Am Dienstag bricht eine historische Mission in die Weiten des Weltalls auf. An Bord der „Crew Dragon“-Raumkapsel von Elon Musks SpaceX wird sich neben den Ingenieurinnen Anna Menon und Sarah Gillis sowie dem Piloten Scott Poteet auch der Milliardär Jared Isaacman befinden – und dieser soll als erster Tourist im All spazieren gehen. Die unter dem Titel „Polaris Dawn“ laufende Mission ist eine der riskantesten von SpaceX. Für das Unternehmen soll sie Tests neu entwickelter Raumanzüge ermöglichen, die Astronauten gegen extreme Temperaturbedingungen und massiven Unterdruck schützen müssen – den Hintergrund bildet Musks Langfristziel eines bemannten Fluges zum Mars.

Für den streitbaren SpaceX-Gründer würde ein Erfolg von „Polaris Dawn“ zudem dringend benötigte positive Schlagzeilen liefern. Musks E-Autobauer Tesla ringt angesichts einer schwachen Nachfrage nach batteriebetriebenen Fahrzeugen in Amerika und hohen Konkurrenzdrucks in China mit erodierenden Margen. Die Social-Media-Plattform X hat ihren Wert nach dem Taking Private durch den Milliardär im Oktober 2022 mehr als halbiert, nach kontroversen Aussagen des Eigentümers haben sich zahlreiche Werbekunden von der Plattform verabschiedet. An der Übernahme beteiligte Banken sind bisher daran gescheitert, zur Finanzierung begebene Kredite im Wert von 13 Mrd. Dollar am Markt loszuschlagen, und werden hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit von X zunehmend nervös.

Zuletzt sorgten zudem technische Pannen für Spott: Ein Audiointerview Musks mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump startete Mitte August erst mit 40-minütiger Verspätung , weil sich X-Nutzer nicht in den Livestream einwählen konnten. Musk machte eine groß angelegte Cyberattacke für die Probleme verantwortlich.

SpaceX dagegen liefert bisher – und genießt das Vertrauen der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Zwei Astronauten, die im Juni mit einem Boeing Starliner an der Internationalen Raumstation ISS ankamen, sollen im Februar mit einer „Crew Dragon“ von SpaceX zur Erde zurückkehren. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken bezüglich des Boeing-Vehikels, für kriselnden Großkonzern aus Arlington, Virginia, bedeutet die Entscheidung der Nasa den nächsten Rückschlag.

SpaceX hat am Nachthimmel längst Dominanz aufgebaut. Lancierte sie im Jahr 2017 noch 14% der damals 473 ins All geschossenen Satelliten, waren es im vergangenen Jahr 86% von 2.848 Starts. Seit 2021 bringt das Unternehmen zudem Touristen in den Orbit und dringt schneller und tiefer ins All vor als ihre Konkurrenten, die vom britischen Unternehmer Richard Branson ins Leben gerufene Virgin Galactic und die von Amazon-Gründer Jeff Bezos gestartete Blue Origin.

Im Rahmen eines Ende Juni kolportierten Insider-Aktienverkaufs soll SpaceX auf eine Bewertung von nahezu 210 Mrd. Dollar gekommen sein. In Growth-orientierten Fonds, die sowohl in Public als auch in Private Equity investieren, ist SpaceX inzwischen häufig die am schwersten gewichtete Musk-Firma. Im Scottish Mortgage Investment Trust von Baillie Gifford kommt das Raumfahrt-Unternehmen auf 4,4% Portfolioanteil, während der Vermögensverwalter seine Beteiligungen an Tesla deutlich zurückgefahren hat und den E-Autobauer nun mit 4,1% allokiert.

Der touristische Weltraumspaziergang stellt nun eine neue Nagelprobe für SpaceX dar. Bisher waren „Spacewalks“ professionellen Astronauten im Rahmen von Regierungsprojekten vorbehalten, zum Beispiel für Reparaturen des Hubble-Weltraumteleskops oder die Instandhaltung der ISS. Im Juni brach die Nasa einen Außeneinsatz der Astronautin Tracy Dyson ab, nachdem ein Wasserleck in ihrem Raumanzug auftrat. Musk wird nun darauf hoffen, dass Isaacmans Spaziergang reibungsloser über die Bühne geht.