Private Equity

Stada-Milliardendeal wird kein Selbstläufer

Private-Equity-Firmen tun sich seit Monaten schwer mit dem Ausstieg aus Unternehmensbeteiligungen. Bei dem von Bain und Cinven geplanten Verkauf des milliardenschweren Generikakonzerns Stada spielen vor allem zwei Stolperfallen eine Rolle: die hohe Verschuldung und das separierte Russlandgeschäft.

Stada-Milliardendeal wird kein Selbstläufer

Stada-Milliardendeal wird kein Selbstläufer

Der Generikakonzern ist hoch verschuldet und hatte ein bedeutendes Russlandgeschäft – Verkauf weiterhin im „Dual Track“-Verfahren

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

„Stada hat das Russlandgeschäft wirksam abgetrennt, um einen möglichen Verkauf an Investoren zu erleichtern", sagt Moody´s-Analyst Gilberto Ramos der Börsen-Zeitung. „Das Unternehmen steht aber vor einem großen Fälligkeitstermin im Jahr 2026 und hat bereits begonnen, sich schon jetzt Gedanken über seine Refinanzierung machen.“ 2026 werden laut Ramos „mehr als drei Viertel der insgesamt fast 6 Mrd. Euro Schulden fällig“. Von diesen Schulden liegen 2,5 Mrd. bei der Stada AG selbst, der Rest bei der Holding „Nidda BondCo GmbH“ darüber. Mit dem nahezu Siebenfachen des operativen Gewinns (Ebitda) sei Stada per Ende März 2024 „sehr hoch verschuldet“.

Finanzinvestoren Bain und Cinven sind die Eigentümer von Stada

Den Verkaufsprozess kommentieren die Eigentümer Bain und Cinven an sich nicht. Aus Finanzkreisen heißt es jedoch, dass es sich weiterhin um ein „Dual Track“-Verfahren handele, das auch in einen Börsengang münden könnte. Die Fälligkeiten der Milliardenschulden seien während der gesamten Zeit, in der Bain und Cinven Eigentümer sind, „proaktiv gemanaged“ worden, und es seien jüngst weitere „Amend & Extend“-Transaktionen, bei denen die Konditionen angepasst und die Laufzeit verlängert werden, für einen Großteil der bis zum 26. August 2026 fälligen Schulden durchgeführt worden. Es handele sich unter anderem um einen Betrag von rund 2,17 Mrd. Euro, dessen Laufzeit bis 2030 verlängert wurde. So seien die Fälligkeiten für 2026 entsprechend reduziert worden, und es könne davon ausgegangen werden, dass die Fälligkeiten „mit verschiedenen Techniken gemanaged“ würden.

Der Verschuldungsgrad hatte sich wegen der Separierung des Russlandgeschäfts 2023 zunächst erhöht. Das operative Geschäft läuft aber gut: In den zwölf Monaten bis Ende März 2024 hat Stada laut Moody´s rund 3,85 Mrd. Euro Umsatz und 913 Mill. Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) gemacht – unter anderem mit bekannten Marken wie Ladival-Sonnenmilch und Grippostad C. Gut die Hälfte vom operativen Gewinn muss derzeit für Zinszahlungen aufgewendet werden. In den nächsten zwölf bis 15 Monaten traut die Ratingagentur dem Unternehmen eine Ebitda-Marge von 22% zu. Das Rating liegt bei „B3“ mit positivem Ausblick.

Erhebliche fremdfinanzierte Akquisitionen

„Uns ist bekannt, dass die Stada-Aktionäre Bain und Cinven einen Ausstieg aus ihrer Beteiligung an der Gruppe anstreben könnten, aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir die Auswirkungen auf das Kreditprofil des Unternehmens nicht quantifizieren“, konstatiert Moody´s-Analystin Marie Fischer-Sabatie in ihrem jüngsten Report von Ende Juni. „Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Quartalen einen besseren Einblick in potenzielle Veränderungen in der Eigentümerstruktur, Governance und Finanzpolitik von Stada erhalten.“ In der Vergangenheit habe Stada seit der Übernahme durch die Finanzinvestoren erhebliche fremdfinanzierte Akquisitionen durchgeführt.

Offene Fragen zur Abtrennung des Russlandgeschäfts

Zur Unsicherheit tragen auch Fragen zur Abtrennung des Russlandgeschäfts bei, das im Dezember eigenständig aufgestellt wurde und vorher erheblich – ungefähr 15% – zum Umsatz und Gewinn beigetragen hatte. „Das Russlandgeschäft eines Zielunternehmens stellt bei einer M&A-Transaktion oder einem angestrebten Börsengang eine besondere Herausforderung dar“, sagt Holger Hofmeister, Partner der Kanzlei Skadden, der Börsen-Zeitung. „Erforderlich ist in nahezu allen Fällen eine Separierung der russischen Aktivitäten von dem Zielunternehmen vor der Veräußerung bzw. dem Börsengang.“ Russische Gegensanktionen und weitere Regularien machten die Mitwirkung russischer Behörden häufig unumgänglich. Bei vielen Transaktionen sei wegen der beteiligten Gesellschaften, Banken oder Produkte auch US-Recht zu beachten – dann brauche es häufig Genehmigungen der US-Behörden, um mit den russischen Behörden zu verhandeln.

„Eine konzerninterne Umhängung oder die Veräußerung von Russlandgeschäft zur Bereinigung des Zielunternehmens bedarf sorgfältiger Planung und erfordert ausreichenden zeitlichen Vorlauf“, warnt auch Skadden-Compliance-Experte Michael Albrecht vom Kolke. „Eine Veräußerung ist praktisch nicht ohne wesentliche Preisabschläge umsetzbar.“ Aufgrund der Genehmigungserfordernisse auf russischer Seite und des engen Rahmens der westlichen Sanktionen bestehe für die Veräußerung meist nur sehr enger Spielraum, insbesondere auch hinsichtlich der Person des Käufers. Ein oft genutzter und bis auf Weiteres auch künftig möglicher Weg sei eine Veräußerung an das lokale Management, oft in Kombination mit einer Rückerwerbsoption.

Sanktionen gegen Services

Westliche Sanktionen der EU und – seit kurzem – der USA verbieten aber auch sehr weitgehend die Erbringung von Dienstleistungen an russische Gesellschaften. „In den vergangenen zwei Jahren war es üblich, bei einem Russland-Exit umfangreiche und langlaufende Dienstleistungsvereinbarungen abzuschließen – sogenannte Transition Services Agreements (TSA)“, erklärt Anwalt Kolke. „Dies wird man künftig viel genauer prüfen müssen – die Erbringung vieler Dienstleistungen ist ohne entsprechende Genehmigung inzwischen verboten.“ Das umfasse auch das Überlassen von Software für das Unternehmensmanagement, also für Projektmanagement, Lieferkettenmanagement, Kundenbeziehungsmanagement und Data Warehousing.

Viele Dienstleistungen verboten

Außerdem sind viele Dienstleistungen verboten, die im Konzern üblicherweise durch die Muttergesellschaft oder eine zentrale Servicegesellschaft erbracht werden, wie Accounting, Internal Audit, Buchhaltung, Steuerberatung und Rechtsberatung. Eine vollständige Separierung des Russlandgeschäfts eines Zielunternehmens sei aufwendig und erfordere auch eine „kreative Lösung“.

Private-Equity-Firmen tun sich seit Monaten schwer mit dem Ausstieg aus Unternehmensbeteiligungen. Bei dem von Bain und Cinven geplanten Verkauf des milliardenschweren Generikakonzerns Stada spielen vor allem zwei Stolperfallen eine Rolle: die hohe Verschuldung und das separierte Russlandgeschäft.

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