MILLIARDENDEAL IN DER HALBLEITERBRANCHE

Sprungbrett ins Internet der Dinge

Die Übernahme durch Softbank ebnet ARM Holdings den Weg aus der Abhängigkeit vom Smartphone

Sprungbrett ins Internet der Dinge

Von Andreas Hippin, LondonDas Internet der Dinge ist für den Chipdesigner ARM Holdings zu einer großen Hoffnung geworden. Für das britische Vorzeigeunternehmen aus Cambridge kommt es darauf an, wie schnell es in den damit verbundenen Wachstumsmärkten wie etwa Halbleitern für das vernetzte Auto expandieren kann. Noch hängt der Erlös der FTSE-100-Gesellschaft stark davon ab, wie viele Smartphones weltweit abgesetzt werden.Die Chiparchitektur des vor 26 Jahren aus der Zusammenarbeit von Acorn und Apple hervorgegangenen Unternehmens findet sich in fast jedem der Hochleistungscomputer für die Westentasche, mit denen man auch telefonieren kann. Begonnen hatte sie mit dem Prozessor Acorn RISC Machine (ARM) in Apples persönlichem digitalen Assistenten namens Newton. ARM kommt zugute, dass inzwischen auch in niedrigpreisige Smartphones hochwertige Chips verbaut werden. Zudem wirkt sich die jüngste Abwertung des Pfund gegen den Dollar positiv auf die Geschäftszahlen aus. Der Apple-Zulieferer macht rund 95 % seines Geschäfts in Dollar. Allerdings ist klar, dass sich der Smartphone-Markt unaufhaltsam der Sättigung nähert – im obersten Preissegment ist es längst so weit. Der Marktforscher IDC senkte jüngst seine Schätzung für das Absatzwachstum im laufenden Jahr von 6 % auf 3 %. Einsicht in die NotwendigkeitDie Zustimmung des Boards zur Übernahme durch die Holding des japanischen Milliardärs Masayoshi Son wertet Mark Skilton, Professor of Practice an der Warwick Business School, als Anerkennung der Begrenztheit des derzeitigen Markts und der Notwendigkeit, über PC und Smartphone hinaus in die vielfältigen Märkte des Internets der Dinge (IoT, Internet of Things) wie vernetzte Gebäude, Fahrzeuge und andere Plattformen zu expandieren. Um diese Themen anzugehen, brauche man tiefe Taschen, konstatiert der Technologieexperte. Für ARM sei ein solcher Schritt – Brexit hin oder her – unumgänglich gewesen.Die Chiparchitektur des Unternehmens ist in hohem Maße IoT-fähig, denn sie ist auf einen möglichst niedrigen Energieverbrauch angelegt. ARM hat ein eigenes Betriebssystem namens Mbed dafür entwickelt. Es soll dafür sorgen, dass die kleinen Datenmengen, die bei den zahllosen Sensoren anfallen, die sich über das Internet der Dinge verteilen, von Big-Data-Anwendungen ausgewertet werden können. Das Management schätzt den eigenen Marktanteil bei “Embedded Intelligence” auf 25 %. In der Kategorie werden unterschiedlichste Anwendungen – vom vernetzten Auto bis zur Smartcard – zusammengefasst. Bis 2020 soll dieser Markt ein Volumen von 45 Mrd. Dollar erreichen, mehr als der Markt für Mobile Computing, den ARM auf dann 40 Mrd. Dollar veranschlagt. Chief Executive Simon Segars geht davon aus, dass sich die in Kraftfahrzeugen verbaute Rechenleistung bis dahin verhundertfachen wird. Die Halbleiternachfrage der Automobilbranche werde unterdessen um 50 % auf insgesamt 15 Mrd. Dollar wachsen. Allerdings ticken Kunden aus der Automobilbranche anders als Unterhaltungselektronikproduzenten. Die Modellzyklen sind deutlich länger als beim Apple iPhone.Eine Übernahme durch einen Kunden aus der Halbleiterbranche wie Intel wäre für ARM nicht in Frage gekommen, hätte sie doch der Unabhängigkeit des Plattformanbieters ein Ende bereitet, die für das Geschäft von kritischer Bedeutung ist. Erfahrung in TelekomSoftbank bringt zudem Erfahrung im Telekomgeschäft mit, die der Expansion im Internet der Dinge zuträglich sein dürfte. Zuletzt verbündete sich Softbank mit dem IoT-Experten Aeris, um sich unter anderem die Automobilbranche vorzunehmen. ARM kaufte zuletzt den Bildgebungsexperten Apic, dessen Produkte Kameras ermöglichen, ihre Umgebung zu verstehen und mit Hilfe intelligenter Bildverarbeitung auf die relevantesten Informationen zu reagieren. Das durch den Brexit geschwächte Pfund dürfte es den Japaner erleichtern, die Belegschaft in Großbritannien wie versprochen bis 2020 zumindest zu verdoppeln.