Staat kann bei Lufthansa einsteigen

Aktionäre segnen Kapitalmaßnahmen ab - Fragen-Marathon auf der Hauptversammlung

Staat kann bei Lufthansa einsteigen

Die Lufthansa lebt derzeit von ihren Reserven, doch diese schwinden rapide. Das staatliche Rettungspaket soll dem Unternehmen das Überleben sichern. Am Donnerstag stimmte die Hauptversammlung der dafür nötigen Kapitalerhöhung zu und besiegelte damit den Staatseinstieg ins Aktienkapital. lis Frankfurt – Nicht nur die Aktionäre der Lufthansa, auch Aufsichtsratschef Karl Ludwig Kley fremdelt weiter mit dem staatlichen Rettungspaket. “Wir hätten uns ein anderes Vorgehen des Staates gewünscht”, sagte Kley bei der außerordentlichen Hauptversammlung des Unternehmens, bei der rund 460 Fragen abgearbeitet wurden. “Aber das, was wir in den Verhandlungen erreichen konnten, war angesichts der Situation sehr beschränkt.” Das vorgelegte Konzept biete für die nächsten Jahre “die Sicherheit des Überlebens”. Die Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht für die Altaktionäre, die dem Staat eine Beteiligung von 20 % ermöglicht, wurde von den Aktionären am Donnerstag mit 98,04 % bei einer Präsenz von 39,03 % des Grundkapitals abgesegnet. Großes Gewicht kam dabei Heinz Hermann Thiele zu, der mittlerweile 15,52 % an der Lufthansa hält und in den vergangenen Tagen Kritik an den Details des Rettungsplans geübt hatte. Allerdings hatte Thiele am Vorabend der Hauptversammlung mitgeteilt, dennoch für die Kapitalmaßnahmen stimmen zu wollen (vgl. BZ vom 25. Juni). Cash-Burn-Rate steigt”Eine schnelle Erholung ist nicht absehbar”, warnte Konzernchef Carsten Spohr am Donnerstag. Das Unternehmen brauche Fremd- und Eigenkapital von 9 Mrd. Euro, um die Krise zu bewältigen und sich eine Zukunftsperspektive zu erhalten. Zwar sei es Lufthansa gelungen, am Kapitalmarkt noch 1,6 Mrd. Euro aufzunehmen, “aber das reicht bei weitem nicht”. Ohne das staatliche Stabilisierungspaket drohe die “juristische Zahlungsunfähigkeit”, weil die fälligen Verbindlichkeiten die vorhandene Liquidität überstiegen.”Wir haben kein Geld mehr”, formulierte es Kley drastisch. Man lebe von den Reserven, die in guten Zeiten angelegt worden waren. Allerdings verbrennt Lufthansa derzeit 800 Mill. Euro monatlich. Die Cash-Burn-Rate könnte sich laut Spohr im dritten Quartal wegen der Ticketrückerstattungen noch erhöhen.Für den Staat sei die Rettung der Lufthansa “ein durchaus attraktives Geschäft”, sagte Kley, für die Lufthansa sei es allerdings eine Belastung. Die Schuldenlast wird deutlich steigen, deshalb müssen Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen werden. Eine am Vorabend der Hauptversammlung erzielte Einigung mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo sorgt laut Spohr für um 17 % sinkende Personalkosten, mit der Vereinigung Cockpit der Piloten sei man “auf einem guten Weg”.Ziel sei es, die staatlichen Mittel möglichst schnell zurückzuführen oder zu refinanzieren. Vereinbart ist, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF ) seinen Aktienbesitz bis zum 31. Dezember 2023 vollständig verkauft – unter der Voraussetzung der vollen Rückzahlung der stillen Einlagen durch das Unternehmen sowie eines Mindestveräußerungspreises von 2,56 Euro je Aktie zuzüglich einer jährlichen Verzinsung von 12 %. Aus der Kapitalerhöhung fließen der Lufthansa 306 Mill. Euro zu, das Eigenkapital wird durch das Paket um rund 5 Mrd. Euro gestärkt.Die Kapitalerhöhung soll “schnellstmöglich” nach der Hauptversammlung umgesetzt werden, kündigte Personal- und Rechtsvorstand Michael Niggemann an. Auch der Kredit der KfW im Volumen von bis zu 3 Mrd. Euro, der mit 330 Flugzeugen besichert ist, solle “so schnell wie möglich” fließen, noch bevor Finanzmittel der vorgesehenen stillen Einlagen von insgesamt 5,7 Mrd. Euro gezogen werden.Kritik übten die Aktionäre an dem Verwässerungseffekt, den die Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht auf ihre Aktien haben werde und auch am Kaufpreis von nur 2,56 Euro, den der Bund pro Papier zahlt. Das sei eine Verhöhnung der Aktionäre, beklagte ein Anteilseigner. Unverständnis äußerten Aktionäre auch darüber, dass der Kapitalbedarf nicht am Kapitalmarkt gedeckt wurde. Allerdings hatte die Lufthansa bereits vor Wochen mitgeteilt, dass der Kapitalmarkt für sie weitgehend geschlossen sei. Auch Großaktionär Thiele habe bisher “keine konkreten Finanzierungstools vorgeschlagen”, sagte CEO Spohr. Über dessen Absichten “können und wollen wir nicht spekulieren”, so der Lufthansa-Chef.