Siemens streicht 2 900 Arbeitsplätze in Deutschland

Interessenausgleich in der Kraftwerksparte - Milliardenauftrag aus Irak erhofft

Siemens streicht 2 900 Arbeitsplätze in Deutschland

jh München – Siemens baut in Deutschland in den nächsten zwei Jahren 2 900 Stellen ab, den größten Teil davon in der Sparte konventionelle Kraftwerke. Das sind 500 weniger, als der Konzern vor knapp einem Jahr angekündigt hatte. Darauf einigte sich die Unternehmensleitung mit dem Gesamtbetriebsrat.Am Ziel, die Kosten in der Division Power and Gas (PG) weltweit um rund 500 Mill. Euro zu senken, hält Siemens fest. 270 Mill. Euro davon sollen die Standorte in Deutschland beitragen. Der Großteil der Einsparungen werde in den nächsten zwei Jahren erzielt, kündigte Janina Kugel, Personalvorstand von Siemens, in einer Telefonkonferenz an. Der Anteil im Jahr 2019 werde aber noch relativ gering sein.Der Stellenabbau fällt niedriger aus als zunächst geplant, weltweit waren 6 900 vorgesehen. Der Grund: Siemens schließt das Werk in Görlitz (Sachsen) nicht und erhält eine Fertigung im Berliner Dynamowerk. Wie viele Arbeitsplätze nun insgesamt in der Welt wegfallen, lässt sich nach Kugels Worten noch nicht sagen.Die Entscheidung für Görlitz war bereits im Mai gefallen (vgl. BZ vom 9. Mai). Zuvor hatten die Beschäftigten, die IG Metall und Politiker gegen eine Schließung protestiert. Von den 800 Mitarbeitern in Görlitz verlieren rund 170 ihren Arbeitsplatz.Die meisten Stellen fallen in zwei Werken in Berlin (700) weg, in Mülheim (600) und in Erlangen (500). Eine der beiden Fabriken in Berlin ist das Dynamowerk, das zur Division Antriebstechnik (PD) gehört. “Für das Werk in Leipzig ist ein Verkauf der präferierte Weg”, sagte Kugel. Wie schon im Mai in einem Eckpunktepapier vereinbart, gibt Siemens den Standort Offenbach auf.”In den vergangenen Monaten haben sich die Marktprognosen noch einmal deutlich verschlechtert”, berichtete Kugel über die Aussichten für das Geschäft mit konventionellen Kraftwerken. Der Abbau von Arbeitsplätzen sei “nur eine Maßnahme zur dringend notwendigen Verbesserung der Kostenposition”. Mit dem Interessenausgleich seien auch strukturelle Veränderungen vereinbart worden. Kugel nannte als Ansatzpunkte die Fertigungstiefe, das Portfolio und das Bündeln von Kapazitäten einzelner Werke. Die Kosten für die Restrukturierung schätzen Aktienanalysten auf eine halbe Mrd. Euro.Derweil kann die Kraftwerksparte auf einen Milliardenauftrag aus dem Irak hoffen. Konzernchef Joe Kaeser traf sich mit dem irakischen Premierminister Haider al-Abadi. Auch Thomas Bareiß (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, nahm an dem Gespräch in Bagdad teil. Siemens hatte im Frühjahr 2016 mit der irakischen Regierung vereinbart, ein Energiekonzept für das Land zu entwickeln. Nach dem Vorschlag von Siemens sollen innerhalb von vier Jahren elf Gigawatt Stromerzeugungskapazität entstehen. Zur Größe des möglichen Auftrags äußert sich Siemens nicht. Ein Auftrag aus Ägypten für 16,4 Gigawatt hatte ein Volumen von 8 Mrd. Euro. Die 2015 vergebene Order ist bisher die größte für Siemens. Konkurrent General ElectricIraks Regierung hat sich noch nicht entschieden. Der US-amerikanische Konzern General Electric bewirbt sich ebenfalls um den Auftrag. Die Chancen von Siemens seien hoch, sagte der stellvertretende Minister für Elektrizität, Adel Jeryan, laut der Nachrichtenagentur Bloomberg.Sollte der Münchner Konzern in Bagdad den Zuschlag erhalten, wird dies nach Ansicht der britischen Investmentbank Barclays die Kapazitäten im Bau von konventionellen Kraftwerken zwar für einige Zeit auslasten. Eine Lösung für die strukturellen Probleme im Großturbinengeschäft sei das aber nicht.—– Wertberichtigt Seite 8