Flughäfen

St. Petersburg macht Fraport Sorgen

Der mehrheitlich im Besitz der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen befindliche Flughafenbetreiber Fraport hält weiterhin eine Beteiligung am Flughafen in St. Petersburg. Diese macht nicht erst seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine Schlagzeilen.

St. Petersburg macht Fraport Sorgen

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Finanziell ist das Engagement des Flughafenbetreibers Fraport am Flughafen Pulkovo bei St. Petersburg überschaubar. Doch dass die Frankfurter trotz des Ukraine-Krieges an der Beteiligung festhalten, erhitzt derzeit die Gemüter – zumal die Fraport AG mehrheitlich dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt gehört, wodurch die Politik bei dem Engagement in Wladimir Putins Heimatstadt quasi mit im Boot sitzt. Seit 2009 ist Fraport über eine Holding in Zypern an der Northern Capital Gateway (NCG) beteiligt, der Betreibergesellschaft des Flughafens Pulkovo, aktuell hält die MDax-Firma 25% der Firmenanteile. Die Beteiligung wird at-equity bewertet, 2021 wurde im Fraport-Geschäftsbericht ein Ergebnis von –13,3 Mill. Euro ausgewiesen.

Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird darüber diskutiert, wie Fraport mit dieser heiklen Minderheitsbeteiligung umgehen soll, zumal die NCG der Fraport noch ein Darlehen zurückzahlen muss, das sich nach Unternehmensangaben auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag beläuft. Seit Beginn des Krieges lässt Fraport alle wirtschaftlichen Aktivitäten an dem Flughafen ruhen.

Bis 2025 kein Verkauf

Der hessische Finanzminister und Fraport-Aufsichtsratsvorsitzende Michael Boddenberg (CDU) sagte kürzlich, die Beteiligung der Fraport an der NCG könne zwar bei Vorliegen höherer Gewalt, etwa einer Naturkatastrophe oder einem Krieg, vorzeitig gekündigt werden. Da der Flughafen Pulkovo aber nicht direkt vom Ukraine-Krieg betroffen sei, komme ein solcher Rückzug nicht in Betracht. Bis 2025 sei es zudem vertraglich ausgeschlossen, die Firmenanteile zu verkaufen. Wenn das Land vertragsbrüchig werde, bestehe die Gefahr, dass die NCG den Kredit nicht mehr zurückzahle und dadurch ein Schaden für die Steuerzahler entstehe.

Die Beteiligung in St. Petersburg sorgt nicht erst seit dem Ukraine-Krieg für Schlagzeilen: Im Herbst vergangenen Jahres offenbarten die „Pandora Papers“, dass Fraport nicht nur Anteilseigner ist, sondern weitreichende Verpflichtungen in Russland eingegangen war, etwa Know-how-Transfer – wobei das laut Fraport „normales Geschäft“ sei, was indes derzeit nicht stattfindet. Deshalb fließt aktuell auch kein Geld aus Russland, weder für Beratungsdienstleistungen noch in Form von Dividendenzahlungen. Auch die Geschäftspartner am Flughafen in St. Petersburg haben es im Übrigen in sich: Ein weiterer großer Anteilseigner an Northern Capital Gateway ist die russische Bank VTB, die mehrheitlich dem russischen Staat gehört und die jetzt mit Sanktionen belegt wurde, etwa von den USA.

Das Auslandsgeschäft hat in den vergangenen Jahren für Fraport an Bedeutung gewonnen. Für einen Schub in diese Richtung hat dabei die Coronavirus-Pandemie gesorgt, weil Fraport während dieser Zeit im Heimatmarkt schwer zu leiden hatte. Dagegen erholte sich das Geschäft in touristischen Zielgebieten, etwa im türkischen Antalya, schneller von der Krise. Im vergangenen Jahr trug das internationale Geschäft 81,6% zum Konzerner­gebnis bei, im letzten von der Pandemie unbeeinflussten Geschäftsjahr (2019) waren es nur 48,2%. Allerdings waren die Ergebnisbeiträge aus dem Ausland immer wieder großen Schwankungen ausgesetzt. So hatten Mitte der 2010er Jahre die Terroranschläge in Europa das touristische Geschäft in der Türkei belastet, was in Antalya für einen Gewinneinbruch gesorgt hatte. Auch die gedämpfte Reisenachfrage, die die Branche seit Ausbruch des Ukraine-Krieges verzeichnet, dürften Antalya, aber auch die Fraport-Beteiligungen in Bulgarien, zu spüren bekommen. Ein echter Alptraum in der Konzerngeschichte war das Terminal am Flughafen in Manila, das 2004 nach Fertigstellung vom philippinischen Staat enteignet worden war. Eine Enteignung ist im Übrigen auch in St. Petersburg nicht ausgeschlossen.

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