Corona hilft Medizintechnik

Sonderkonjunktur für Healthineers

Eine Sonderkonjunktur infolge der Pandemie und ein florierendes sonstiges Geschäft treiben Siemens Healthineers. Der Kurs der Aktie stieg anlässlich der Vorlage der endgültigen Quartalszahlen auf das Rekordhoch von 47,07 Euro. Vorstandschef Bernd Montag rechnet auch nach der Pandemie mit einem neuen Stellenwert des Gesundheitswesens.

Sonderkonjunktur für Healthineers

mic München

Die Medizintechnik-Unternehmen werden auch nach der Pandemie trotz hoher Staatsverschuldung von dem neuen Gesundheitsbewusstsein profitieren. Diese Meinung vertrat Siemens-Healthineers-Vorstandsvorsitzender Bernd Montag in einer Telefonkonferenz zur endgültigen Vorlage der Zahlen des ersten Quartals. Politisch und gesellschaftlich werde noch klarer, „dass ein funktionierendes Gesundheitswesen kein Kostenfaktor ist, sondern ein ganz wesentlicher Teil der Wettbewerbsfähigkeit und der Lebensqualität einer Nation“.

Montag beobachtet eine andere Offenheit auch für Technologie und damit für die Art von Medizin, für die Siemens Healthineers stehe. Der Trend für das Unternehmen sei positiv, dabei helfe auch die Tatsache, dass Healthineers sowohl im staatlich geprägten Gesundheitswesen wie China als auch in privat finanzierten Märkten wie den USA präsent sei: „Da wir überall tätig sind, mitteln sich Sondereffekte immer weg.“ Der Absatz in China laufe aktuell sehr gut, dagegen sei er in den Vereinigten Staaten verhalten. Auf die Frage, ob nach der Pandemie aus Budgetgründen am Gesundheitswesen gespart werden könnte, sagte er: „Ich glaube nicht, dass das ein realistisches Szenario ist.“

Sehr zufrieden äußerte Montag sich zu den laufenden Vorbereitungen für die Übernahme des US-Krebsspezialisten Varian: „Ich bin sehr positiv, wie das läuft.“ Die Transaktion im Wert von 16,4 Mrd. Dollar soll in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden. Es funktioniere sehr gut, den Zusammenschluss mit Online-Meetings zu planen. Die Transaktion sei ein essenzielles Thema für das Unternehmen.

Antigen-Tests sind gefragt

Montag stufte die ersten drei Monate von Oktober bis Dezember als „herausragendes Quartal“ ein. Es sei eine exzellente Leistung zum Start des Geschäftsjahrs gelungen. Der Umsatz kletterte, wie bereits berichtet (vgl. BZ vom 27. Januar), getrieben vom Labordiagnostikgeschäft um 13,3% auf 3,9 Mrd. Euro (siehe Tabelle). Die hohe Nachfrage nach Antigen-Schnelltests für Covid-19 (130 Mill. Euro im ersten Quartal) sowie der Verkauf zusätzlicher Computertomografen und Röntgengeräte für die erforderlichen Corona-Untersuchungen hätten dazu beigetragen, detaillierte Finanzvorstand Jochen Schmitz. Doch auch ohne diese Effekte hätte das Umsatzplus rund 6% betragen, das Geschäft sei in guter Verfassung.

Der Umsatzschub sorgte auch für einen Gewinnanstieg. Die bereinigte operative Marge (Ebit) kletterte um 5,5 Prozentpunkte auf 19,1%. Dabei schraubte das Segment Bildgebung die Marge auf 23,4 (i.V. 17,4)%. Aber auch die Sparte Labordiagnostik, die seit Jahren unter einer niedrigen Profitabilität leidet, verzeichnete einen starken Anstieg der Profitabilität. Die Marge kletterte von 3,1% auf 11,6%. Schmitz zufolge hätte die Marge ohne den Pandemie-Sondereffekt rund 7% betragen. Mit der Installation neuer Atellica-Plattformen zeigte Montag sich zufrieden, auch der CEO des Großkunden Quest Diagnostics habe die Leistung von Siemens Healthineers jüngst gelobt.

Hoher Mittelzufluss

Der hohe Absatz schlägt auf den Cash-flow durch, der sich auf 668 Mill. Euro fast verdreifachte.

Die Aktienbörse reagierte angetan auf die endgültigen Zahlen. Der Siemens-Healthineers-Kurs kletterte um 1,7% auf 47,07 Euro. Damit wurde der bisherige Rekordstand am 25. Mai vorherigen Jahres übertroffen, obwohl es mittlerweile eine Kapitalerhöhung gab. Damals erreichte die Aktie einen Kurs von 46,73 Euro.

Das Management detaillierte die vor Wochenfrist angehobene Prognose für das laufende Geschäftsjahr. Demnach soll die Aufstockung der Umsatzprognose (bereinigt um Portfolio- und Währungseffekte) auf ein Plus von 8% bis 12% (zuvor 5% bis 8%) von allen drei Segmenten getragen werden – die im ersten Quartal eine Book-to-Bill-Ratio von 1,16 einfuhren. Die Bildgebenden Systeme sollen um mindestens 7% (bisher 5%), die Sparte Labordiagnostik um mindestens in der Größenordnung von 15% (bisher höherer einstelliger Prozentsatz) und die Sparte Neuartige Therapien um mindestens 6% (bisher mindestens 5%) zulegen. Im ersten Quartal lagen die Sparten Bildgebende Systeme (Umsatzplus 9,3%) und Labordiagnostik (23,5%) teils deutlich über den angepeilten Werten für das Gesamtjahr. Schmitz erläuterte, dass die Geschäftsdynamik infolge von pandemieinduzierten Käufen in der zweiten Jahreshälfte nachlassen werde. Die Erlöse mit Antigen-Tests sollen im gesamten Geschäftsjahr 300 bis 350 Mill. Euro betragen. Er wies zugleich darauf hin, dass die Labore in den USA und China so stark wie vor Beginn der Pandemie ausgelastet seien – das sonstige Alltagsgeschäft also wie gewohnt läuft. Dies gelte auch für Magnetresonanzuntersuchungen.

Dass das Ergebnis pro Aktie – wie vor Wochenfrist verkündet – im Geschäftsjahr um 16 bis 28% statt wie bisher um 10 bis 18% klettern soll, beruht unter anderem auf einer höheren Profitabilität der Sparte Labordiagnostik. Die bereinigte operative Marge (Ebit) soll mehr als 7% betragen, während bisher mehr als 5% prognostiziert wurden. Schmitz sagte, die beiden Sparten planten keine höhere Marge, weil sie Gegenwind durch den starken Euro hätten.

Wertberichtigt Seite 8

Personen Seite 16

Siemens Healthineers
Konzernzahlen nach IFRS 1
1. Quartal  
in Mill. Euro 2020/21 2019/20
Umsatz 3 8683 587
Forschungs- und Entwicklungskosten329335
Vertriebs- und allg. Verwaltungskosten 549621

Operatives Ergebnis2

738487
  Bildgebung542387
  Labordiagnostik13732
  Neuartige Therapien7879
Bereinigte Ebit-Marge 2 (%) 19,113,6
Finanzergebnis– 776
Gewinn vor Steuern606419
Gewinn nach Steuern437304
Freier Cash-flow 2668244
1) Geschäftsjahr endet am 30. September; 2 ) bereinigte Ebit-MargeBörsen-Zeitung