Start-up-Investoren gehen neue Wege
Start-up-Investoren gehen neue Wege
La Famiglia und General Catalyst schließen sich zusammen – New Yorker Greycroft entlässt Manager – Weitere Fusionen erwartet
kro Frankfurt
In der krisengeschüttelten Start-up-Szene haben sich zwei namhafte Investoren zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen: Die Berliner La Famiglia tut sich mit dem deutlich größeren US-Geldgeber General Catalyst zusammen, "um Europas führende Transformationsplattform mit Fokus auf die Frühphase aufzubauen", wie die Unternehmen mitteilten. Die beiden VC-Firmen kennen sich von früheren gemeinsamen Investments. So haben sie erst im September Geld in das Münchener Militärtechnik-Start-up Helsing gesteckt.
Die Partnerschaft verschaffe La Famiglia unter anderem finanzielle Ressourcen, "um in die vielversprechendsten europäischen Gründer zu investieren", hieß es weiter. Der 2016 von Erbprinzessin Jeannette zu Fürstenberg gegründete Investor hat derzeit laut Website 64 Start-ups im Portfolio (darunter die Münchener Personalsoftwarefirma Personio und die Berliner Digitalspedition Forto) und im März zwei neue Fonds mit einem Volumen von 250 Mill. Euro aufgelegt. Die im Jahr 2000 gegründete und seit rund zehn Jahren in Europa tätige General Catalyst zählt ihrerseits laut Pitchbook 467 Portfoliounternehmen und soll bislang fast 9 Mrd. Dollar eingesammelt haben. Für die US-Firma ergebe sich durch den Zusammenschluss die Möglichkeit, "Kräfte mit einer wahren europäischen Seed-Plattform zu bündeln".
Schwieriges Umfeld für Geldgeber
Nach dem Boom-Jahr 2021 hat sich der Wind für die Start-up- und Venture-Capital-Szene spürbar gedreht. Die Inflation, gestiegene Zinsen und die allgemeine Konjunkturflaute drücken auf die Bewertungen der Jungfirmen und erschweren das Fundraising der Investoren. In Europa hatten die Geldgeber im ersten Halbjahr laut Pitchbook knapp 9 Mrd. Dollar eingesammelt – also nur etwa ein Drittel der Summe aus dem gesamten Vorjahr. In den USA waren es Ende September knapp 43 Mrd. Dollar, was nicht mal einem Viertel der Summe aus dem Vorjahr entspricht.
Das schwierige Umfeld sorgt auch für weitere neuartige Entwicklungen in der Branche. Bei der New Yorker VC-Firma Greycroft mussten laut einem Bericht des Tech-Portals "The Information" zuletzt fünf angestellte Investoren gehen, nachdem die Gesellschaft zuvor bestimmte Fundraising-Ziele verfehlt hatte. Greycroft hat unter anderem in die Dating-Plattform Bumble investiert, die 2021 an die Börse ging. Parallel zu den Entlassungen zieht sich der US-Investor nun aus den Bereichen Healthcare und Fintech zurück.
Positives Signal für Europa
Die Stimmung in der Branche ist entsprechend trübe. Unter europäischen VC-Firmen ist zuletzt vor allem das Vertrauen in die langfristigen Wachstumsaussichten deutlich gesunken, wie eine jüngst veröffentlichte Umfrage des Europäischen Investitionsfonds gezeigt hat.
In der Industrie werden Schritte wie der von La Famiglia und General Catalyst nun auch von anderen VC-Investoren erwartet. "Die Zahl der Fonds hat in den letzten Jahren stark zugenommen, insbesondere in einigen 'heißen' Bereichen wie Climate Tech", sagte Andris Berzins, Managing Partner bei der estnischen Change Ventures, dem Online-Magazin "Sifted". Er glaube nicht, dass alle von ihnen beim Einwerben weiterer Mittel Erfolg haben werden. In der Folge "werden sie über Optionen nachdenken und eine davon ist fusionieren".
Anerkennung des hiesigen Ökosystems
Auf der anderen Seite sieht die Szene in der Fusion von La Famiglia und General Catalyst aber auch eine Anerkennung des hiesigen Ökosystems. Sie zeige "wie positiv US-amerikanische Funds derzeit auf Europa und die hiesigen Investmentmöglichkeiten blicken", sagte Jan Miczaika, Partner beim Münchener Wagniskapitalgeber HV Capital, der Börsen-Zeitung. "Gleich mehrere US-Funds haben in letzter Zeit ihre Präsenz in Europa verstärkt. Und während der Zusammenschluss von zwei VC-Funds sicher nicht die Regel ist, könnte sich der mutige Schritt dieser starken Partner langfristig auszahlen.“
Für General Catalyst soll La Famiglia, deren Marke vorerst erhalten bleibt, nun künftig die Seed-Geschäfte führen. Fürstenberg übernimmt dabei die Rolle des Managing Director. Die beiden La-Famiglia-Büros in Berlin und München sollen ebenfalls fortbestehen.