Softbank schluckt Chip-Entwickler ARM
Wenige Wochen nach dem Brexit-Votum bahnt sich in Großbritannien eine der größten Übernahmen in der europäischen Hightech-Branche an. Der japanische Telekomkonzern Softbank kauft den Chipentwickler ARM Holdings mit Sitz in Cambridge für umgerechnet 29 Mrd. Euro.mf Tokio – Im Vertrauen auf einen Paradigmenwechsel in der Kommunikationstechnik stemmt die japanische Softbank-Gruppe die größte Übernahme ihrer Geschichte in Europa: Die Japaner kaufen ARM, den britischen Weltmarktführer für das Design von mobilen Chips, komplett für 24,3 Mrd. Pfund (umgerechnet 29 Mrd. Euro) in bar. 41 Prozent PrämieDie Japaner bieten 17 Pfund je Aktie. Davon sind 1,4 % bereits im Besitz von Softbank. Das Barangebot liegt 41 % über dem Schlusskurs vom Freitag und dem Rekordhoch vom März 2015. Zudem werden die Zwischendividende von 3,78 Pence im Oktober und die Jahresdividende 2016 von 6,76 Pence im Mai 2017 ausgezahlt. Dabei konnten die Japaner die Gunst der Stunde am Devisenmarkt nutzen: Das Pfund hatte seit dem Brexit-Votum bis Montag um 13 % zum Yen nachgegeben. Im gleichen Zeitraum war die Aktie von ARM allerdings um 16 % gestiegen. Beraten wurde Softbank von Raine Group, Robey Warshaw und Mizuho Securities. “Meine große Wette”Binnen zweier Wochen waren sich Softbank-Chef Masayoshi Son und ARM-CEO Simon Segars handelseinig geworden. “Dieser Kauf ist meine große Wette auf die Zukunft”, erklärte Son in London. Der knapp 59-jährige Gründer und Chef von Softbank setzt auf einen Paradigmenwechsel in der Kommunikationstechnologie durch das Internet der Dinge. Alle Geräte mit Halbleitersteuerung werden künftig mit dem Internet verbunden. Dabei rechnet Son nach eigenen Angaben mit “exponentiellem Wachstum” der Chipzahl und damit der Einnahmen von ARM.Im Vorjahr basierten 14,8 Milliarden Chips für Smartphones und Tablets bzw. 95 % aller Prozessoren in diesen Geräten auf ARM-Entwürfen. Auch Apple und Samsung arbeiten damit. Die Architektur ist so energieeffizient, dass Intel als Marktführer für Prozessoren in PCs und Servern den Vorsprung bisher nicht aufholen konnte. Lizenzgebühr für jedes TeilARM kassiert für jeden Prozessor nur eine kleine Lizenzgebühr, aber mit der Verbreitung des mobilen Internets sind Einnahmen und Gewinn stark gestiegen. Derzeit bewegt sich ARM in den Server- und Automarkt. Durch aggressive Investitionen will Son nun sicherstellen, dass ARM-Chipdesigns sich auch im Internet der Dinge durchsetzen.Billig ist diese Wette nicht: Der Übernahmepreis entspricht dem 70-Fachen des letzten Jahres-Nettoertrags von 340 Mill. Pfund. Allerdings lag die Marge operativ bei 42 % und netto bei 35 %. Die Einnahmen fallen zu 95 % in Dollar an.Die Japaner finanzieren ihr Angebot mit 16,7 Mrd. Pfund an vorhandenen Barreserven. Ende März hatte die Gruppe knapp 2,6 Bill. Yen (22 Mrd. Euro) ausgewiesen. Außerdem braucht man für 7,3 Mrd. Pfund einen Überbrückungskredit der Mizuho Bank. Son setzt seine jüngsten Einnahmen aus den Verkäufen der Spieleentwickler GungHo (Japan) und Supercell (Finnland) sowie der Alibaba (China) von rund 19 Mrd. Dollar für den ARM-Kauf ein. Ein Teil der Gelder fließt jedoch erst in den nächsten Monaten, so dass eine Zwischenfinanzierung notwendig wurde. Der zweite Mega-Kauf nach dem Erwerb des US-Mobilfunk-Providers Sprint vor drei Jahren könnte die Softbank-Aktionäre verärgern. Der Konzern stand Ende März mit 9,3 Bill. Yen in der Kreide (79 Mrd. Euro). Mehr als ein Drittel davon geht auf das Konto der Übernahme von Sprint.Den Schulden stehen ein Eigenkapital von 3,5 Bill. Yen und ein Börsenwert von 10,7 Bill. Yen gegenüber. Viele Anteilseigner und Anleihenbesitzer hatten sich einen Schuldenabbau statt einer neuen risikoreichen Übernahme gewünscht. Doch Son argumentierte in London, das Verhältnis von Schulden zu Ebitda würde sich durch den ARM-Zukauf kaum ändern. Trotz BrexitDie britische Regierung wertete die Übernahme von ARM durch die Japaner als Vertrauensbeweis. “Nur drei Wochen nach dem Referendum zeigt sich, dass Großbritannien bei internationalen Investoren nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat”, sagte der neue Finanzminister Philip Hammond laut Reuters. Auch Premierministerin Theresa May wertete den Deal als Beleg, dass die britische Wirtschaft auch nach dem Referendum erfolgreich sein kann.