Software-AG-Chef früh unter Druck

Negatives Börsenumfeld im Tech-Sektor und Zweifel an Wachstumsstärke lassen Aktienkurs abstürzen

Software-AG-Chef früh unter Druck

Software-AG-CEO Sanjay Brahmawar weist 127 Tage nach Amtsantritt bereits eine ordentliche Hypothek auf. Mehr als eine halbe Milliarde Euro Börsenwert sind in dieser kurzen Zeit verpufft. Das liegt teils am negativen Umfeld für Tech-Werte, teils am noch fehlenden Vertrauen der Investoren und Anleger.Von Sebastian Schmid, FrankfurtBei “etwa 3 Mrd. Euro” liege der Börsenwert der Software AG. So steht es zumindest in den Präsentationsunterlagen, die das Darmstädter Unternehmen für eine Investorenkonferenz in London am gestrigen Donnerstag vorbereitet hatte. Deutlich mehr, als es zuletzt tatsächlich war. Und der Auftritt vor den Anlegern in der britischen Metropole hat offenbar nicht dazu gereicht, das Vertrauen zu festigen. Nach einem erneuten Kurssturz um 7,5 % auf 32,48 Euro – den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren – waren es zum Handelsschluss kaum mehr als 2,4 Mrd. Euro. Beim Stabwechsel vom langjährigen Konzernchef Karl-Heinz Streibich auf Sanjay Brahmawar Anfang August waren es noch die in der Präsentation versprochenen 3 Mrd. Euro. Der ehemalige IBM-Manager steht nach weniger als 130 Tagen im Amt bereits gehörig unter Druck.Im dritten Quartal, dem ersten, über das Brahmawar Auskunft geben durfte, lief es zwar besser als im vorangegangenen enttäuschenden Vierteljahr. Weil die Software AG seit Jahren oft eher mit schwankendem denn mit stetigem Wachstum aufgefallen war und der Ausblick vorsichtig war, bleiben bei einigen Anlegern aber weiter Zweifel. Hoffnungsträger des Unternehmens sind neuerdings Cloud-Dienste und das Internet der Dinge. Hier wachsen die Darmstädter prozentual dreistellig, hatten aber auch schon einen sequenziellen Umsatzrückgang (siehe Grafik). Ziel ist es, im Internet der Dinge führend in den Bereichen Middleware, Gerätemanagement und Analytik zu werden. Die 2017 übernommene Cumulocity, die eine Plattform für die Vernetzung von Geräten betreibt, steht im Zentrum dieser Bemühungen. Wechsel im VertriebDass Brahmawar mit der Erlösentwicklung der vergangenen Jahre nicht zufrieden ist, zeigt die erste bedeutende Personalveränderung unter seiner Führung. Ende Oktober teilte die Software AG mit, dass Vertriebschef Eric Duffaut zum 1. November durch den Silicon-Valley-erfahrenen John Schweitzer ersetzt werde. Der Dank an Duffaut, der 2014 nach mehr als acht Jahren bei SAP zur Software AG gewechselt war, fiel auffallend spärlich aus. Unter der Führung des 55-jährigen Franzosen habe die Software AG eine kundenzentrierte Kultur entwickelt, mit der die Basis für künftiges Wachstum gelegt worden sei, ließ sich Aufsichtsratschef Andreas Bereczky zitieren. “Wir wünschen ihm das Beste für die Zukunft.” Ein Dank für die starke Entwicklung unter Duffauts Vertriebsleitung blieb vernehmbar aus. Dafür gab es eine klare Aufgabenstellung an seinen Nachfolger. “Das Wachstum des Digitalgeschäfts weltweit voranzutreiben, wird seine Hauptaufgabe sein”, sagte Bereczky damals.Der 50-jährige Schweitzer darf diese aus Los Gatos (Kalifornien) heraus angehen, wo er mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt. Da die Software AG mehr als 40 % ihrer Erlöse im Markt Americas erzielt, ist das wahrscheinlich nicht der schlechteste Standort für den Chief Customer Officer, wie die Software AG die Position benennt.Ob Schweitzer wirklich etwas bewegen kann, wird man erst 2019 sehen. Zumindest ergebnisseitig sind die Erwartungen im Markt zuletzt indes kräftig eingedampft worden. Zwar prognostizieren Analysten laut Thomson Reuters im traditionell starken vierten Quartal durchschnittlich weiter eine deutliche Gewinnsteigerung von 77 Cent auf 91 Cent je Aktie. Vor knapp zwei Monaten waren der Software AG noch 94 Cent je Aktie zugetraut worden. Für 2019 rechnen die Analysten noch mit 2,56 Euro Gewinn je Aktie, 8 Cent weniger als vor 60 Tagen.