Sinch peilt mit SAP-Sparte neue Dimension an
Von Sebastian Schmid, FrankfurtDer schwedische Cloud-Kommunikationsdienstleister Sinch zahlt 225 Mill. Euro netto für SAP Digital Interconnect (SDI). Der Walldorfer Softwarekonzern zählt seine Kommunikationsdienst-Sparte, die unter anderem für die Übermittlung von Mails, Whatsapp oder SMS sorgt, schon länger zu den Randgeschäften, die er auch abgeben würde. Der Verkaufsprozess für SDI wurde dem Vernehmen nach früh im ersten Quartal gestartet. “Wir haben uns dabei gegen andere Bieter durchgesetzt. Das war unsere bislang größte Transaktion”, sagt Robert Gerstmann, der das Unternehmen 2008 mitgegründet hat.Der Zukauf der im Silicon Valley ansässigen SAP-Division katapultiert Sinch in eine neue Größenordnung. SDI hat in den zurückliegenden zwölf Monaten bis Ende März rund 330 Mill. Euro erlöst und dabei vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 15,4 Mill. Euro verdient. Sinch kam im vergangenen Jahr auf 5,6 Mrd. skr (526 Mill. Euro) Umsatz und erwirtschaftete damit ein Ebitda von umgerechnet knapp 61 Mill. Euro. Damit wird der Umsatz dank SDI um mehr als die Hälfte und das Ergebnis um gut ein Viertel wachsen. Zudem stärken die Skandinavier ihre Präsenz im Silicon Valley und in den USA, wie Gerstmann betont.Einem SAP-Sprecher zufolge gab es wenig Überschneidungen von SDI zum Kerngeschäft mit Unternehmenssoftware. Auch der Vertrieb fand weitgehend eigenständig statt. Künftig werden die Walldorfer lediglich einen kleinen Teil des Supports für die veräußerte Geschäftssparte übernehmen. Das Gros gehe auf Sinch über – eine Zustimmung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden vorausgesetzt.SDI erreicht laut SAP-Vorstand Thomas Saueressig 99 % der weltweiten Mobilfunkteilnehmer und hat 2019 mehr als 290 Milliarden Carrier-Nachrichten verarbeitet. Eine eingehende Prüfung durch die Kartellwächter wird erwartet. “Wir rechnen damit, dass es zu Prüfungen der Wettbewerbshüter in verschiedenen Ländern wie Deutschland oder den USA kommt. Aus unserer Sicht ist der Markt aber noch fragmentiert genug, so dass wir denken, dass grünes Licht gegeben wird”, zeigt sich Gerstmann optimistisch. Laut SAP ist mit einem Abschluss erst im zweiten Halbjahr zu rechnen.Die Anleger der in Stockholm gelisteten Sinch reagierten positiv auf den Zukauf. Die Aktie verteuerte sich am Dienstag um 5 % auf 523 skr. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Börsenwert der Schweden auf umgerechnet 2,9 Mrd. Euro fast verfünffacht. Das Gros der Aktien liegt bei skandinavischen Pensionsfonds. Allerdings halten Gerstmann und die anderen Mitgründer auch noch mehr als 28 % der Anteile.Ende März hatte Sinch im Rahmen einer weit überzeichneten Kapitalerhöhung umgerechnet 141 Mill. Euro eingeworben. Die Aktien waren damals zu je 300 skr ausgegeben worden. Laut Gerstmann wird das Unternehmen die SDI-Übernahme aus der Barreserve und über Bankdarlehen finanzieren. Ende März hatte das Unternehmen 191 Mill. Euro auf der hohen Kante.