Start-ups werben so viel Geld ein wie nie zuvor

IPOs von Delivery Hero und Hellofresh beflügeln - Berlin vergrößert Abstand - Hessen bei Fintechs weit abgeschlagen

Start-ups werben so viel Geld ein wie nie zuvor

Mit 4,3 Mrd. Euro haben hiesige Jungunternehmen 2017 ein Rekordvolumen an frischem Geld eingesammelt. Die Start-up-Hauptstadt Berlin vergrößerte ihren Abstand zu anderen Ländern.ge Berlin – Unterstützt durch die beiden Börsengänge der Berliner Start-ups Delivery Hero und Hellofresh haben deutsche Jungunternehmen im vergangenen Jahr so viel Geld bei Investoren eingesammelt wie noch nie zuvor. Insgesamt warben die hiesigen Firmengründer mit 4,3 Mrd. Euro knapp 90 % mehr Mittel ein als im Turnus zuvor, ermittelte die Prüfungs- und -beratungsgesellschaft EY (ehedem Ernst & Young). Da die fünf größten Finanzierungsrunden allesamt an Berliner Start-ups gingen – neben dem Essenslieferdienst Delivery Hero und dem Kochboxlieferanten Hellofresh auch an den Auto-Großhändler Auto 1 und den Online-Musikdienst Soundcloud -, flossen 2017 mehr als zwei Drittel aller hierzulande getätigten Investments an die Spree, nach 48 % im Vorjahr.Doch selbst ohne die großen Deals mit Volumina über 100 Mill. Euro, die 2016 vollständig gefehlt hatten, ermittelte EY – wohl auch wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase – ein wachsendes Interesse an Start-up-Transaktionen. So stieg die Zahl der Finanzierungsrunden im Vorjahr um 5 % auf den neuen Rekordwert von 507 Deals – von denen allein 233-mal Berliner Start-ups profitierten. “Das Ökosystem Berlin hat auch international eine hohe Sichtbarkeit erreicht”, urteilt EY-Partner Peter Lennartz – ausländische Investoren hätten Berlin inzwischen auf dem Radar. Der Standort liege gleichauf mit Paris und nur leicht hinter London – “das ist nicht nur gut für Berlin, sondern für die gesamte deutsche Start-up-Landschaft.” Frankfurt unter ferner liefenWie das Start-up-Barometer weiter auflistet, musste sich die deutsche Start-up-Hauptstadt Berlin nur in einer Branche einem anderen Bundesland geschlagen geben: In der Sparte Gesundheit (Health) lag Thüringen mit 115 Mill. Euro an eingesammelten Geldern knapp vor baden-württembergischen sowie Berliner Jungunternehmen, die jeweils 114 Mill. einwerben konnten, gefolgt von Bayern mit 92 Mill. Euro.Bei Fintechs liegt Hessen mit seiner Bankenmetropole Frankfurt im Zentrum allen Anstrengungen zum Trotz mit gerade einmal 10 Mill. Euro an frischen Geldern weiterhin abgeschlagen unter ferner liefen (siehe Grafik). Etwas besser sieht es im Bereich Software & Analytics (und dabei besonders bei Software as a Service) aus, wo hessische Start-ups mit 33 Mill. Euro an eingeworbenen Mitteln immerhin den dritten Platz hierzulande erobern konnten, nach Berlin (mit 153 Mill.) und Bayern, wohin 56 Mill. Euro flossen. Bei Fintechs vereinnahmten Lending-Start-ups mit 249 Mill. Euro fast die Hälfte aller hier eingesammelten Gelder, gefolgt von Saving- und Payment-Lösungen mit 116 bzw. 100 Mill. Euro. Insurtechs mussten sich den EY-Daten zufolge mit überschaubaren 40 Mill. an frischem Geld begnügen. Konzerne suchen KooperationInsgesamt ist die größere Zahl von Transaktionen für Lennartz ein Zeichen dafür, dass die Finanzierung in der Breite besser geworden ist. Zudem beobachtet er neben steigenden Risikokapitalinvestitionen in junge Unternehmen auch ein weiter zunehmendes Interesse von Großunternehmen an hiesigen Start-ups – insbesondere im B2B-Bereich: “Die Bereitschaft in deutschen Konzernen, mit innovativen Start-ups zusammenzuarbeiten oder sie ganz zu übernehmen, um den digitalen Wandel im eigenen Haus weiter voranzutreiben, ist im vergangenen Jahr nochmal kräftig gestiegen.”Die beiden größten Finanzierungsrunden gelangen im Vorjahr Delivery Hero. Im Mai sammelte der Essenslieferdienst beim südafrikanischen Investor Naspers 387 Mill. Euro ein. Beim knapp 1 Mrd. Euro schweren IPO einen Monat später flossen weitere 423 Mill. an das Unternehmen.