Bedenken gegen Investor

Regierung verbietet Übernahme von Eisenbahnbauer Talgo

Madrid macht von einer Schutzregel gegen unerwünschte Übernahmen strategisch wichtiger Konzerne Gebrauch, allerdings im Fall eines Bieters aus einem EU-Mitgliedstaat.

Regierung verbietet Übernahme von Eisenbahnbauer Talgo

Spanien verteidigt Intervention bei Talgo

Regierung unterstagt Übernahme des Bahnbauers durch Ungarn aus Sicherheitsgründen

ths Madrid

Das Verbot einer Übernahme des spanischen Eisenbahnfabrikanten Talgo durch ein ungarisches Konsortium hat erneut Bedenken über den Interventionismus der spanischen Linksregierung ausgelöst, wie bereits im Fall des Einstiegs der saudischen STC bei Telefónica oder dem Bieterkampf der Großbank BBVA für Banco Sabadell. Das Kabinett beschloss am Dienstag, dass man die Übernahme der börsennotierten Talgo im Wert von 620 Mill. Euro durch Ganz Mag Vag Europe nicht gestattet. Die Operation beinhalte „Risiken für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung“, wie das Wirtschaftsministerium in einer Mitteilung erklärte.

Schutzschild

Spanien macht Gebrauch von einem Schutzschild, das wegen der Pandemie in Europa zugelassen wurde, um strategisch wichtige Unternehmen vor Übergriffen durch ungewünschte Anbieter aus Drittländer schützen soll. Im Falle von Talgo handelt es sich beim ungarischen Interessenten jedoch um einen Käufer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, so sehr das Land unter Ministerpräsident Viktor Orban zum Außenseiter geworden ist.

Talgo ist eines der traditionsreichsten Industrieunternehmen Spaniens. Das Unternehmen, das auch die Deutsche Bahn beliefert, leidet jedoch unter Kapazitätsmangel, um die Auftragsbücher abzuarbeiten. Der Großteil der Aktionäre, darunter die Gründerfamilie, wollen verkaufen und der Aufsichtsrat stimmte dem im März unterbreiteten Angebot der Ungarn zu. Die Regierung war jedoch von Beginn an skeptisch, da man um einen Technologietransfer an die Ungarn und deren Kontakte in Russland fürchtete.

Geheimdienstbericht ausschlaggebend

Ein Bericht des spanischen Geheimdienst war ausschlaggebend für die Ablehnung. Der ungarische Staatsfonds Corvinus International Investment hält 45% an dem Bieterkonsortium und 55% entfallen auf den Zugbauer Magyar Vagon. Dieser hatte seine Verbindung zur russischen THM nach dem Einmarsch in die Ukraine offiziell beendet. Doch die Spanier vermutet, dass dies in der Praxis nicht der Fall ist. Der Chef von Magyar Vagon, Andras Tombor, ist außerdem ein langjähriger Mitarbeiter von Orban.

Die Regierung hat sich um ein alternatives Angebot mit dem tschechischen Industriekonzern Skoda zusammen mit spanischen Partnern bemüht. Doch diese bieten lediglich einen Zusammenschluss ohne Kaufangebot an die Aktionäre von Talgo an, weshalb der Aufsichtsrat die Alternative ablehnte.

Kritik von Gewerkschaftsseite

Die Gewerkschaften von Talgo kritisierten das Verbot der Regierung. Analysten äußerten Bedenken wegen des Ansehens des Standortes. „Die Regierung gibt als Grund die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung an, was jegliche Angebote anderer ausländischer Gruppen erschwert“, urteilt Bankinter.

In der Pressemitteilung legt das Wirtschaftsministerium selbst großen Wert darauf, dass Spanien sehr offen für Auslandsinvestitionen sei. Die Minister für Justiz und Äußeres antworteten am Mittwoch in ähnlichen Tönen auf die Kritik.

Weitere Fälle

Die Regierung erwarb zuletzt eine Beteiligung von 10% beim Telekomriesen Telefónica, um den Einstieg des saudische  Staatsunternehmens STC zu erwidern und die spanische Kontrolle über den Konzern zu sichern. Auch beim Energieversorger Naturgy blickt man genau auf den Einstieg eines neuen Großaktionärs. Die Ungarn wollen nach Medienberichten die Entscheidung vor Gericht anfechten und auch der Europäischen Kommission vorlegen.

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