Stahlsparte von Thyssenkrupp in Not
Die Stahlsparte von Thyssenkrupp kommt nicht zur Ruhe. In den ersten neun Monaten des laufenden Turnus schrumpfte der operative Gewinn um mehr als 40 % auf rund 200 Mill. Euro.cru Düsseldorf – Das Ergebnis der europäischen Stahlsparte fiel zwar besser aus als vom Markt erwartet, bleibt aber trotz des seit Ende 2015 laufenden Kostensenkungsprogramms schwach. “Damit verdient die Stahlsparte nicht einmal ihre Kapitalkosten”, sagte Finanzchef Guido Kerkhoff in einer Telefonkonferenz zur Neunmonatsbilanz. Grund dafür ist ein erheblicher Preisrückgang. In den vergangenen Monaten zogen die Preise zwar wieder an, aber wegen lang laufender Verträge profitiert Thyssenkrupp davon noch nicht. Kerkhoff wollte keine Prognose wagen, ob die Preiserholung nachhaltig ist. “Aktuell sehen wir eher eine Seitwärtsbewegung der Preise.”Zu möglichen weiteren Einsparungen oder Werksschließungen äußerte sich Kerkhoff nur zurückhaltend. “Wir sehen strukturelle Herausforderungen. Man muss auch einmal eine Periode einer gewissen Unsicherheit aushalten können”, sagte Kerkhoff und spielte damit auf die drückenden Überkapazitäten in Europa und die angestrebte Konsolidierung an.An diesem Freitag treffen sich 300 Stahl-Betriebsräte in Rheinhausen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Zur Aufsichtsratssitzung von Thyssenkrupp Steel am 31. August hat die IG Metall die 27 000 Beschäftigten der Sparte zum Protest vor der Zentrale in Duisburg aufgerufen.Hintergrund der Unruhe sind die Spekulationen über Werksschließungen. Als gefährdet gilt vor allem ein Warmwalzwerk in Bochum, da diesem im Konzernvergleich zu hohe Kosten nachgesagt werden. Auch für Werke im siegerländischen Kreuztal und in Gelsenkirchen könnte es eng werden. Zur Diskussion stehen auch die Duisburger Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM), die Thyssenkrupp zusammen mit dem Konkurrenten Salzgitter und der französischen Vallourec gehören.Auslöser der Spekulationen sind die Verhandlungen von Thyssenkrupp mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel über eine Fusion des europäischen Stahlgeschäfts. “Keine Details”, sagte Kerkhoff dazu nur. Es gebe keinen neuen Stand. Großfusion mit HürdenAus dem Zusammenschluss entstünde Europas zweitgrößter Stahlhersteller hinter dem weltweiten Branchenführer ArcelorMittal. Als Problem für die Fusion gelten milliardenschwere Pensionsverpflichtungen im britischen Stahlgeschäft von Tata. Andererseits würde der Zusammenschluss bei einer 50 : 50-Beteiligung Thyssenkrupp ermöglichen, die eigenen Pensionsverpflichtungen der Stahlsparte aus der Bilanz des Mutterkonzerns zu entfernen. Das wiederum würde das Verhältnis von Eigenkapital zu Schulden des Mutterkonzerns verbessern und am Kapitalmarkt positiv aufgenommen.Die Krise der Stahlsparte trifft Thyssenkrupp mitten im schwierigen und teuren Umbau zum Technologiekonzern. So liegt das Verhältnis der Nettoschulden zum Eigenkapital bei sehr hohen 175 %. Allerdings versicherte der Vorstand, dass die Quote bis Ende September wieder unter die für einige Kreditverträge kritische Marke von 150 % sinken soll. Das bereinigte Ebit fiel um 18 % auf 441 Mill. Euro. Der Aktienkurs stieg angesichts der bekräftigten Jahresziele um zeitweise 1,7 % auf 21,47 Euro. Damit hat sich der Börsenwert binnen eines halben Jahres um gut die Hälfte auf 12 Mrd. Euro erhöht.