Spezialisten für Cybersicherheit ziehen Risikokapitalgeber an

Hackerangriffe wie bei Sony rücken Abwehrmöglichkeiten in den Fokus - Start-ups sammeln im ersten Quartal gut 1 Mrd. Dollar ein

Spezialisten für Cybersicherheit ziehen Risikokapitalgeber an

Von Stefan Paravicini, FrankfurtDie Cyberattacke auf die Filmstudios des japanischen Elektronik- und Unterhaltungskonzerns Sony Ende des vergangenen Jahres und der “Cyberdschihad” gegen den öffentlich-rechtlichen französischen Fernsehsender TV 5 vor wenigen Tagen sind nur zwei Beispiele für eine Vielzahl groß angelegter und öffentlichkeitswirksamer Hackerangriffe in den vergangenen Monaten. Dass sie ihre Wirkung nicht verfehlt haben, lässt sich auch in den Wirtschaftsnachrichten verfolgen. Denn mit der Gefahr im Cyberraum steigen die Aktienkurse von Sicherheitsexperten wie der israelischen Check Point, die als führender Anbieter von Firewalls in dieser Woche starke Zahlen zum Auftaktquartal vorgelegt hat.Die wachsende Investitionsbereitschaft von Unternehmen für Cybersicherheit zieht auch Spieler wie den Rüstungskonzern Raytheon an, der sich ebenfalls in dieser Woche für knapp 1,9 Mrd. Dollar mit Websense einen Spezialisten für Internetsicherheit gekauft hat und seine Produkte in Zukunft nicht nur dem Pentagon, sondern auch Konzernen wie Sony anbieten will. Aber auch ganz neue Anbieter von Sicherheitstechnologien für den Cyberspace, die noch in den Kinderschuhen stecken, rücken zumindest bei Risikokapitalgebern in den Fokus. Zum Jahresauftakt haben Start-ups, die sich mit Angeboten für die Verbesserung der Cybersicherheit etablieren wollen, erstmals in einem Quartal mehr als 1 Mrd. Dollar bei Investoren eingeworben, wie der Informationsdienst Privco mitteilt. Im Vergleichszeitraum waren es 540 Mill. Dollar.Ein gesteigertes Interesse von Risikokapitalgebern für das Thema Cybersecurity verzeichnet auch der Branchendienst CB Insights, der im vergangenen Jahr erstmals mehr als 2 Mrd. Dollar in Richtung der jüngsten Abwehrexperten für den Cyberkrieg fließen sah (siehe Grafik). Seit 2010 habe sich die Zahl und das Volumen der Deals in diesem Segment jeweils mehr als verdoppelt.Zu den Start-ups mit dem größten Erfolg bei Investoren gehörte zuletzt auch der Mobile-Security-Spezialist Lookout, an dem unter anderem die Deutsche Telekom beteiligt ist. In der jüngsten Finanzierungsrunde sammelte das Start-up im vergangenen Jahr 150 Mill. Dollar bei Adressen wie Khosla Ventures, Accel Partners und A16Z ein und schraubte das Engagement der Venture-Capital-Gesellschaften damit auf insgesamt 280 Mill. Dollar. Besser lief es nach Angaben von CB Insights im Segment Cybersicherheit bislang nur für Good Technologies, die sich bereits mehr als eine halbe Milliarde Dollar sichern konnte.Bei der gerade in San Francisco stattfindenden RSA-Sicherheitskonferenz, die seit 1991 von einem Tochterunternehmen des US-Technologiekonzerns EMC veranstaltet wird, geben sich neben Experten für Verschlüsselungstechnologie und Informationssicherheit auch wieder Jungunternehmen und Investoren die Klinke in die Hand. Als Kandidaten für die nächsten größeren Finanzierungsrunden in dem Feld gelten nach Einschätzung von Marktbeobachtern etwa Pindrop, die mit ihrer Technologie Telefonate vor Abhörversuchen sichert, Wickr, ein Verschlüsselungsexperte, Riskiq, die sich um den Schutz von Cloud-Infrastrukturen bei Unternehmen kümmert, oder Threatstream, die die Analyse von Cybergefahren als Service über das Internet anbietet. Jüngstes Beispiel IllumioDass der Run auf die Cybersecurity-Start-ups auch im zweiten Quartal weitergeht, war schon vor dem Start der RSA-Konferenz am Montag klar. Denn erst vor wenigen Tagen sammelte Illumio, ein Start-up mit Fokus auf die Sicherheit von Rechenzentren, mehr als 100 Mill. Dollar in einer von BlackRock angeführten Finanzierungsrunde ein.Auch in Deutschland gibt es kleinere Unternehmen, die Technologien zur Abwehr von Cyberrisiken anbieten. Dazu gehören etwa Secunet, ein Spezialist für Datensicherheit, Zertificon, die E-Mail-Verschlüsselung anbietet, oder GSMK, die für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Telefonaten sorgt. Secusmart gehört auch in diese Reihe, ist mittlerweile aber eine Tochter von Blackberry (siehe nebenstehenden Artikel).