IM GESPRÄCH: GERNOT LENZ UND CHRISTIAN WERNER

Staatshilfen sichern Fortbestand der Modemarke Tom Tailor

Konzernvorstand: Trennung von Schwestermarke Bonita wird nach Eröffnung von Insolvenzverfahren beschleunigt - Geringeres Einkaufsvolumen erwartet

Staatshilfen sichern Fortbestand der Modemarke Tom Tailor

Von Carsten Steevens, HamburgFür die von der Coronakrise gebeutelte Modemarke Tom Tailor eröffnet sich nach der Zusage staatlicher Hilfen die Perspektive, das operative Geschäft in Deutschland und in den bisherigen Auslandsmärkten “störungsfrei” fortzusetzen. Mit der zusätzlichen Betriebsmittellinie seien die Geschäftstätigkeiten des Teilkonzerns Tom Tailor dauerhaft gesichert, betonte Gernot Lenz, seit November vergangenen Jahres Vorstandschefs des Hamburger Modekonzerns Tom Tailor, zu dem bislang auch die Best-Ager-Marke Bonita gehört, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Am Montagabend war bekannt geworden, dass die Bundesregierung unter Beteiligung der Länder Hamburg und Nordrhein-Westfalen der Tom Tailor GmbH eine Bund-Länder-Bürgschaft für einen Betriebsmittelkredit von 100 Mill. Euro mit einer Laufzeit bis Ende September 2024 gewährt hat.Die Problemmarke Bonita, deren geplanter Verkauf an die niederländische Victory & Dreams vor rund einem Jahr von den Konsortialbanken des Modekonzerns unterbunden worden war, erhielt hingegen keine separate Bürgschaft zur Finanzierung des Liquiditätsbedarf. Daher habe die Bonita-Führung ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt, so Lenz. Die Bürgschaftszusage war hinter der von Tom Tailor für den Gesamtkonzern einschließlich Bonita beantragten Bürgschaftssumme zurückgebliebenDa zudem aufgrund der Verflechtungen zwischen Bonita GmbH und der Tom Tailor Holding SE bis Ende 2019 ein Verlustausgleichsvertrag bestanden habe, führten Ansprüche von Bonita gegenüber der Holding dazu, dass die Holding, die kein operatives Geschäft betreibe, selbst einen Insolvenzantrag gestellt habe.Bonita werde das Schutzschirmverfahren nutzen, um den bereits laufenden Restrukturierungsprozess fortzuführen, erklärte Christian Werner, ebenfalls seit November 2019 Finanzchef der Holding. Ziel sei eine gesicherte Finanzierung im Anschluss an das Verfahren. Die Trennung von der Konzernmarke Tom Tailor, bei der man sich mit den Bürgschaftsmitteln auf die Fortführung des operativen Geschäfts konzentriere, werde “durch die derzeitige Situation beschleunigt”.In seiner bisherigen Form dürfte der an der Börse noch mit rund 36 Mill. Euro bewertete Modekonzern Tom Tailor, der im März 2010 an den Markt kam und dessen Gründung auf das Jahr 1962 zurückgeht, nicht fortbestehen. Das könnte sich – im Zuge des Insolvenzverfahrens – auch auf die Börsenpräsenz bei dem Unternehmen auswirken, an dem die chinesische Fosun-Gruppe mit knapp 78 % beteiligt ist.”Wir waren unmittelbar nach den Lockdown-Entscheidungen in Österreich und in Deutschland Anfang März in einer Situation, in der die Umsätze in den eigenen Läden wie auch bei unseren Wholesale-Partnern quasi über Nacht verschwanden”, so Werner. “Wir haben darauf sehr schnell mit der Analyse des Finanzierungsbedarfs reagiert und eine Bürgschaft beantragt.” Der Finanzierungsbedarf von 100 Mill. Euro sei wesentlich auf die achtwöchige Lockdown-Phase von März bis Mai zurückzuführen. Im Jahr 2020 erwartet die Marke Tom Tailor einen Umsatzrückgang um 25 bis 30 %.Im Zusammenhang mit der bürgschaftsbesicherten Finanzierung erklärten sich die Konsortialbanken von Tom Tailor bereit, an der 2019 vereinbarten Kreditfazilität mit einem angepassten Volumen festzuhalten. Sie sei, so Werner, im Bereich der Garantielinie um 20 Mill. Euro auf 355 Mill. Euro reduziert worden, “weil wir für die Zukunft von einem geringeren Einkaufsvolumen ausgehen”. Zugleich sei der existierende Konsortialkreditvertrag um zwei Jahre bis Ende September 2024 verlängert worden, womit er die gleiche Laufzeit wie die zusätzliche Betriebsmittellinie aufweise. “Mit diesen Mitteln sind wir über den kompletten Zeitraum durchfinanziert.”Vorstandschef Lenz erläuterte weiter, zu den Auflagen im Gegenzug für die Zusage der Bürgschaft gehöre unter anderem die Verpflichtung, die Mittel vorrangig zurückzuzahlen. Ein wesentliches Element sei, dass Ausschüttungen an die Gesellschafter während der Laufzeit ausbleiben. Das Management verzichte für die gesamte Laufzeit der Bürgschaft auf signifikante Teile der vertraglich vereinbarten Vergütung. Eine weitere Auflage ist demnach eine Beschäftigungsgarantie. “In den kommenden zwölf Monaten dürfen wir”, so Lenz, “die Belegschaft von rund 800 Beschäftigten am Standort Hamburg um höchstens 10 % reduzieren.”