"Spätestens bis zum Jahresende 2017 im MDax"
Der landesweit tätige Wohnungsvermieter Grand City Properties hat in den vergangenen zwei Jahren rund 50 000 Immobilien “mit hohem Optimierungspotenzial” erworben. Saniert können diese Wohnungen zu einem deutlich höheren Preis vermietet werden. Doch das Wachstum lässt nach.- Herr Windfuhr, vor wenigen Wochen hatte Grand City Properties mitgeteilt, vom Entry Standard in den Prime Standard wechseln zu wollen. Warum wollen Sie das Segment wechseln?Der Entry Standard war für uns in der Zeit des schnellen Wachstums der richtige Platz. Will man eine Kapitalerhöhung von mehr als 10 % realisieren, ist das im Prime Standard äußerst komplex und es benötigt viel Zeit. Dagegen haben wir im Entry Standard alle unsere Kapitalmaßnahmen – Bonds, Wandelanleihen, Kapitalerhöhungen – innerhalb weniger Stunden umgesetzt. Wir waren also nicht über mehrere Wochen handlungsunfähig. Und das war gut, solange wir klein waren.- Aber jetzt ist alles ganz anders?Ja, wir sind jetzt wesentlich größer. Und mit einer 10-prozentigen Kapitalerhöhung bekommen wir heute sehr viel mehr Geld eingesammelt. Und zweitens gibt es heute nicht mehr die großen Wohnungsbestände im Markt, mit denen wir in den vergangenen zwei Jahren um zusammen 50 000 Wohnungen gewachsen sind. Heute gibt es nur noch deutlich kleinere Portfolien zu kaufen, was den Mittelbedarf begrenzt. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren merklich langsamer wachsen werden.- Verändert der Wechsel in den Prime Standard irgendetwas in Ihrer Unternehmenspolitik?Nein, wir haben uns schon immer bei unserem Reporting und den Audits an den Prime-Standard-Regeln orientiert – obwohl wir es nicht gemusst hätten. Aber die ausführliche Berichterstattung war schon immer von den Investoren gewünscht.- Aus steuerrechtlichen Gründen werden üblicherweise nur 94,9 % der Portfolien-Anteile erworben. Wer sind die 5,1-Prozent-Eigner?Das sind häufig – auch auf unseren Wunsch hin – die ehemaligen Eigentümer. Ansonsten sind es diverse unabhängige Partner, die aber meist eine hohe Hürde haben, bevor sie an unserem Gewinn beteiligt werden.- Mit einem Free Float von über 60 % und Ihrer Marktkapitalisierung sind Sie ein MDax-Kandidat, sobald Sie in den Prime Standard gewechselt sind.Ja, damit rechnen wir.- Wann peilen Sie den Wechsel an?Ich nehme an, dass wir den dafür notwendigen Prospekt auf Basis der Jahresendzahlen aufsetzen werden, die im März veröffentlicht werden. Dann wird der Prozess einige Monate dauern. Spätestens bis zum Jahresende 2017 sollte der Wechsel gelaufen sein.- Werden Sie dann Konsolidierer in der Branche sein?Unser Geschäftsmodell baut auf Value-Add Opportunities, wir setzen also auf künftigen Wertzuwachs bei unseren gegenwärtigen Wohnungsbeständen. Dagegen sind Aktien von Wohnimmobilien-AGs höher bepreist. Und darauf muss dann auch noch eine Prämie gezahlt werden, wenn man ein Unternehmen kaufen will. Wir kaufen dagegen unterhalb des Werts, den man mit Sanierungsmaßnahmen erreichen kann.- Außerdem sind Sie ja ziemlich einmalig im Land. Keiner sonst kauft so gezielt schlechte Wohnbestände.Dieses Wort schlechte Wohnbestände stimmt nicht. Diese Wohnungen befinden sich in Lagen mit soliden Fundamentaldaten – und darauf achten wir sehr stark. Schlecht sind sie, weil der vorherige Eigentümer kein Geld oder kein Interesse hatte, sich um die Wohnungen zu kümmern. Wir hatten beispielsweise vor Jahren viel von der Gagfah gekauft. Da hatten die Mieter Abzüge von der Miete vorgenommen, weil die Heizung nicht richtig ging oder andere Probleme ungelöst blieben. Teilweise sind Mieter auch ausgezogen. Das hieß hoher Leerstand.- Gibt es solche Verwahrlosungen heute noch? Die Gagfah hatte doch jedem vor Augen geführt, dass dieses “Geschäftsmodell” des schnellen Profits auf Kosten der Substanz nicht trägt.Wir haben nicht nur von der Gagfah gekauft. Wir haben von Banken gekauft, von Loan Fonds, die riesige Portfolien aufgekauft hatten. Die wollten den operativen Turnaround gar nicht selber machen. Und hier haben wir zugeschlagen, solange die Bestände an Standorten liegen, die wachsen, und die uns deswegen interessieren.- Nochmal die Frage: Gibt es diese schlechten Bestände noch? Die Gagfah ist geschluckt worden. Die Loan Fonds waren das Ergebnis des Immobilienbooms der Jahre 2006/2007 und des anschließenden Marktzusammenbruchs.Sie haben Recht – und das spiegelt sich auch in unserem Wachstum wider. In den vergangenen beiden Jahren haben wir – ich hatte es schon gesagt – rund 50 000 Wohnungen zugekauft. 2016 werden es etwa 8 000 sein. Wir nehmen an, dass unsere künftige Wachstumsrate bei etwa 10 % jährlich liegen wird, bei momentan 84 000 Wohnungen im Bestand. Wir könnten viel mehr kaufen, wenn wir “riskanter” kaufen würden. Aber wir wollen nicht so viel zahlen, wie andere bereit sind zu bezahlen.- Zum Wievielfachen kaufen Sie?Wir streben ein NOI-Yield von 5,5 % an, nach der Sanierung. Bei einem 10-Mill.-Euro-Kauf sollten also 550 000 Euro jährlich übrig bleiben. Für unsere Schulden zahlen wir aktuell 1,6 %. Es bleibt eine Arbitrage von rund 4 %. Der Markt kauft typischerweise für 3,5 bis 4 % mit 2 % Schuldzinsen. Wir sind also besser für eine Zinsänderung gewappnet als andere. Und wenn die dann Schwierigkeiten haben, sind wir da.- Wie entschädigen Sie Ihre Eigentümer für die wegbrechende Wachstumsstory?Erst haben wir keine Dividende gezahlt. Dann 30 % vom FFO I, dem zentralen operativen Wert in der Immobilienwirtschaft. Für 2016 haben wir 50 % angekündigt. Und dieser Wert könnte auf 60 und 70 % steigen. Hinzu kommt, dass unser NAV, Nettovermögenswert, von heute etwa 2,6 Mrd. Euro durch die Wohnungssanierung mit den dann geringeren Leerständen und höheren Mieten in fünf, sechs Jahren – bei gleicher Wohnungszahl – auf gut 4 Mrd. Euro aufgewertet wird. Das entspricht einem Plus beim NAV von über 50 %. Wir sind also immer noch ein Wachstumsunternehmen.- Also alles richtig gemacht. Warum kaufen dann nicht mehr Investoren Grand-City-Aktien?Unser Großaktionär Aroundtown hat angesichts des sehr günstigen Aktienkurses angekündigt, seinen mittlerweile 34-prozentigen Anteil auf 40 % aufstocken zu wollen. Sie kaufen am freien Markt.- Aber den Kurs hat diese Ankündigung nicht wirklich beeindruckt.Stimmt. Aber bei Investorengesprächen spüren wir ein wieder größeres Interesse.- Sie haben eine lange Geschichte von Ratings. Vor drei Jahren hatte Ihnen Standard & Poor’s nur ein “BB-” zugestanden. Inzwischen haben Sie ein “BBB+”. Wo geht die Reise hin?Wir streben nun ein “A-” an. Ratingverbesserungen sind für uns als Immobilienunternehmen sehr bedeutsam, da wir so in der Lage sind, uns bei längeren Laufzeiten zu geringeren Kupons zu finanzieren. So hatte die letzte Ratingverbesserung zur Folge, dass wir bei unseren Perpetualpapieren, die immer zwei Notches unter der Bewertung des Unternehmens bewertet werden, nun im Investment-Grade-Bereich liegen, mit den entsprechenden Konsequenzen für künftige Emissionen.- Viele Banken berichten, dass Unternehmen ihre hochverzinsten Bankdarlehen vorzeitig zurückzahlen und mit einem deutlich niedrigeren Zinssatz refinanzieren. Tun Sie das auch?Wir lassen unsere Bankschulden auslaufen, da die Kosten für das Zurückzahlen viel zu hoch sind. In der Kombination von Wandelschuldverschreibungen und Bankschulden haben wir Fremdkapitalkosten von überschaubaren 1,6 %.- Sie werden wahrscheinlich ein FFOI von etwa 160 Mill. Euro für 2016 erreichen. Davon wollen Sie etwa die Hälfte als Dividende ausschütten. Das entspräche etwas über 50 Cent je Aktie.Ja, das ist unsere Prognose.- Wie viel an Firepower bleibt dann noch übrig für weitere Wohnungszukäufe?650 Mill. Euro.- Das ist deutlich mehr, als was im Moment zum Verkauf steht.Ja, 650 Mill. Euro entsprächen bei uns 11 000 bis 12 000 Wohnungen. Wir gehen davon aus, binnen Jahresfrist vielleicht 8 000 Einheiten zukaufen zu können.- Das heißt auch, die heißen Zeiten am Kapitalmarkt mit quasi jährlichen Wandlern oder Kapitalerhöhungen sind erst einmal vorbei?Im Augenblick haben wir kaum Bedarf, uns neues Geld zu holen. Vor allem sehen wir im Moment nicht, dass wir verwässernde Maßnahmen ergreifen müssen. Kapitalerhöhungen und Convertible Bonds sind eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher stehen normale Anleihen, Perpetual Notes oder Bankdarlehen ins Haus.- Was wäre günstiger für Sie, eine Anleihe oder Bankschulden?Von den Banken bekommen wir derzeit eine Finanzierung für 1,0 % bis 1,5 %.Der Kupon bei der letzten Anleihe war ähnlich. Das nimmt sich im Augenblick nicht viel.- Trifft Sie eigentlich die Mietpreisbremse? Eigentlich heißt Ihr Geschäftsmodell ja: Umgehung der Mietbremse. Denn wer sanierungsbedürftige Wohnungen erwirbt und diese dann modernisiert, kann dank seiner hohen Aufwendungen die Bremse lösen. Ein Gesetz, wie extra für Grand City gemacht.Wir sind von der Mietpreisbremse vor allem deshalb weniger betroffen als unsere Wettbewerber, weil unsere Wohnungen größtenteils noch unter dem ortsüblichen Mietspiegel vermietet werden. Zusammen mit unserem derzeitigen Leerstand hat unser aktuelles Portfolio ein Potenzial, die Mieteinnahmen um knapp 30 % zu erhöhen. Aus diesem Grund fokussieren wir uns weniger auf größere Investitionen, wie sie derzeit am Markt gängig sind.- Sie geben für Ihre Wohnungen etwa das Gleiche aus für Sanierung und Instandsetzung wie alle anderen Wohnungsunternehmen auch. Müssten Sie nicht mehr investieren, weil Sie doch heruntergekommene Bestände kaufen und die erst einmal auf den Normalstand bringen müssen?Der entscheidende Unterschied liegt in der Zielsetzung der Investitionen. Investitionen anderer Wohnungsunternehmen beschränken sich vorrangig auf Modernisierungsmaßnahmen, um Mietsteigerungen zu erzielen. Das Ziel unserer Modernisierungen ist neben dem Erhalt auch die gezielte Leerstandverringerung, weshalb wir an vielen Standorten Investitionen sukzessive und parallel zur Leerstandverringerung durchführen, anstatt komplette Wohnblocks zu sanieren. Außerdem planen wirselbst und kaufen die Materialien selber ein, so dass die Bauleistungen für uns günstiger sind – wir bekommen also mehr für unser Geld.- Die Überschüsse aller Immobilienunternehmen hierzulande stammen seit einigen Jahren zu rund 90 % aus Aufwertungen des Wohnungsbestands. Wie nachhaltig ist das denn? Wie lange, glauben Sie, geht das noch so weiter? Mit der Immobilienkrise wurde dann genauso lange wieder abgeschrieben, wie vorher zugeschrieben worden war.Die Unternehmen haben damals abgewertet. Aber der Wert der Immobilien ist nicht weniger geworden. Der Wert einer Immobilie steigt zwar einerseits mit dem Markt. Aber auch aufgrund von Mietsteigerungen und einer Verringerung des Leerstands. Bei diesen beiden Punkten sind wir Spezialisten. Die Wertsteigerung unserer Objekte spiegelt somit zu großen Teilen eine reale Aufwertung wider.- Wenn Sie in die Zukunft blicken: Wie steht Grand City Properties in fünf Jahren da? Den NAV von 4 Mrd. Euro haben Sie schon genannt.Wir glauben, unter gegenwärtigen Marktbedingungen jedes Jahr unser Portfolio um circa 10 % erweitern zu können. Das macht in fünf Jahren über den dicken Daumen 50 % mehr. Und 50 % mehr beim NAV heißt 6 Mrd. Euro.- Das wäre gut doppelt so viel wie heute. Warum ist der Aktienkurs trotzdem so schwach?Der Kursverfall hat uns überrascht. Aber was der Markt macht, ist unkalkulierbar. Sicher ist nur: Egal wie sich die Konjunktur entwickelt, ob der Ölpreis steigt oder fällt – unsere Wohnungen bleiben vermietet. Gleiches gilt für die Zinsen: Wir sind zu 97 % gehedgt – sollen die Zinsen doch hochgehen. Dennoch werden die Aktienkurse der Wohnungsgesellschaften beeinflusst, wenn sich die Zinsen ändern oder Änderungen erwartet werden. Dann fallen plötzlich die Kurse aller Immobilienunternehmen. Aber das sind kurzfristige Marktbewegungen, die sich über kurz oder lang wieder an den tatsächlichen Unternehmensentwicklungen orientieren sollten.—-Das Interview führte Ulli Gericke.