Siemens auf Kurs zu den Jahreszielen
Siemens hält trotz fehlender Impulse aus dem kurzzyklischen Geschäft an der Jahresprognose fest. Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser sprach mit Blick auf das zweite Quartal von einer überzeugenden Leistung. Die Konsolidierung in der Windkraftindustrie möchte der Konzern mitgestalten. Kaeser warb für das Freihandelsabkommen TTIP.mic München – Nach einem hochmargigen zweiten Quartal bestätigt Siemens die Ziele für das Geschäftsjahr. Vorstandschef Joe Kaeser sagte bei Vorlage des Zwischenberichts aber, dass sich die sehr profitablen kurzzyklischen Geschäfte im zweiten Halbjahr möglicherweise nicht beleben würden. Ursprünglich war dies als Voraussetzung dafür genannt worden, dass im industriellen Kerngeschäft eine Ergebnismarge von 10 bis 11 % erreicht wird. Nach der ersten Hälfte des Geschäftsjahres stehen auch dank eines Sondereffekts 10,7 % zu Buche. Plädoyer für TTIPNun geht Siemens davon aus, eventuell ausbleibende Gewinne kompensieren zu können. Finanzvorstand Ralf Thomas verwies auf gut laufende Windkraftaktivitäten und die Qualität der Marge im breiten Geschäft, die ausbleibenden Sonderlasten im Projektgeschäft sowie das um 50 Mill. Euro auf 850 bis 950 Mill. Euro erhöhte Einsparziel: “Das macht uns auch zuversichtlich, unsere Guidance trotz der möglicherweise nicht unterstützenden Rahmenbedingungen im zweiten Halbjahr aus der Kurzzyklik aufrechterhalten zu können.” Zudem sollten die Underperformer im Portfolio ihre Marge von 1 % im Vorjahr auf 3 % erhöhen.Kaeser erklärte, die Bereinigung der angesammelten Vorräte in den Distributionskanälen habe später als gedacht begonnen: “Es hat sich alles etwa um ein bis eineinhalb Quartale verzögert.” Trotzdem ortete der Siemens-Chef ermutigende Signale im Software-Geschäft. Außerdem registriert er ein gewachsenes Selbstbewusstsein bei den Abnehmern der Siemens-Kunden im Maschinenbau. Zuletzt hatte Siemens bei den kurzzyklischen Aktivitäten vor allem einen Einbruch in China, aber auch einen moderaten Rückgang in Deutschland und eine leicht negative Entwicklung in den USA verzeichnet. Auf eine schnelle Erholung des Maschinenbaus in den USA würde er nicht wetten, sagte Thomas im Gespräch mit Analysten.Kaeser machte sich für das Freihandelsabkommen TTIP stark. Siemens und einige andere große deutsche Unternehmen bräuchten diesen Vertrag nicht, weil sie ohnehin starke lokale Wertschöpfung in den USA hätten: “Aber viele Mittelständler und kleine Unternehmen haben diese lokalen Möglichkeiten nicht.” Gerade für sie sei die Abschaffung von Handelsbarrieren entscheidend.Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr sagte Kaeser, der Abbau von 2 500 Stellen in der Division Antriebstechnik und Prozessindustrie werde zwischen 200 und 300 Mill. Euro kosten. Dies werde im vierten Quartal verbucht. Die Sparte, die unter der Flaute in den Abnehmerbranchen Ölförderung und Bergbau leidet, musste im zweiten Quartal als einzige Siemens-Aktivität einen relevanten Umsatzrückgang (währungsbereinigt – 3 % auf 2,1 Mrd. Euro) bei sinkender Marge (von 4,6 % auf 4,1 %) melden. Die Kosten des übrigen Personalabbaus würden in der zweiten Jahreshälfte etwa auf dem Niveau des ersten Abschnitts liegen, sagte Thomas. Im industriellen Geschäft waren von Oktober bis März 139 Mill. Euro verbucht worden.Kaeser brachte keine Neuigkeiten zur Hängepartie beim spanischen Windkraftanlagenbauer Gamesa mit. Siemens bastelt an einer Übernahme. Kaeser ließ keinen Zweifel daran, dass die Münchner ihre Windkraft-Division ausbauen wollen: “Wir werden zu denen gehören, die die Konsolidierung in der Branche vorantreiben.” Mehr könne er nicht sagen. Siemens lasse sich von Verzögerungen nicht unter Druck setzen. Hohe InvestitionenNach Enttäuschungen in früheren Quartalen hat die Sparte Windkraftanlagen im zweiten Quartal einen Gewinnsprung hingelegt. Die Marge liege wegen Projektabschlüssen mit 9,4 % auf einem außergewöhnlich hohen Niveau, sagte Kaeser. Auch wenn dies nicht zu halten sei, rechne er fest damit, dass die Marge im weiteren Verlauf des Geschäftsjahres im Zielband von 7 % bis 10 % liegen werde. Nach dem Halbjahr sind 7,1 (i.V. 1,3) % erreicht.Kaeser sprach von einer überzeugenden Leistung im zweiten Quartal auch im Vergleich zur Branche. “Beim Umsatz setzte sich der bereits in den Vorquartalen erkennbare positive Trend fort”, sagte er. Bereinigt um Währungseffekte legte er um 7 % auf 19,0 Mrd. Euro zu. Allerdings gehen zwei Punkte auf Unternehmenskäufe zurück. Kaeser sagte, Siemens wachse stärker als die meisten Wettbewerber und gewinne Marktanteile vor allem im Turbinengeschäft. Siemens investiert dafür unverändert viel Geld. Der F & E-Etat wurde im ersten Halbjahr um gut 110 Mill. Euro aufgestockt, für Vertrieb/Verwaltung wurden gar rund 350 Mill. Euro mehr spendiert.Hohe Umsatzzuwächse meldet die konventionelle Kraftwerkstechnik (währungsbereinigt 15 %), großteils aus dem Zukauf von Dresser Rand. Aber auch der Projektanlauf für den Kraftwerksgroßauftrag in Ägypten schlägt sich hier nieder. Die Division habe eine starke Leistung abgeliefert, lobte Kaeser. Die Windkraft-Sparte wächst aus eigener Kraft (währungsbereinigt um 18 %).Der Auftragseingang stieg im zweiten Quartal dank der Wind- und Kraftwerkssparte um 7 %. Euro verschafft ExtragewinnIm industriellen Geschäft stieg die Marge im zweiten Quartal von 9,0 % auf 10,9 %. Ohne die Kosten des Personalabbaus wären es sogar 11,4 % gewesen (siehe Grafik). Allerdings gehen 0,6 Prozentpunkte auf die Lockerung der Sanktionen gegen den Iran zurück. Ein Umsatz von 174 Mill. und ein Ergebnis von 130 Mill. Euro wurden erfasst. Durch das Hedging verzögerte Währungseffekte stützten die Marge laut Thomas mit 0,5 Punkten. Der Währungseffekt werde auch im dritten Quartal noch spürbar sein und dann auslaufen.—– Wertberichtigt Seite 8