Sorgen um "Industrie 4.0" wachsen

KPMG: IT-Systeme veralten rasend schnell - Mehr Geld für F + E - Bain: "Digicale" Zukunft erfordert Wandel

Sorgen um "Industrie 4.0" wachsen

Deutsche Unternehmen befürchten mehr als ihre globalen Wettbewerber, dass die zunehmende Digitalisierung die bestehenden IT-Systeme überrollt. Eine KPMG-Umfrage zeigt, dass mehr in F+E investiert und die Zusammenarbeit mit Zulieferern und Kunden intensiviert werden sollte.ge Berlin – Die zunehmende Digitalisierung von Produktionsprozessen – die sogenannte “Industrie 4.0” – bereitet deutschen Industrieunternehmen wachsende Sorge. Nach einer internationalen Umfrage von KPMG fürchtet jedes zweite Unternehmen hierzulande, dass seine bestehenden IT-Systeme schon in ein bis zwei Jahren veraltet und damit nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden. Weltweit befürchten dies nur 32 % der 460 befragten Industriekonzerne, die zu einem Drittel Umsätze von mehr als 5 Mrd. Dollar erlösen.Zugleich scheinen deutsche Unternehmen innovativer als ihre globalen Wettbewerber zu sein. Ermittelte KPMG, dass weltweit 66 % auf Verbesserungen der bestehenden Produktlinien und Dienstleistungen setzen, so zielten hiesige Konzerne zu 77 % auf bahnbrechende (disruptive) Innovationen ab – während die Quote international nicht einmal halb so hoch liege. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen deutsche Konzerne ihre F + E-Budgets in den nächsten zwei Jahren aufstocken, zeigt die Studie “Global Manufacturing Outlook 2014” weiter.Dennoch fürchten 40 % der deutschen Unternehmen, ihr eigenes Geschäftsmodell könne in naher Zukunft wegen der zunehmenden Digitalisierung nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Wie groß der Veränderungsdruck inzwischen ist, zeigt nebenstehende Grafik, die die Managementberater von Bain & Company in ihrer Untersuchung “Leading a Digical Transformation” erstellt haben. Darin zeigen sie, wie erfolgreiche Unternehmen digitale Ansätze nutzen, um ihr physisches Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Das Zusammenwachsen von “digital and physical” zu “digical” biete als vernetzte On- und Offlinewelt große Chancen für ein anhaltend profitables Wachstum.Zwar habe die Digitalisierung bisher mit den Medien und der Telekommunikation erst wenige Branchen mit voller Wucht erfasst, doch zwängen die neuen Technologien und ein verändertes Kundenverhalten in wenigen Jahren auch die Auto- und Pharmaindustrie sowie Finanzdienstleister und den Maschinenbau zu gravierenden Änderungen.Die Umfrage bei rund 300 Unternehmen in Deutschland ergab, dass sich die Vorstände zwar durchgängig der bevorstehenden Umwälzungen bewusst seien – aber fast 80 % bei der Anpassung ihres Geschäftsmodells noch am Anfang stünden.Bei der KPMG-Studie zeigte sich weiter, dass deutlich über 80 % der deutschen Befragten Innovationen gemeinsam mit Kunden und Zulieferern vorantreiben und vermarkten wollen. Fast genauso viele Firmen wollten ihre Kunden und Zulieferer enger in ihr Geschäftsmodell einbinden. “Das ist ein ermutigendes Signal, basiert doch die ‘Industrie 4.0’ gerade auf einer engen branchen- und grenzübergreifenden Zusammenarbeit aller Beteiligten im Bereich Forschung & Entwicklung”, urteil KPMG-Partner Gerhard Dauner, Leiter des Bereichs Industrial Manufacturing.Bei dieser wachsenden gegenseitigen industriellen Verflechtung präferieren hiesige Unternehmen bevorzugt heimische Partner. Gut die Hälfte der Befragten gab an, Zulieferteile vermehrt aus dem Inland beschaffen zu wollen. Danach folgen Indien, China, die USA und Brasilien.In diesem Zusammenhang ist sich die große Mehrheit der hiesigen Industrieunternehmen sicher, die Lieferkette zu beherrschen. Satte 84 % der Befragten bezeichneten ihren Informationsstand zu Lieferungen und Kapazitätsauslastungen ihrer Top-Tier-Zulieferer als “hoch” bis “vollständig”. International liegt dieser Wert laut KPMG nur bei 62 %. Über 90 % der deutschen Unternehmen halten zudem die Datenqualität ihrer Kapazitäts- und Produktionsplanung für so verlässlich, dass Bedarfsmeldungen an Top-Tier-Zulieferer in Echtzeit realisiert werden könnten. Gleichwohl werden durchaus gravierende Schwachstellen erkannt, halten doch nur drei Viertel der Unternehmen die Systemqualität ihrer Top-Tier-Zulieferer für ausgereift genug, um diese Daten auch zu verarbeiten. Fast jeder Zweite sieht eine bessere Datenlage als größte Herausforderung des erweiterten Lieferketten-Managements.