heute sitzt sie im niederländischen Venlo. Denn in Holland kann anders als in den meisten EU-Ländern auch eine juristische Person Eigentümer einer Apotheke sein. Umgesetzt wurden 2015 rund 125 Mill. Euro, in den ersten sechs Monaten 2016 waren es den Angaben zufolge 82 Mill. Euro. Sogar vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) ist die Gruppe im Minus; das Kerngeschäft Deutschland sei aber operativ profitabel.Rund 1,5 Millionen aktive Kunden nutzen das Angebot der Online-Shops, wobei über 70 % der Bestellungen von Bestandskunden stammten. Neben Deutschland ist das Unternehmen mit Online-Ablegern auch in Österreich, Frankreich und Belgien tätig. Mit der Integration der belgischen Farmaline vor wenigen Tagen expandiere das Geschäft nach Italien und Spanien.Da der Online-Handel mit Medikamenten auf den kontinentaleuropäischen Märkten außerhalb Deutschlands mit einem Anteil von 2 % (2015) in Bezug auf Marktdurchdringung noch schwach sei, traut sich Shop “erhebliche Wachstumschancen” zu. Den Angaben zufolge umfasst der Markt für rezeptfreie Medikamente und apothekenübliche Beauty- und Pflegeprodukte in Kontinentaleuropa 2015 rund 33 Mrd. Euro. Während in Deutschland inzwischen 13,5 % dieser Produkte via Internet bestellt würden, stecke der Internethandel in großen europäischen Märkten wie Italien oder Spanien noch in den Kinderschuhen. Anders als in nahezu allen wesentlichen Einzelhandelsbranchen in Kontinentaleuropa existierten im Apothekengeschäft weder online noch offline starke Marken, die ihren jeweiligen Markt dominieren. Auflagen für den Medikamentenversand verhinderten, dass Generalisten in dem Markt aktiv würden.