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Spin-offs wie Uniper bieten Anlagechancen

Börsen-Zeitung, 9.9.2016 Der Börsengang von Uniper, der abgespaltenen Tochter des Energiekonzerns Eon, weckt Kursfantasien. Investoren hoffen auf eine ähnlich gute Kursentwicklung wie bei der Abspaltung von Osram durch Siemens im Sommer 2013. Auch...

Spin-offs wie Uniper bieten Anlagechancen

Der Börsengang von Uniper, der abgespaltenen Tochter des Energiekonzerns Eon, weckt Kursfantasien. Investoren hoffen auf eine ähnlich gute Kursentwicklung wie bei der Abspaltung von Osram durch Siemens im Sommer 2013. Auch die Abspaltung von Lanxess durch Bayer in 2005 ist vielen Aktionären noch in guter Erinnerung. Die empirische Kapitalmarktforschung zeigt, dass solche Mehrrenditen von Spin-offs kein Zufall sind, sondern sich systematisch nachweisen lassen. Nur 53 ProzentIm Zuge des Spin-off von Uniper will Eon sich vor allem von seinen konventionellen Kraftwerken trennen. Zudem soll das neue Unternehmen den Energiegroßhandel sowie die Gasproduktion bündeln. Eon plant, sich nach der Abspaltung auf die neuen Energien sowie die Stromnetze zu konzentrieren. Die Trennung erfolgt wie folgt: Zunächst gibt Eon 53 % der Uniper-Anteilsscheine in Form einer Aktiendividende ab. Für jeweils 10 Eon-Aktien erhalten die Aktionäre je 1 Aktie des neuen Uniper-Konzerns. Die verbliebenen 47 % können je nach Marktentwicklung in den nächsten Jahren über die Börse abgegeben werden. Diese Situation erinnert an die Abspaltungen von Osram und Lanxess. In beiden Fällen erfolgte eine vollständige Abspaltung in Form einer sogenannten Aktiendividende, bei der jeder bestehende Aktionär neue Aktien der Tochtergesellschaft erhielt und die Mutter keinen Emissionserlös erzielte.Die Finanzliteratur bezeichnet diese Form der Abspaltung als Spin-off. Alternativ kann der Mutterkonzern einen Börsengang der Tochter in Form eines IPO anstreben – man spricht in solchen Fällen von Equity Carve-out. Dabei verkauft der Mutterkonzern einen Teil der Tochter über die Börse und erzielt einen Emissionserlös, behält jedoch üblicherweise die Mehrheit der Aktien. Jüngstes Beispiel für einen Equity Carve-out war der Börsengang von Covestro, den Bayer initiiert hatte.Marktteilnehmer denken, dass die gute Performance von Spin-offs wie Osram oder Lanxess kein Zufall ist. Sie verweisen in ihrer Argumentation auf die besonderen Umstände, unter denen die Abspaltungen stattfinden: Häufig versuchen die Mutterkonzerne, sich vor allem von wachstumsschwachen und nicht rentablen Tochtergesellschaften zu trennen. Der klassische Spin-off ist dabei häufig die letzte Wahl der Trennungsmethode. Er wird in der Regel erst in Betracht gezogen, wenn alternative Arten – etwa der Verkauf an einen Wettbewerber oder ein Börsengang in Form eines IPO – gescheitert sind. Diese Umstände sorgen dafür, dass Spin-off-Unternehmen im Großen und Ganzen häufig mit erheblichen Bewertungsabschlägen gelistet werden.Die empirische Kapitalmarktforschung hat sich ausführlich mit dem Renditeverhalten von Spin-offs beschäftigt. Cusatis et al. (1993) haben bereits in den 1990er Jahren gezeigt, dass Spin-offs deutlich höhere Renditen aufweisen als der entsprechende breite Markt. Spätere Studien, wie beispielsweise Desai et al. (1999), haben die Ergebnisse für jüngere Untersuchungsstichproben bestätigt. Zudem zeigen die Forschungsergebnisse, dass Investoren eine gewisse Geduld mitbringen sollten. Denn in den ersten Handelstagen nach der Trennung weisen die Aktien von Spin-offs häufig negative Renditen auf. Analyse zeigt ÜberrenditeIn einer umfangreichen Analyse haben wir die Resultate der Wissenschaftler für eine jüngere Stichprobe validiert. Unsere Untersuchung basiert auf dem amerikanischen Aktienmarkt, weil dieser deutlich umfangreichere Untersuchungsstichproben liefert als der europäische. Unsere Stichprobe umfasst 316 Spin-offs, die seit 1990 am amerikanischen Markt durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Im ersten Jahr nach der Abspaltung weisen die Spin-offs gegenüber dem S & P 500 Equal Weight Index eine Outperformance von 8,6 Prozentpunkten auf. Für das Folgejahr beträgt die Mehrrendite immerhin noch 4,9 Prozentpunkte. Aufgrund der hohen Turbulenzen zum Handelsstart ist die bessere Wertentwicklung nicht ab dem ersten Tag nach der Abspaltung zu erkennen. Sie beginnt etwa nach Ablauf des ersten Handelsmonats.Obwohl die Forschungsgemeinde die relative Outperformance von Spin-offs in mehreren Studien bestätigt hat, herrscht noch Unsicherheit bezüglich der Quellen dieser Überrenditen. Zwei Erklärungsansätze zeichnen sich ab: Erstens fällt auf, dass institutionelle Investoren Spin-offs nach der Trennung tendenziell verkaufen, was einen kurzzeitigen Preisrückgang auslöst. Demzufolge scheinen die neuen Aktiengesellschaften nicht gut zu den Präferenzen institutioneller Investoren zu passen. Daher müssen sie offenbar – ähnlich wie Small-Cap-Aktien – eine zusätzliche langfristige Renditeprämie bieten. Übernahme wahrscheinlicherZweitens ist die Übernahmewahrscheinlichkeit für Spin-offs aufgrund ihrer fokussierten Geschäftsmodelle hoch. Dies führt zu Übernahmeprämien, ohne dass der Kapitalmarkt dies ausreichend antizipiert. Von den 316 Spin-offs unserer Untersuchungsstichprobe wurden tatsächlich 70 in den ersten fünf Jahren nach der Abspaltung wieder übernommen. Die Übernahmewahrscheinlichkeit könnte daher einen der Renditetreiber für die hohe Outperformance der Spin-offs darstellen. Große UnterschiedeBedeuten diese Ergebnisse, dass die Aktionäre bei der Abspaltung von Uniper auf jeden Fall zugreifen sollten? Nicht unbedingt, denn die beschriebenen Ergebnisse sind Durchschnittswerte. Was in der aggregierten Renditebetrachtung nicht deutlich wird, sind die Renditeunterschiede innerhalb der Firmenabspaltungen. So hat eine Reihe von Spin-offs in den ersten zwei Jahren nach der Trennung mehr als 50 % an Wert verloren. Im Fall Uniper kommt hinzu, dass Eon lediglich 53 % ihrer Anteile abgeben wird. Die verbleibenden 47 % werden potenziell in den nächsten Jahren über die Börse verkauft, was für erheblichen Verkaufsdruck zu Lasten der Uniper-Aktie sorgen könnte.Dennoch bleibt festzuhalten, dass Spin-offs im Schnitt Investmentchancen bieten. Ob ein Investor diese im Fall Uniper für sich nutzen möchte, sollte er von seinen spezifischen Rendite-Risiko-Abwägungen abhängig machen.—-Christian Funke, Vorstand Source For Alpha —-Dieter Helmle, Vorstand Capitell Vermögens-Management