IM BLICKFELD

So ist Fußball

Von Stefan Paravicini, Frankfurt Börsen-Zeitung, 21.8.2014 "So ist Fußball, da geht es um Emotionen", gab Oliver Kahn, Fußball-Torwart und "Titan" im Ruhestand, vor wenigen Wochen wieder einmal zu Protokoll. Die Floskel gehört zu den am häufigsten...

So ist Fußball

Von Stefan Paravicini, Frankfurt”So ist Fußball, da geht es um Emotionen”, gab Oliver Kahn, Fußball-Torwart und “Titan” im Ruhestand, vor wenigen Wochen wieder einmal zu Protokoll. Die Floskel gehört zu den am häufigsten bemühten Plattitüden der Fußballberichterstattung. Inwiefern sich der Sport damit zum Beispiel von Federball oder Curling unterscheidet, wo man sich ebenfalls über das Gelingen einer Aktion freut und über Fehler ärgert, bleibt häufig im Unklaren, auch wenn sich so profunde Branchenkenner wie Kahn, Ex-Keeper und “emotionaler Leader” des FC Bayern und der Deutschen Nationalmannschaft, zur Sache äußern. Fußball ist im Vergleich zu diesen Randsportarten – und was wäre neben Fußball keine Randsportart – vor allem ein Riesengeschäft.Wenn die erste Fußball-Bundesliga am Freitag mit dem Spiel der Bayern gegen den VfL Wolfsburg in ihre 52. Spielzeit startet, wird man den Binsen von der Emotionalität des Fußballs dennoch viel Platz zur besten Sendezeit einräumen. Denn sie gehört zum Markenkern der Bundesliga, deren Mitglieder sich vor 14 Jahren in einem Ligaverband zusammenschlossen und das gemeinsame Produkt seither erkennbar professionalisiert und kommerzialisiert haben. Die Erlöse der 18 Vereine in der höchsten Spielklasse haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt und lagen in der Spielzeit 2012/2013 schon bei knapp 2,2 Mrd. Euro. Der Erlösmix der Liga hat sich nach dem milliardenschweren Deal mit Sky Deutschland noch einmal in Richtung Medienverwertung verschoben (siehe Grafik).”Das ist anders als ein Manager-Meeting drei Stunden in irgendeinem Hotel”, gab Oliver Kahn in dem angesprochenen Interview mit Blick auf die Emotionalität des Fußballs noch zu bedenken. Die Führungskräfte unter den durchschnittlich knapp 42 000 Zuschauern, die in der abgelaufenen Spielzeit zu jedem Bundesligaspiel pilgerten, werden das bestätigen. Für die neue Spielzeit haben die Fans den Clubs im Vorverkauf fast eine halbe Million Dauerkarten aus den Händen gerissen. Dax-Konzerne spielen mitDie Bundesliga zieht aber nicht nur immer mehr Zuschauer, sondern auch Unternehmen an, die ebenfalls auf die Emotionalisierung ihrer Marke setzen. Adidas, die Allianz und die VW-Tochter Audi haben sich allesamt beim Branchenprimus in München eingekauft. Volkswagen leistet sich mit dem VfL Wolfsburg außerdem ein Bundesliga-Engagement in Eigenregie, das 2009 mit der Meisterschaft für Furore sorgte. Mit Bayer 04 Leverkusen spielt sogar noch eine echte Werkself aus dem Dax mit, selbst wenn die Fußballprofis schon lange aus dem 1904 gegründeten Turn- und Sportverein des Pharmakonzerns ausgegliedert wurden.Auf den Trikots der Bundesligateams zeigt der Dax ebenfalls Flagge. Die Deutsche Telekom ist bei den Bayern engagiert und überweist dafür 30 Mill. Euro jährlich. Volkswagen lässt sich die Präsenz auf dem Wolfsburg-Dress gut 20 Mill. Euro kosten, während das Logo von Konkurrent Daimler beim VfB Stuttgart zuletzt schon für 7 Mill. Euro auf die Arbeitskleidung geflockt wurde. Die Deutsche-Bank-Tochter Postbank legt bei Borussia Mönchengladbach 6 Mill. Euro jährlich hin. Der Softwarekonzern SAP, der gerade die Kooperation mit dem FC Bayern ausgeweitet hat, zahlt in Hoffenheim kolportierte 5,5 Mill. Euro – das Engagement von SAP-Mitgründer und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp nicht eingerechnet.Für Anleger hat die Bundesliga vergleichsweise wenig zu bieten. Borussia Dortmund, der einzige börsennotierte Bundesligaverein, konnte zuletzt zwar nicht nur auf dem Rasen, sondern auch auf dem Parkett Erfolge feiern. Neben der Champions League spielt der BVB immerhin im SDax mit und kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von rund 330 Mill. Euro. Die anderen Clubs der ersten Liga denken aber nicht an einen Börsengang, wie eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY unter den Vereinen zeigt. Den künftigen Finanzierungsbedarf wollen sie vor allem mit dem Ausbau des Sponsorings, mit Anleihen und mit Hilfe von Finanzinvestoren stemmen (siehe Grafik). Auch die Dortmunder suchen nach dem Einstieg von Trikotsponsor Evonik noch zwei weitere Partner, die sich möglichst noch bis Ende September beteiligen sollen. Fan- geht vor AktienkulturIn den Fußballstadien sorgt man sich ohnehin mehr um die Fan- als um die Aktienkultur. Denn Clubs wie der RB Leipzig – derzeit noch zweite Liga, wo der Club vom Brauseverkäufer Red Bull aber nicht nur mit Taurin vollgepumpt wird – künden von einer Zukunft, in der die Vereine ganz in ihrer Funktion als Markenbotschafter für Gedöns aufgegangen sind. Der Kölner Fußball-Prinz Lukas Podolski hat sich gerade an einem Basketballclub beteiligt. Dass “Poldi” die Tücken des Fußballgeschäfts kennt, hat er schon 2006 mit dem Fußballspruch des Jahres nachgewiesen: “So ist Fußball. Manchmal gewinnt auch der Bessere.”