Ausfallrisiko

Siemens Energy forscht nach den Ursachen für das Windkraftdesaster

Mit einem Sonderausschuss reagiert der Aufsichtsrat des Konzerns auf die abermaligen und verschärften Schwierigkeiten der Tochterfirma Siemens Gamesa. Geklärt werden soll auch die Frage, wer hat wann was gewusst?

Siemens Energy forscht nach den Ursachen für das Windkraftdesaster

Siemens Energy forscht nach Ursachen

Aufsichtsrat will mit Sonderausschuss das Desaster des Windkraftgeschäfts aufklären

jh München

Siemens Energy geht dem jüngsten Desaster des Windkraftgeschäfts auf den Grund. Der Aufsichtsrat hat in diesen Tagen einen Sonderausschuss gegründet, das Management des Tochterunternehmens Siemens Gamesa eine Task Force, der auch externe Fachleute angehören. Siemens Energy will auf diese Weise die Ursachen der erheblichen technischen Probleme von Windturbinen für installierte Anlagen an Land aufklären und „mehrere Sicherheitsstufen einbauen“, um eine Wiederholung zu verhindern, wie es aus dem Aufsichtsrat heißt.

So werde der Frage nachgegangen, wer im Unternehmen wann was gewusst habe. Zudem solle geklärt werden, warum die erwarteten Schäden nicht erkannt worden seien, als Siemens Energy die vor kurzem abgeschlossene vollständige Übernahme von Gamesa vorbereitet hat. Von großer Bedeutung sei die Antwort auf die Frage, ob die Technikprobleme am Design der Turbinen lägen. Sollte dies der Fall sein, wären die Schwierigkeiten nicht rasch zu lösen, heißt es. Aufträge würden sich verzögern, was eine Unterauslastung der Fabriken bedeuten könnte.

Lienhard leitet Ausschuss

Dem Sonderausschuss gehören je vier Mitglieder der Kapital- und Arbeitnehmerseite des Aufsichtsrats an. Leiter ist Hubert Lienhard, der zweite stellvertretende Vorsitzende und frühere Chef von Voith. Der Aufsichtsratsvorsitzende Joe Kaeser ist nach den Informationen als Gast dabei. Vor zwei Wochen hatte Siemens Energy, wie berichtet, mit der Warnung vor einer Sonderbelastung des Tochterunternehmens Siemens Gamesa von mehr als 1 Mrd. Euro und vor einem deshalb höheren Jahresverlust die Investoren kalt erwischt.

Der Aktienkurs stürzte an jenem Tag um 37% ab auf 14,65 Euro ab und liegt aktuell nach einer Erholung auf 16,40 Euro wieder unter 15 Euro. Die erwartete Höhe des Milliardenschadens, der bisher als nach oben offen bezeichnet wird, will der Vorstand mit den Zahlen für das dritte Geschäftsquartal am 7. August beziffern.

Vertrauen ins Management

Dann soll auch über die Folgen für die Finanzen des Unternehmens informiert werden. Siemens Energy erwartet, dass die Belastung auf etwa fünf Jahre verteilt abgearbeitet wird. Der freie Cashflow wird deshalb wohl für längere Zeit schwächer ausfallen. Ob die Kapitalausstattung genügt oder eine Erhöhung notwendig wird, ist bisher unklar.

Wie aus dem Aufsichtsrat zu hören ist, genießen die Vorstandsvorsitzenden von Siemens Energy, Christian Bruch, und von Siemens Gamesa, Jochen Eickholt, nach wie vor das Vertrauen des Kontrollgremiums. Sie seien die Richtigen, um die Probleme zu lösen. Das könne sich allerdings ändern, falls die Untersuchungen ergäben, dass die Manager die Schwierigkeiten früher hätten erkennen müssen.

Anteil der Lieferanten

Zudem geht Siemens Energy der Frage nach, welchen Anteil Zulieferer an den erwarteten höheren Ausfallraten von Komponenten der Windturbinen haben. Es heißt, diese hafteten aber nur in Höhe ihrer Lieferungen, nicht für Reparaturen oder eine geringere Leistung der Anlage. Für diesen Mangel müsste Siemens Gamesa aufkommen.

Die Probleme beschränken sich nach den Angaben auf die Turbinen 4.X und 5.X. Von der Onshore-Plattform 5.X seien 800 gebaut und 100 an Kunden übergeben worden. Die Stückzahl der 4.X sei etwas höher, deren Ausfallwahrscheinlichkeit aber geringer. Insgesamt hat Siemens Gamesa bisher 63.000 Turbinen installiert.

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